Kavaliere des Gemetzels im Rosenkrieg
Vor kurzem sprach ich begeistert darüber, was für ein herrliches Erlebnis es sei, sich am Klassenkampf in Fatsharks War of the Roses zu beteiligen. Wie befriedigend es ist, einen Ritter von seinem prächtigen Schlachtross zu stoßen und ihn dann als unwürdiger Bauer mit einer Keule methodisch in den Boden zu rammen. Bis jetzt war War of the Roses das einzige aktuelle Mittelalter-Schlachtfest, nun gibt es aber einen neuen Herausforderer: Chivalry: Medieval Warfare wetzt rostige Schwerter und macht vulgäre Gesten in Richtung Rosenkrieg. Wer wird die Gunst der Prinzessin gewinnen? Wer darf den Hofnarr enthaupten? Es gibt nur einen Weg, es rauszufinden.
Das Wichtigste zuerst: Sowohl War of the Roses als auch Chivalry sind Multiplayer-Nahkampf-Gemetzel in einem Mittelalter-Szenario mit Bögen, Schwertern und sonstigen Hieb- und Stichwaffen. Beide Spiele sind dreckig, blutig, gemein und das Chatfenster ist in beiden Fällen voll von schlechten Verlierern, die sich lauthals über ihre abgetrennten Extremitäten beschweren. Ihre Eigenheiten liegen in zwei sehr unterschiedlichen Design-Ansätzen, die tiefer gehen, als der offensichtliche Unterschied von Third-Person-Perspektive in War of the Roses und Egoperspektive in Chivalry. War of the Roses entspricht einem Battlefield im Mittelalter und Chivalry erinnert an ein ritterliches Call of Duty.
Das Erste, was jedem neuen Spieler in War of the Roses zustoßen wird, ist ein Zweihänder in den Magen, geführt von einem Ritter in Plattenrüstung. Und die nächsten Stunden wird sich das wahrscheinlich nicht ändern. Das liegt nicht etwa am verbreiteten Irrglauben, Zweihänder wären übermächtig, sondern daran, dass War of the Roses ein komplexer Bastard von einem Spiel ist. Der Nahkampf besteht aus unterschiedlichen Schlägen, die allesamt mit Mausbewegungen ausgeführt werden, unterschiedliche Arten an Schaden zufügen und auf unterschiedliche Arten von Rüstung unterschiedlich reagieren bzw. unterschiedlich geblockt werden müssen.
Bis man lernt, dass ein Schwertstreich gegen eine Plattenrüstung nichts ausrichtet und man mit stumpfen Schlagwaffen besser beraten ist (es sei denn, man kämpft gegen leichtgepanzerte Gegner), vergeht erstaunlich viel Zeit und so manches Leben. Das wird nicht gerade dadurch begünstigt, dass jeder einzelne Ausrüstungsgegenstand von Toldeo-Stahl für die neue Hellebarde zum Griff für das Kurzschwert mit Erfahrungspunkten und Gold freigeschaltet wird. Festgelegte Charakterklassen gibt es nicht. Jeder Spieler definiert seinen Charakter über individuell ausgewählte Ausrüstung und Fähigkeiten. Ein Bogenschütze kann also auch in Plattenrüstung kämpfen und ein niederer Bauer mit einem edlen Langschwert Köpfe von Hälsen trennen. Wer in den Online-Schlachtfesten aber versagt, bekommt kein Gold, kaum Erfahrungspunke, kann weniger freischalten und lernt weniger über neue Spielelemente.
War of the Roses entfaltet sein Potenzial, wenn man erst einmal verstanden hat, wie der Kampf funktioniert. Es ist ein Gemetzel, in dem jede Waffe vom Dolch bis zum Langbogen seinen Sinn hat. Der Schwertkampf ist spannend, Duelle können sich über Minuten ziehen, famose Heldentaten sind durch Waffenmeisterschaft möglich — selbt wenn die Ziele in den Multiplayer-Partien nur daraus bestehen, wie in Battlefield bestimmte Punkte in leblosen Dörfern und Burgen einzunehmen.
Chivalry dagegen versucht den Einstieg einfacher zu machen. Die Karten sind kompakter und statt freier Waffenwahl gibt es vier vorgegebene Klassen, die den Spielstil bestimmen. Um Feinjustierung kümmert sich Chivalry nicht. Talente oder Schwertgriffe lassen sich hier nicht auswählen. Jeder Charakter bekommt die Waffe seiner Wahl in die Hand gedrückt und darf sich in den Nahkampf stürzen. Auch verschiedene Schadensarten oder auf sonstiges neumodisches Zeug wurde bei Chivalry verzichtet. Das Kampfmodell orientiert sich eher an Dark Messiah of Might & Magic als am simulationslastigeren Mount & Blade. Gegner können mit einem Tritt in Stachelgruben befördert werden und Schwertschwünge lassen sich mit Sprüngen ausweichen.
