Trautes Trine, Glück allein: Trine 2
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Puzzle-Plattformer sind meist eine recht klassische Angelegenheit: Nur ein Weg führt zum Ziel. Frozenbytes märchenhaft schönes Trine 2 schickt sich an, das Genre ein wenig aufzumischen.
Dennis, Jeremy und Dom haben ihre mächtigen Zauberkräfte benutzt, um den Online-Koop des Spiels auf ihre Bildschirme zu beschwören und zu prüfen, ob das Abenteuer um gestaltenwandelnde Zauberer, Krieger und Diebe den Ansprüchen gerecht wird.
Ein typisches Puzzle in Trine 2 sieht folgendermaßen aus: Ein Schalter setzt bei Betätigung ein Zahnrad in Bewegung, das wiederrum eine Plattform kurzzeitig hochwippen lässt, die dafür benutzt werden muss, eine Felswand zu erklimmen. Zur Verfügung steht ein Charakter, der sich dank Magie in drei verschiedene Figuren verwandeln kann: Ein Kisten beschwörender Zauberer mit Levitationskräften, eine Diebin mit Greifhaken und ein Krieger, der mit dem Schild Angriffe abwehrt und mit seinem Hammer Wände einreißt.
Die typische Lösung für ein Puzzle in Trine 2 sieht dann so aus: Als Krieger wird der Hebel betätigt, der Magier beschwört schnell eine Kiste, hüpft über die Kiste Richtung Plattform, verwandelt sich im Flug zur Diebin, die auf der Plattform landet und im letzten Moment bevor sie wieder weggklappt, ihren Greifhaken an einen Balken schießt, um damit in Sicherheit zu schwingen.
Spielt man Trine 2 zusammen mit Freunden, wird aus der einzelnen Figur eine Gruppe von bis zu drei polyamorösen polymorphen Helden und Puzzlelösungen verändern sich von Grund auf: Der Zauberer beschwört eine Kiste, auf die Diebin A und Diebin B hüpfen, um sie dann auf die Felswand schweben zu lassen. Niemand denkt auch nur daran, den Schalter anzufassen. Und genau das macht Trine 2 für mich zu einem fantastischen Spiel.
Puzzledesigner sind verliebt in ihre Schöpfungen. Sie erschaffen Herausforderungen, in denen alle zur Lösung führenden Elemente nur darauf warten entdeckt zu werden. Die meisten Puzzles in Spielen sind Mysterien, die auf eine bestimmte Weise gelöst werden wollen. Und wehe, die Spieler spielen nicht mit.
Egal, ob es darum geht, unterirdische Labore mit Portalen zu erkunden, aus Ravenholm zu entkommen oder durch Limbo zu wandern: Wie auch im traditionellen Adventure gibt es in den meisten Spielen immer nur eine richtige Lösung. Es erfordert einen besonders mutigen Erfinder, ein Spiel nicht als eine Reihe Testkammern zu verstehen, sondern als System, mit dem gespielt werden kann. Trine 2 ist ein solches Spiel.
Wer viel Zeit in den Märchenhöhlen, den Hexenhäusern und Ruinenstränden von Trine verbringt wird merken, dass die Puzzles hier einfach nur Hindernisse in einer Welt sind, die glaubhaft darauf reagiert, wie mit ihr gespielt wird. Mit Schaltern, Zauberportalen, Wasserquellen und Dampfleitungen lässt sich der Levelausgang genauso oft erreichen, wie mit brachialem Kistenbeschwören oder mit gut überlegten Hüpfereien.
Trine 2 gibt mir keine Testaufgaben, es gibt mir eine bezaubernde Welt und eine Reihe Möglichkeiten, sie zu beeinflussen. Das passiert selten und vor allem selten so gut.
Wesentliches Ziel des kunterbunten Abenteuers ist es, das titelgebende Trine, ein magisches, blau glühendes Artefakt, zu verfolgen und seine Bedeutung zu verstehen. Unterwegs wird das Lösen von Rätseln und Erklimmen von Mauern durch Passagen aufgelockert, in denen der ein oder andere gegnerische Kiefer gebrochen werden darf. Dabei können Orks mit dem Hammer aus dem Weg geräumt, mit Pfeil und Bogen ins Knie geschossen und mit schwebenden Kisten erschlagen werden.
Zum Ende der Level gibt es in regelmäßigen Abständen Kämpfe gegen riesige Boss-Gegner. In Trine 2 fällt nämlich alles ein bisschen größer aus: Pilze, die als Trampolin genutzt werden können, Kröten, die die Spieler per Zungenschlag Wege offenbaren oder Schnecken, die riesige Salatblätter fressen und einfach nur verdammt gut aussehen.
