Wie ein Crowdfunding-Projekt verläuft, hat oft Informationswert über das eigentliche Projekt hinaus. An dem Erfolg verschiedener Projekte lassen sich die Trends der verschiedenen Zielgruppen ablesen. Dies äußert sich sowohl inhaltlich, wenn wie zum Beispiel momentan viele neue Rogue-like Variationen auftauchen, aber auch politisch, wenn Projekte mit bestimmten sozialideologischen Hintergründen unterstützt werden.
Diese Strömungen zu kennen kann für die Projektmacher von Vorteil sein, es zeigt sich aber immer wieder, dass es dann eben doch keine Erfolgsgarantie ist, nur auf den berühmten Nostalgiezug aufzuspringen. Willkommen zur neuesten Ausgabe der Kickstarter Fundgrube.
Infinite Space 3: Sea of Stars
Infinite Space 3: Sea of Stars ist der nun dreidimensionale Nachfolger zu den Weltraum-Rogue-like-Vorgängern Strange Adventures und Weird Worlds.
Digital Eel, die Macher der Vorgänger in der „Infinite Space“-Reihe, planen nun einen dritten Teil mit rundenbasierter Navigation auf der dreidimensionalen Sternenkarte und Echtzeitkämpfe auf einer 2D-Ebene. Die bespielbare Welt wird prozedural generiert, so dass keine zwei Spiele gleich ausfallen sollen. Inhaltlich spielt Sea of Stars in der gleichen Welt wie die Vorgänger, die nun aber um eine erhebliche Zahl erkundbarer Sternensysteme und verschiedenster astronomische Phänomene erweitert wird. Außerdem sollen verschiedene Werkzeuge für das Erschaffen eigener Inhalte den Wiederspielwert erhöhen. Eine weitere Besonderheit wird in der Lebendigkeit der Welt bestehen, die sowohl auf Spieleraktionen reagieren kann als auch eigene Prozesse unabhängig durchführen wird. Einzelne NPCs und Flotten haben ihre eigenen Ziele, denen sie nachgehen ob man sich ihnen anschließt oder widersetzt. Technologieentwicklung schreitet mit der Zeit voran, sowohl für Spieler als auch für die NPCs.
Das Ziel des Projektes ist bereits erreicht, aber es gibt weitere Stretchgoals für Mac- und Linux-Portierungen, eine digitale Enzyklopädie über die Spielwelt und einen Kampfsimulator zum Ausprobieren und Einüben von verschiedenen Strategien.
Camelot Unchained
Camelot Unchained versucht ein neues MMO aus der Taufe zu heben, das nicht nur ein außergewöhnlich hohes Unterstützungsziel, sondern auch außergewöhnlich viel Zulauf zu haben scheint.
Die Entwickler planen ein MMO auf Abobasis und mit Fokus auf dem “Realm versus Realm”-Spielprinzip. Das bedeutet, dass es hier kaum bis gar nicht um das typische Eliminieren von Monsterhorden, sondern um Kämpfe zwischen Spielern gehen wird, die den verschiedenen Parteien, Realms, im Spiel angehören. Eine weitere Besonderheit besteht in dem Crafting- und Housingsystem, das die Spieler an der Erschaffung der Welt beteiligen soll. Hier können sie aus Bausteinen ihre eigenen Häuser zum Bewohnen, ihre eigenen Minen zum Ressourcen sammeln und sogar ganze eigene Reiche mit Siedlungen und Festungen errichten, die es dann zu verteidigen gilt. Die Entwickler von Camelot Unchained verstehen sich als konterrevolutionär in der Designphilosophie, insofern als dass sie sich an den alten MMOs orientieren wollen, die durchgängige Herausforderungen boten und in denen Ziele schwierig zu erreichen waren und Belohnungen verdient sein wollten.
MMOs sind als Projekte grundsätzlich teuer und risikoreich und dieses ist da keine Ausnahme. Trotzdem haben sie immerhin schon über zwei Drittel des Ziels erreichen können und auch wenn es am Ende nicht reichen sollte, haben sie doch ein MMO-Konzept gefunden, dass eine erhebliche Zielgruppe zu haben scheint.
