Blut, Gedärm und Schenkelklopfer: Shank 2
Wer in einem Videospiel noch nie mit einem kalten Fisch einen Widersacher brutal ins Koma geprügelt hat, der hat noch nicht gelebt. Zum Glück passiert das bei Shank 2 nach einer Dreiviertelstunde Spielzeit, damit man sich den Rest nicht antun muss. Beim Versuch, die Fehler des toll aussehenden, letztlich aber etwas tumben Vorgängers zu korrigieren, macht Shank 2 eine Menge wieder gut — begeht dafür aber neue Fehler.
Shank erschien zu einer Zeit, als scheinbar jedes zweite Magazin darüber berichtete, dass Spieleentwickler große Studios hinter sich lassen können, um alleine eigene Projekte verwirklichen zu können. Shank, ein wundervoll aussehender, brutaler Brawler um den gleichnamigen, mörderischen Cartoon-Psychopathen auf Rachefeldzug gegen ein Drogenkartell, hatte schon im Vorfeld eine Menge Sympathie. Es war nur kein besonderes interessantes Spiel: Dem Kombosystem fehlte es an Tiefe, Bosskämpfe waren repetetiv und simpel, Wiederspielwert kaum vorhanden.
Shank 2 soll alles besser machen. Das Kombosystem wurde erweitert, Levels sind interaktiver, die Animationen noch brutaler. Statt Gegner nur mit einer Mischung aus schnellen Schlägen mit den titelgebenden Shanks, Schwüngen mit der Kettensäge und Schüssen aus Pistolen und Schrotflinten um die Ecke zu bringen, werden in Shank 2 gegnerische Angriffe gekontert. Mit einem Tastendruck im richtigen Moment wird so etwa ein knüppelschwingender Kanibale entwaffnet und der Knüppel dann in Zeitlupe mit einem Tritt durch den Rachen des Widersachers gejagt. Wem es zu langweilig wird, Gegner bloß in Stücke zu sägen, kann sich auch herumliegender Objekte bedienen und Gegnerhorden mit Kisten, Koffern, Brechstangen, Autoreifen und Motoren gnadenlos in den Boden rammen. Das alles ist anarchisch, furchtbar und spaßig zugleich — wenn Klei nicht neue Fehler im Spiel begangen hätte.
Die simple Rachegeschichte des Vorgängers war immer klar und — auf eine trashige Art und Weise — motivierend. Shank 2 hingegen hat nicht nur eine Story, die kaum Sinn macht, sie wird auch nicht besonders gekonnt erzählt. Es wird nie klar, warum Shank jetzt einen fetten, nackten Mann im Ferienresort mit einer Rohrzange zu Brei schlagen muss und was das mit einem Militärputsch, Rebellen und dem bösen General Magnus zu tun hat. Und während im ersten Teil jedes neue Level auch neue Waffen mit sich brachte, bleibt Shank 2 größtenteils beim bereits aus dem Vorgänger bekannten Arsenal, führt es aber langsamer ein. Die Bossgegner sind diesmal noch generischer ausgefallen (“Der Typ mit dem Flammenwerfer”, “Ein großer, einäugiger Typ”, “Der Arzt”) und die Kämpfe nochmal simpler. Statt die Gegner mit Tricks zu bezwingen, müssen sie hier nur lange genug verprügelt werden
Etwa fünf Stunden braucht man, um das enttäuschende (aber äußerst blutige Ende) zu sehen. Ich habe aufgeatmet, als es endlich vorbei war.
Und dann kam der Survial Mode und ich war mir nicht mehr so sicher. Zu zweit müssen im Online-Koop auf drei leicht unterschiedlichen Karten, Waffenkisten vor Saboteuren beschützt werden. Es folgen: Blutigste Prügeleien, verzweifelte Rettungsversuche, freischaltbare Charaktere, Hilfswildschweine und Heil-Tequila. Der Survival Mode ist großartig! Mit einem Mal wird Shank 2 zu einem tollen Arcade-Prügler, ich bezweifle bloß, dass sich über Steam oder Xbox noch in einem Monat Mitspieler finden lassen werden.
Fabu ist gerade damit fertiggeworden, einen bombenlegenden Saboteur mit einem Wildschwein aufzuspießen. Er sieht Shank 2 ein bisschen anders, ich gebe ab!
Im Gegensatz zu Dennis wurde ich von Shank 2 nicht enttäuscht. Ja, es gibt durchaus zahlreiche Kritikpunkte, doch in Relation zum Preis und unter Berücksichtung des Genres, nehme ich diese Mankos gnädig in Kauf.
Wer zwei linke Hände hat, sollte wohl lieber keine Häuser bauen. Wer kalte Dosen-Ravioli zur Leibspeise ernennt, sollte womöglich kein Koch werden. Und wer keine Geschichten erzählen kann, soll sich auch verdammt noch mal keine aus den Fingern saugen. Tatsächlich bin ich bei Shank 2 schnell dazu übergegangen, die Zwischensequenzen konsequent abzubrechen, weil ich die sinnbefreite Hintergrundgeschichte als zeitverschwendend empfand. Allerdings betrachte ich das zugleich äußerst pragmatisch, da keine Geschichte dieser Welt die Handlungen des Spiels befriedigend erläutern könnte.
In meinen Augen handelt es sich bei Shank 2 um eine Art illustriertes Metal Slug mit Blutpatch und Kombosystem — nicht mehr und nicht weniger. Die brachiale Gewalt ist einerseits unnötig, andererseits aber auch dermaßen übertrieben und konstant vorhanden, dass man sich rasch nicht mehr daran stören oder ergötzen könnte. Sie gehört einfach dazu und hat niemals den verstörenden Effekt, wie man es beispielsweise von Spielen wie Mortal Kombat kennt. Shank 2 nimmt sich nicht ernst und wenn man sich als Spieler dieser Haltung anschließt, lässt sich relativ gelassen ein Blutbad nehmen.
Es gibt aber eine Sache, die mich durchweg genervt hat und die für die eine oder andere Zwangspause verantwortlich war: Speicherpunkte, die nur temporär funktionieren und nach dem Verlassen eines Levels verpuffen. Wenn ich also z.B. nach dem 10. Scheitern am Endgegner X das Spiel verließ, um es später wieder aufzunehmen, musste ich den Weg bis dahin inklusive aller Cutscenes erneut über mich ergehen lassen. Das ist auf Dauer frustrierend und vor allem vollkommen sinnlos, weil es die Spielzeit unnötig und künstlich in die Länge zieht. Das prangere ich an.
Wer ungern alleine Gewalt ausübt, findet Trost (und Spaß) beim Koop-Modus, dem glücklicherweise keine Geschichte aufgezwungen wurde. Der Survival Mode ist unterhaltsam, aber auch chaotisch und aufgrund der pausenlosen Action regelrecht schlauchend — besonders, wenn man tendenziell eher Spiele konsumiert, in denen es ruhiger zugeht.
Den Rest Shank ich mir und vergebe vier von fünf Blutkonserven (B negativ).