Wer sich erstmal an die erstaunliche Farbenvielfalt gewöhnt, was im braungrauen Zeitalter der Videospiele eine Weile dauern kann, wird größzügig belohnt: Wunderschöne Sonnenuntergänge, Partikelspielchen und Effekte laden ein, während des Rumhüpfens und Nachdenkens auch mal in den Hintergrund zu starren.
Oh, ich soll relevante Dinge auftragen. Okay: Der größte Mangel am Vorgänger wurde behoben, nämlich der fehlende Online-Koop. Nicht an einen gemeinsamen Monitor gebunden zu sein, ist verdammt nochmal Gold wert. Ich kenne Menschen, die den ein-Monitor-Modus als Teil der Herausforderung mancher Puzzles bezeichnen würden. Schwachsinn, denn die größere Bewegungsfreiheit macht das Spiel nicht einfacher, sondern schwerer.
Anekdotischer Beweis: Obwohl es der Zauberer uns nun ermöglichte, durch die Levitation von Kisten und Planken (und seinem eigenen Monitor) relativ leicht etwas höhere und weiter entfernte Hindernisse zu überwinden, kamen wir damit nicht sehr weit. Der Zauberer steht schließlich immer noch auf der falschen Seite der metaphorischen Mauer. Erst dann fingen wir zu grübeln an, fanden eine Lösung und hatten einen noch tolleren Aha-Effekt. Was ich sagen will, ist: Die vom Puzzledesign geforderte Koordination zwischen den Spielern wurde hier gekonnt von frustrierendem Synchronhüpfen etwas mehr in Richtung kognitive Zusammenarbeit geschoben. Ein Spiel, dass uns nicht für Idioten hält! Viel zu selten, sowas.
Trine 2 hat alles, was ich von einem Sequel haben wollte. Eine bunte Regenbogenwelt, clevere Rätsel, einen erneut fantastischen Soundtrack und vor allem gute 2.5D-Koop-Platformer-Action. Die kleineren Mängel wurden behoben und die stärken noch stärker. Und wie wunderschön das Spiel ist, muss ich dank Dennis und Dom nicht nochmal betonen. Warum bin ich eigentlich hier? Achja: Kauft Trine 2!
Mir war es nicht vergönnt, gemeinsam mit den Jungs Trine 2 zu erkunden, also schappte ich mir kurzerhand Matthias und zu zweit machten wir uns zu dritt auf den Weg. Da uns ein dritter Mitspieler fehlte, wir jedoch auf keinen der drei möglichen Charaktere verzichten wollten, entschieden wir uns für die Option, den Charakter während des Spiels frei wechseln zu können. Womit ich bei einem kleinen Kritikpunkt wäre, denn wenn zwei (oder gar drei) Spieler die selbe Klasse steuern, ist es nur schwer möglich, die Charaktere voneinander zu unterscheiden, was unweigerlich zu Chaos führt. Das hätte man durch auffälligere Unterschiede beim Charakterdesign leicht verhindern können.
Hinzu kommt, dass mir die Welt von Trine 2 eine Spur zu kitschig ausfällt. Das gefällt dem Märchenonkel in mir bis zu einem gewissen Grad sehr gut, doch als die sprechende “Frau Blume” ins Spiel trat, fühlte ich mich temporär meiner Männlichkeit beraubt. Das lässt sich jedoch als Geschmackssache verbuchen und soll nicht mein Lob für dieses sonst zauberhafte Spiel mindern. Ich vergebe vier von fünf Froschschenkeln.
Eigentlich wurde zum Spiel schon alles gesagt, und ich stimme mit meinen Vorrednern im Großen und Ganzen überein, dennoch gönne ich mir diesen letzten Absatz, um auch meine Eindrücke kurz und prägnant in Worte zu fassen: Mir hat besonders die grafische Komponente und der Spielspaß im Koop gefallen. Viele Rätsel machen es erforderlich, miteinander zu kommunizieren und sich abzustimmen. Auch wenn Fabu mir trotzdem gern mal eine Kiste hat auf den Kopf fallen lassen. Und obwohl mir das offene Puzzledesign gefällt, hatte ich stellenweise den Eindruck, das wir es uns mit temporär schwebenden Boxen, die als Fahrstuhl dienten, zu einfach gemacht haben. Auch die Steuerung am Gamepad war mir auf Dauer zu anstrengend. Zu viele Tasten mit zu vielen Funktionen für ein zu löchriges Kurzzeitgedächtnis. Alles in allem aber eine Perle der Natur Indieszene, die es unbedingt zu spielen gilt.
Herzlichen Glückwunsch, werter Leser, du hast es ans Ende dieses Artikels geschafft. Möchtest Du auch Trine 2 spielen? Prima, denn wir haben einen Steamcode zu verschenken. Lass doch einen Kommentar da und sage uns, mit welchen zwei anderen Personen du dir deinen Körper teilen möchtest. Es entscheidet unsere Willkür.