Chasm
Chasm wird ein 2D-Actionrollenspiel/Plattformer, mit Dungeons im Diablostil, Plattforming im Metroidvaniastil und einem altbekannten Fantasysetting.
Dieses Projekt möchte gerne zu den Wurzeln zurück, und zwar zu vielen verschiedenen. Hier gilt es alte Kerker zu erkunden, die prozedural aus handgestalteten Räumen generiert werden, Erfahrung zu sammeln um im Level aufzusteigen, neue Fähigkeiten zu erlernen die im Kampf und bei der Erkundung helfen, jede Menge Feinde und Bosse aus dem Weg zu räumen und natürlich noch mehr Ausrüstung einzusammeln. Dies allerdings nicht wie so oft in isometrischer Perspektive, sondern in der Metroidvania-typischen Seitenansicht. Dem Nostalgiethema entsprechend wird es auch einen Hardcoremodus inklusive Permadeath geben. Die Geschichte könnte auch klassischer nicht sein: Eine rätselhafte Mine, verschwundene Minenarbeiter, vergrabene Tempel unter der Erde und ein gerade aufgewachtes, altes Böse. Bei diesem Projekt kann man wohl nicht viel Neues erwarten, was ja dem Konzept entspricht, aber es kombiniert Elemente, die man in dieser Form nicht oft zusammen findet. Wenn die Umsetzung stimmt, wird es gerade Spielern des alten Schlages wohl eine Freude machen können.
Das Unterstützungsziel erscheint hier ein wenig hoch zu sein, aber dennoch auf gutem Wege, erreicht zu werden. Es gibt auch bereits eine Demo, in der man sich schon mal warmspringen kann.
Risk of Rain
Risk of Rain befindet sich auf einem ähnlichen Pfad und versucht sich an der Kombination eines Actionplattformers mit Rogue-like Elementen.
Wichtige Aspekte des Projektes sind sowohl die prozedurale Generierung der Level um den den Wiederspielwert zu erhöhen als auch die Lernkurve und der Schwierigkeitsgrad, der mit dem Verlauf der Spielzeit stetig ansteigen, aber intuitiv und leicht zu lernen sein soll. An alten Rogue-likes kritisieren die Entwickler die mangelnde Einsteigerfreundlichkeit und die Überkomplexität, was in diesem Spiel durch bessere Einführung und Übersichtlichkeit verbessert werden soll. Eine Reihe verschiedener Figuren mit jeweils eigenen Fähigkeiten und Eigenschaften werden zur Auswahl stehen, um sich mit ihnen durch die verschiedenen Level zu schlagen, und durch das Erreichen von Zielen und Errungenschaften werden neue Charaktere und Gegenstände freischaltbar sein. Das Spiel sieht alles in allem recht minimalistisch aus, hat sich aber auch ein sehr bescheidenes Ziel gesetzt, was schon jetzt weit übertroffen wurde.
Stretchgoals beinhalten unter anderem einen Arenamodus zum Bekämpfen von zufälligen Gegnerwellen und einen sogenannten Mutator. Dies ist ein Gegenstand im Spiel, mit dem man verschiedene Aspekte wie die Spawnrate der Monster, deren Art oder deren verschiedene elementare Eigenschaften im Level beinflussen kann. Es gibt auch bereits eine Demo zum Ausprobieren.
Gaming in Color
Gaming in Color ist ein Projekt zur Finanzierung einer Dokumentation über die Präsenz von LGBT-Personen und -Themen (Lesbian, Gay, Bisexual und Trans) in der Spielegeschichte, sowie deren Einflüss auf die Spielegemeinschaft in ihrer Gesamtheit.
