Wo die wilden Quozzles wohnen.
Ich habe ein Monster erschaffen. Es heißt Quozzle und war ursprünglich mal ein freundlicher, grüner Augapfel aus der Nachbarschaft. Aber dann ließ ich dem Wesen Gliedmaßen wachsen — und Muskeln und noch mehr Gliedmaßen. Jetzt ist Quozzle eine Masse aus Beinen und Muskeln, schwankt gefährlich vor sich hin und starrt mich wehleidig an. Es ist zum Incredipede geworden, einem lebensunfähigen Ungetüm, dessen einziger evolutionärer Sinn und Zweck darin besteht, Rätsel zu lösen.
Colin Northways Incredipede basiert auf einer genialen Grundidee: Mit ein paar einfachen Mausklicks müssen Spieler Quozzle Gliedmaßen und Muskeln wachsen lassen und dann den Augapfel selber durch unterschiedliches Terrain steuern. Meistens resultiert das in einer Mischung aus dem Gliedmaßentango QWOP, dem Beweis, warum man nicht Gott spielen sollte, und einem spielgewordenen Witz über die irrsinnigen Theorien des Intelligent Design: Wenn Gott, der allmächtige Spieler, wollte, dass Quozzle über einen Hügel krabbelt, dann würde er ihm wahrscheinlich 17 Beine und einen Muskelapparat geben, der sie in alle Richtungen schwingen lässt.
Die Herausforderung bei Incredipede liegt vor allem im Erlernen von Mustern und Kombinationen. Um Quozzle durch enge Tunnel zu kriegen, bietet sich eine Bein- und Muskelkombination an, die ihm effektives Rollen erlaubt. Wenn es darum geht, eine steile Wand zu erklimmen, müssen Greifarme konstruiert werden. Incredipede verhält sich dabei für moderne Spiele erstaunlich anspruchsvoll. Es zeigt bestimmte Kombinationen, lässt damit experimentieren und erwartet dann vom Spieler, das Konzept begriffen zu haben. Oft ist dabei das komplett richtige Anwenden der gelernten Lektionen gar nicht so wichtig, um Quozzle in den kurzen Leveln zum Ziel zu bringen. Es gibt schließlich genug alternative Lösungen. Wenn man aber einmal verstanden hat, wie hier Muskeln und Gliedmaßen zusammenarbeiten, wird Incredipede zu einer ungemein befriedigenden Lektion. Aus den lebensunfähigen Geschöpfen, die man am Anfang zusammensetzt, wird ein perfekt an seine (Level-)Umwelt angepasstes Wesen.
Während dieses Lernprozesses reist Quozzle durch verschiedene Welten, die allesamt aus kurzen, herausfordernden Leveln bestehen. Hier muss das grüne Viech nicht nur den Ausgang erreichen, sondern auch genug Bonusgegenstände einsammeln, um auch die nächste Welt freizuspielen. Fast jedes zweite Level führt dabei neue Konzepte und Elemente ein, die das Grundprinzip aus zwei Muskeltypen, die Gliedmaßen in zwei verschiedene Richtungen bewegen können, nach und nach komplexer machen.
Das beste an Incredipede ist jedoch die Möglichkeit, sich die Kreaturen und Lösungswege anderer Spieler anzeigen zu lassen. Wie in Dustforce, bekommt man so neue Impulse und lernt neue Methoden kennen, um Hindernisse zu bewältigen. Ähnlich wie auch die Evolution, ist Incredipede damit ein iterativer Prozess. Es gibt Spielern ein Auge, Gliedmaßen und Muskeln an die Hand und erwartet Lösungen. Jeder Versuch, jedes Scheitern an einer Aufgabe, bringt Quozzle näher zur evolutionären Perfektion. Zumindest bis er sich gleich im nächsten Level wieder neu anpassen lassen muss. Ein ungemein spannender Prozess.
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