Die Eigenheiten der einzelnen Waffentypen machen den Einstieg zwar auch hier etwas schwierig, aber bei weitem nicht so überfordernd wie beim Rosenkrieg. Und noch etwas hat Chivalry der schwedischen Konkurrenz voraus: Es hat abwechslungsreichere Ziele im Mehrspieler-Modus vorzuweisen. Auch hier gibt es Kämpfe um Kontrollpunkte, gleichzeitig aber auch einen Belagerungsmodus, in dem jede Seite verschiedene Ziele, wie das Aufbrechen eines Tores oder das Anzünden eines Signalfeuers, erreichen muss.
Trotz der simplen Missionziele und dem schweren Einstieg muss ich meine Gunst und mein parfürmiertes Taschentuch an War of the Roses geben. War of the Roses ist ein Spiel, das fordert und oft auch frustriert. Es ist aber die Tiefe, die im Design des Nahkampfs steckt, die Komplexität, von Trefferzonen, Schadensmodellen und unterschiedlichen Rüstungen, die mich immer wieder ins Spiel zurückziehen. Ich möchte Strategien entwickeln, Waffenkombination ausprobieren, meinen Kampfstil perfektionieren. Chivalry ist perfekter Schlachtspaß, War of the Roses hingegen das schlicht besser durchdachte Spiel.
9 Kommentare zu “Chivalry vs. The War of the Roses”
Kommentare sind geschlossen.
Schöner Vergleich!
Jedem an den Spielen Interessierten will ich noch dieses Vergleichsvideo von Totalbiscuit empfehlen.
Er kommt zu einem etwas anderen Ergebnis…
BTW: “Prinzessin”…I see what you did there, Dennis :)
Ich Horst, Videolink vergessen:
Ah, gutes Video von TB!
Ja, ich glaube, es kommt am Ende wirklich darauf an, welche Art Nahkampf man besser findet und das ist irgendwo Geschmackssache.
Chivalry ist definitiv actionreicher, schneller und heftiger, aber mir fehlt das komplexere Schadensmodell.
Beim Fernkampf muss ich TB aber voll zustimmen. Der ist bei Chivalry ziemlich lahm.
und kann der herr Kogel Guild Wars 2 spielen
Was ein hyperaktives Rumgehampel…
Schade, dass sich keines der Spiele getraut hat, auch mal ein ordentliches Movement-System einzubauen. Rückwärtslaufen in einer Plattenrüstung, und das Austanzen von Gegnern in einem mittelalterlichen Schlachtengemälde… das hat allenfalls Comedycharakter ;-)
Bessere und neue Ausrüstung gegen Erfahrungsüunkte und Gold kaufen ?!
Das alleine rechtfertigt schon den Kauf von The War of the Roses.
Es geht eben nichts über Langzeitmotivation.
sorry aber das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen!!
Nicht die Unlocks sondern das Gameplay an sich muss auf lang Zeit motivieren.
Aber ich schätze das ist auch der Grund, warum ich den Hype um CoD nicht verstehe und lieber CS:GO spiele -.-
Hm, schwierig. Ich stehe eigentlich überhaupt nicht auf die Unlock/XP-Sammel-Tretmühle und dann erwische ich mich doch dabei, wie ich ein Spiel starte, weil ich mich darauf freue, irgendwas neues für meinen Charakter freizuschalten.
Gutes, durchdachtes Gameplay als Motivation an sich: Absolut! Kleine (vielleicht auch einfach nur kosmetische) Belohnungen, um dem kettensägenschwingenden Monstertypen einen neuen Hut aufzuziehen: Warum nicht?
Unlocks als einziger Grund, ein Spiel weiterzuspielen, obwohl es nicht interessant ist: Meh.
Bei War of the Roses passt einfach das Kampfdesign, die Unlocks sind…nicht perfekt, also so wirklich nicht, aber bei den tollen Kämpfen störts einfach nicht so sehr.
Wie sieht’s eigentlich aus? Spielt hier noch einer Chivalry oder War of the Roses?
Chivalry hat ein Schadensmodell.
Klingen- & Stichwaffen für leicht gepanzerte Ziele (Man-at-arms, Archer)
Stumpfe Waffen für gepanzerte Ziele (Knight)
Äxte als allrounder für alles mögliche
Kopftreffer erhalten einen Bonus.
Beintreffer erhalten einen Malus.
Stagger scheint auch von der Menge an Schaden abzuhängen, aber so genau kann ich das nicht sagen.