Über den Wolken hört dich niemand weinen.
Man sollte vorsichtig mit seinen Wünschen sein, sie könnten in Erfüllung gehen. Nachdem ich meine Liebe zu Präzisions-Platformern mit Deadlock wieder neu entfachen konnte, entwickelte ich Lust an ähnlichen Spielen. Die Vorfreude über Cloudbuilt war daher zunächst mehr als groß. Endlich würde ich wieder elegant über die schwebende Blöcke springen, dabei gezielt feindliche Roboter deaktivieren und mein Selbstbewusstsein für jedes abgeschlossene Level steigern. Diese Vorstellung stellte sich dann allerdings schnell als falsch heraus: Stattdessen stolperte ich mühsam durch die Abschnitte und schämte mich dafür in Grund und Boden. Trotz diverser Gemeinsamkeiten zu Deadlock hebt sich Cloudbuilt zu meinem Leidwesen vor allem in einem Punkt ab: Dem Schwierigkeitsgrad.
Im Zentrum vom Spiel steht Demi, eine verletzte Kriegsveteranin, die im Koma liegt und eine mentale Rehabilitation durchführt. Die Abschnitte im Spiel existieren daher alleine in ihrem Kopf und repräsentieren den geistigen Zustand und ihre Erinnerungen, die es zu überwinden gilt. Je nach dem Weg, den man dabei einschlägt, passen sich die Level so dem Lauf der Geschichte an. Schöpft Demi Hoffnung aus ihrer Situation, findet man sich in sonnigen, grünen Ruinen wieder. Verliert sie an Lebenslust, kämpft man sich stattdessen durch düstere und blanke Abschnitte. Das Spiel gewinnt dadurch an Tiefe und stellt eine stärkere Verbindung mit den Aktionen des Spielers her. Was für ein Ende man schlussendlich erhält, hängt zu großen Teilen vom eigenen Können und der Geduld ab – kommt man nicht weiter, ändert man das Level und damit auch die Geschichte.
Spielerisch lässt sich Cloudbuilt in drei Worten beschreiben: Schnell, präzise, gnadenlos. Von Anfang an verfügt man über alle Fähigkeiten, die es es nun schnellstmöglich zu meistern gilt. Demi rennt gezielt Wände entlang, hält sich an Klippen fest und katapultiert sich mit dem Jetpack voran. Der Raketenrucksack erhöht die Geschwindigkeit des Spiels ungemein und ermöglicht auch das Erklimmen von Wänden. Genau wie in Deadlock verfügt Demi zudem über eine Schusswaffe, mit der sie diverse Gegner ausschalten kann.
Diese Fähigkeiten und deren Steuerung wurden nun ohne Gnade in meinen Kopf gepresst. Cloudbuilt lebt stark von seinem offenen Leveldesign, das immer verschiedene Routen und Abkürzungen zulässt. Möchte man horizontal an einer mit Bomben gespickten Wand entlanglaufen, oder den leichteren, allerdings von Gegnern bewachten Weg wählen? Das Beenden eines Levels im ersten Versuch ist durch diese Optionen nahezu unmöglich. Das Spielprinzip basiert darauf, über mehrere Tode hinweg eine ideale Route zu planen, sich die Positionen von Gegnern einzuprägen und die eigene Leistung zu steigern. Dieses Prinzip stellt sich allerdings auch als sehr schmerzhaft heraus. Obwohl Checkpoints vorhanden sind, verfügt man pro Level nur über eine bestimmte Anzahl von Versuchen. Sind sie aufgebraucht, findet man sich am Level-Anfang wieder. Immer und immer wieder musste ich mich so durch die gleichen Abschnitte kämpfen, bis ich sie endlich meistern konnte. Cloudbuilt trimmt Spieler mit brutaler Härte zum Erfolg, brachte mich dabei aber auch mehrmals an den Rand der Verzweiflung. Noch heute zucke ich nervös zusammen, wenn ich an das finale Level denke.
Wer seine masochistischen Züge nach dem ersten Ende noch nicht befriedigt hat, findet in den drei anderen Enden und den speziellen Herausforderungen, wie z.B. dem Beenden eines Levels ohne Verwendung der Schusswaffe, weitere Unterhaltung. Alles in allem ist Cloudbuilt hervorragend: Der Manga-Stil wird durch den Cellshader wunderbar ergänzt, die im ausgezeichneten Soundtrack hörbaren Retroeinflüsse fügen sich erstaunlich gut ins Gesamtbild ein und das Spiel steuert sich mit Tastatur und Maus präzise. Wer die Herausforderung liebt, ein hartes Spiel in die Knie zu zwingen, ist hier bestens aufgehoben. Ich, für meinen Teil, nahm nach den Credits eine fötale Position ein und meldete mich selbst für eine mentale Rehabilitation an. Ohne genügend Übung traue ich mich schlichtweg nicht an den Rest des Spieles heran. Ich sollte wirklich vorsichtiger mit meinen Wünschen sein.
Ein Kommentar zu “Cloudbuilt: Fallträume”
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Tolltolltoll!