Eine ambitionierte Symbiose aus Pinball- und Rollenspiel.
Es begab sich um das Jahr 1989, als im fernen Japan ein Spiel mit dem klangvollen Namen Pinball Quest für das NES erschien. Die Entwickler wagten damit etwas bis dato noch nicht Dagewesenes: Sie kombinierten Rollenspiel mit virtuellem Pinball, ließen den Spieler in einem Fantasy-Setting eine Kugel kontrollieren, mit der Gegner ausgeschaltet und kleine Rätsel gelöst werden konnten. 25 Jahre später bewegen sich die Entwickler von Phantom Compass auf den Spuren dieses Spiels. Mit Rollers of the Realm verbinden sie erneut Flippersimulation mit Rollenspiel.
Gleich zu Beginn verdeutlichen die Entwickler ihren Anspruch, kein reines Pinballspiel präsentieren zu wollen – Rollers of the Realm hat nämlich tatsächlich so etwas wie eine rudimentäre Geschichte um ein Land, das sich im Chaos befindet und eine junge Schurkin mit ihrem treuen Hund. Die Schurkin will eigentlich nur ein bisschen Geld auftreiben, als fiese Söldner ihren Freund entführen und sie so dazu nötigen, sich an ihre Fersen zu heften. Auf ihrem Weg trifft sie weitere Figuren, die typischen Rollenspielklassen angehören: den Ritter etwa, die Heilerin und den Jäger. Alle haben eins gemein: Auf dem Spielfeld werden sie als Kugeln dargestellt. Passend dazu ist jeder Schauplatz des Spiels, sei es nun der Wald, der Schlosshof oder der Kerker, ein Flippertisch, auf dem sich mal mehr, mal weniger Gegner tummeln.
Wie in einem Rollenspiel haben die unterschiedlichen Kugeln in Rollers of the Realm auch verschiedenartige Fähigkeiten. Während der Ritter besonders gut darin ist, feindliche Soldaten auszuschalten, kann die Heilerin sowohl verstorbene Charaktere (soll heißen: verlorene Kugeln) wiederbeleben als auch die Flipperarme heilen. Letztere werden auf bestimmten Tischen nämlich allzu schnell von Bogenschützen beschädigt, so dass nach ein paar Minuten Spielzeit häufig nicht viel mehr als ein paar Stummel zur Verfügung stehen um die Kugel über den Tisch zu manövrieren. Die Schurkin kann dagegen ihren Hund aufs Spielfeld rufen – also auf Knopfdruck einen Multiball auslösen. Neben dem tumben Abschießen der Gegner gibt es zudem immer wieder kleine Rätsel zu knacken, manche auch optional. So können beispielsweise bestimmte Hebel angeschossen werden, um Gegner so frühzeitig auszuschalten. Anderswo finden sich Schlüssel, durch die sich Schatztruhen öffnen, in denen sich wiederum Geld oder zusätzliche Ausrüstung befindet.
Überhaupt, die Ausrüstung: Nach jedem Level steht es dem Spieler frei, den Hafen zu besuchen und dort neue Gegenstände einzukaufen, durch die sich die Fähigkeiten der Bälle in die eine oder andere Richtung erweitern lassen. Der Ritter schlägt noch besser zu, die Schurkin kann ihren Hund häufiger aufs Spielfeld holen und die Heilerin braucht weniger Manapunkte um eine verlorene Figur wiederzubeleben. Geld ist dabei chronisch knapp – es liegt immer wieder in Fässern herum und winkt als Belohnung für besiegte Gegner, wirklich große Sprünge lassen sich mit diesen Beträgen jedoch nicht machen. Wer die 5.000 Gold auftreiben kann, um einen der optionalen Charaktere (sprich: Extrabälle) anzuheuern, kann sich glücklich schätzen.
Wer Rollers of the Realm spielen will, sollte vor allem eines nicht erwarten: eine vollwertige Pinball-Simulation. Die Ballphysik des Spiels kann mit Titeln wie Zen Pinball einfach nicht mithalten. Manchmal scheint es, als flögen die Kugeln unkontrolliert über die Tische, teilweise nehmen sie bei Kontakt mit einem Gegner urplötzlich eine Geschwindigkeit auf als hätten sie den widerspenstigsten Bumper der Flippergeschichte getroffen. Das kann sich teilweise etwas unfair anfühlen, kommt aber nicht allzu häufig vor. Entscheidend ist es in solchen Situationen, die Heilerin nicht zu verlieren – genug eingesammeltes Mana vorausgesetzt, ist ihre Wiederbelebungsfähigkeit gerade auf frustrierenden Tischen von unschätzbarem Wert.
Tatsächlich kann ich nicht verleugnen, bei Rollers of the Realm das ein oder andere Mal frustriert mit dem Gamepad auf den Tisch geschlagen zu haben. Der Ärger hat sich allerdings stets schnell wieder gelegt, denn wer auf einem Tisch nicht weiterkommt, wählt einfach einen anderen aus. Wenn auch das partout nichts bringt, hilft manchmal auch das Wiederholen früherer Tische. Das spült neues Gold in die Kasse, wodurch wiederum neue Fähigkeiten freigeschaltet werden können. Unterm Strich hat mir Rollers of the Realm so jede Menge Spaß gemacht. Die Tische sind abwechslungsreich, das Finden neuer Charaktere und das strategisch geschickte Einsetzen ihrer Spezialfähigkeiten erzeugte bei mir ein tiefes Zufriedenheitsgefühl. Weil jeder der zahlreichen Tische zudem nur ein paar Minuten dauert, ist das Spiel zudem perfekt für eine kurze Session zwischendurch.