100% Indie
Treffen sich ein Hardware-Riese und ein Software-Riese in einer Bar. Was wie ein Witz beginnt, ist durchaus Realität, auch wenn es sich bei der Bar womöglich um einen Barscheck handelt. Willkommen bei 100% Indie, einer Initiative von Samsung und Chillingo. Copyright 2013. Electronic Arts Inc. All Rights Reserved. 100% WTF.
Indie ist auf dem Vormarsch. Indie ist cool, Indie ist hip. Indie ist sympathisch, Indie ist Imagepflege. Indie ist ein Lebensgefühl, das sich unglaublich gut verkaufen lässt. Apropos verkaufen: Der iOS-Fließbandpublisher Chillingo wurde 2010 von EA für 20 Mio. USD akquiriert. Im selben Jahr setzte Samsung 220,1 Mrd. USD um. Ein großer Kuchen ist groß. Viele kleine Kuchen bringen Farbe, Abwechslung und vor allem einen neuen Markt ins Spiel. Also beauftragte man eine Agentur, die mit 100% Indie etwas schafft, das bewusst vom verräterischen Gestaltungsraster der Initiatoren abweicht. Indie ist anders, anders ist gut.
“100% indie – shining a spotlight on the indie gaming scene.”
Bricht man es runter, handelt es sich bei 100% Indie um ein Blog, in dem Indiethemen vonseiten der Community behandelt, sprich: eingereicht werden (können). So zumindest die Theorie, denn eine Community ist gar nicht existent. Zwischen all dem coolen Indie bewirbt Chillingo brav seine not-so-Indiegames und Samsung spart keine Kosten und Mühen, Indieentwickler für den eigenen AppStore zu gewinnen.
Versteht mich bitte nicht falsch. Ich habe überhaupt kein Problem damit, im Zuge der Indiewelle Geld zu verdienen. Je entspannter Indieentwickler über die Runden kommen, desto wahrscheinlicher ist der Fortbestand der Szene. Aber wenn große Unternehmen auf derart parasitäre Weise an den Begriff Indie andocken, um den hauseigenen Kapitalismus zu perfektionieren, stellen sich mir die Nackenhaare auf.
13 Kommentare zu “100% Indie”
Kommentare sind geschlossen.
Indie ist tot.
100% Rindfleisch!
Ist das überhaupt Indie? Antwort: Nein.
“* Revenue share model at the Samsung Apps -
100% for the first 6 months starting from 4th March 2013
90% for the next 6 months
80% for the next 12 months
Going back to 70% after this period.”
Hmm.
Ist das noch Bio?!
Mh, das Logo finde ich trotzdem ganz hübsch. :I
Ja, wie gesagt — genau das Gegenteil, was man von den Beteiligten kennt und erwartet. ;-)
Wollen sie investieren? Schmeissen sie ihr Geld hier in das Loch! (Futurama)
Danke für den investigativen Journalismus ;)
Klingt nach: Der Mainstream saugt den Untergrund aus. Hatten wir doch schon bei Punk und Hip Hop und … ach ja. Indie Musik. Warum sollte das dann nicht auch bei Indie Games funktionieren. Wir kommen nehmen, was geht und lassen die kraftlose Szene dann auf sich selbst gestellt zurück, wenn der nächste Hype kommt. Aber Hip Hop aus Deutschland hat gezeigt das man sich auch nach so einer feindlichen Übernahme wieder selbst regenerieren kann. Also seh ich dem ganzen recht optimistisch entgegen!
(sorry das ich Videospiele mit Musik vergleiche ;) )
Ich finde den Vergleich sogar sehr passend. Wenn ich mich nicht irre haben Indiespiele/Indie Games ihren Namen auch eben vom Indie-Rock (bzw. Indie-Film).
Indie-Janer, Indie-msphäre, Indie-strualisierung, Indie-Fresse!
Leider absehbar, dass die Branchenriesen nach dem Mainstream zunächst die Sonderangebotskunden abgreifen und abschließend auch auf jene schielen, die mit harter Herzblut-Währung zahlen.
Der Begriff “Szene” umschreibt ja letztlich Leute, die bereit sind, überdurchschnittlich viel für etwas zu bezahlen.
Die Hersteller imitieren einfach unsere Balzrufe “Retro”, “Kickstart” und “Indie” und wir machen uns dann untenrum frei.
Es ist doch schlicht pervers, wenn sogar free2play-Hersteller bereitwillig gekickbackt werden.
Meine Definition von “Indie” ist daher weniger die eigentliche Herkunft eines Spiels, sondern der Fokus auf die Spielmechanik oder die Story, die herkömmliche Hersteller so nicht ohne Weiteres angehen würden.
Damit darf ich dann auch über die neueren Humble Bundles fluchen, die uns allen Ernstes 3D-Shooter als Indie anbieten wollen.
Und ein Branchenriese, der günstige Indieentwickler die “Drecksarbeit” erledigen lässt, klingt schon sehr nach BILD-Leserreporter.