Die Macher des Projektes beklagen die oft einseitige Selbst-/Darstellung der Spielergemeinschaft. Obwohl sie sowohl eine Kulturgruppe als auch eine Industrie ist, die immer noch rasant wächst und daher sie unterschiedlichsten Menschen umfasst, ist das am häufigsten sichtbare Image von Spielern doch sehr eng gefasst, sprich: fast ausschließlich männlich, weiß und heterosexuell. Dieses Dokumentationsprojekt möchte versuchen, die Verschiedenheiten innerhalb unserer Gemeinschaft im Detail zu betrachten und dabei die Herausforderungen und Möglichkeiten zu beleuchten, die gerade die hohe Diversität bietet, und dabei gegen Stereotypen in allen Formen vorzugehen. Dazu sollen die Erfahrungen von Minderheiten- oder zumindest weniger beachteten Gruppen der Spieleszene, besonders die der weiblichen und der LGBT-Spieler, sowohl in der Rolle der Konsumenten als auch in der der Spieleentwickler dokumentiert werden.
Das Unterstützungsziel erscheint hier relativ hoch, soll aber sowohl für professionelle Ausrüstung als auch für Reisekosten aufkommen. Interessant ist an dieser Stelle zu beobachten, dass obwohl solche und ähnliche Projekte in der Vergangenheit immer mit viel Feindseligkeit zu kämpfen hatten, das Unterstützungsziel doch wahrscheinlich erreicht werden wird, was eben nicht nur Geld bedeutet, sondern auch eine Unterstützungshaltung gegenüber der Diversifizierung unserer Kultur.
Gewinner, Verlierer, lobende Erwähnungen
Dieses Mal eindeutig gewonnen hat Truth & Trolls. Als jüngster Spieleprogrammierer auf Kickstarter hat Mackenzie Wilson jetzt statt der gefragten 829$ fast 25.000$ bekommen, um ein Rollenspiel im RPG-Maker zu machen.
Dies hat natürlich für einiges an Kontroversen gesorgt, nicht nur aufgrund der infragegestellen Motivation der Familie und nicht nur weil das sehr viel Geld für ein Kind ist, sondern weil das Projekt wirklich eine Obergrenze der sinnvoll verwendbaren Mittel hatte. Um eine Verwendung für den Überschuss zu finden, beinhaltet das Projekt nun das Spiel, dass ein Rollenspiel mit Kartennavigation in Echtzeit und rundenbasierten Kämpfen sowie einer NPC-Begleitergruppe werden soll, in dem ein junges Mädchen versuchen muss, ihre Familie vor Trollen zu retten. Das Ganze soll kindgerecht erzählt und gestaltet sein, dabei aber trotzdem eine interessante Geschichte und Charaktere haben. Darüber hinaus hat die Familie jetzt auch eine Webseite geschaltet, die Kindern eine Plattform bieten soll, mit dem Gestalten von Spielen zu experimentieren und sich darüber auszutauschen. Kontrovers ist das Ganze immer noch, aber die Einnahmen durch Kickstarter sind nicht begrenzbar, was eben anscheinend in manchen Fällen zu einem Problem werden kann.
Auch Obsidian Portal Reforged hat alle Erwartungen übertroffen. Das alte Obsidian Portal> ist eine Webseite, die bei der Organisation von Pen&Paper-Rollenspielkampagnien hilft, mit einer Plattform zum Speichern von Charakteren, Karten, Gegenständen und dem Fortschritt in der Geschichte sowie einer eigenen Kampagnienseite mit Wiki, Terminkalender und Forum. Das Projekt plant den Ausbau der Funktionalität und die Verbesserung der Übersichtlichkeit zusammen mit neuen Features und verbessertem Design. Aufgrund des großen Geldüberschusses wurden einige Stretchgoals wie ein Namensgenerator und mehr Speicherplatz für Dateien hinzugefügt. Ob es allerdings möglich ist, 80.000 Dollar in eine solche Webseite zu versenken, bleibt fraglich.
Der Erfolg von Buddy & Me war dagegen ein bisschen gewöhnlicher. Es wird ein Plattformabenteuer um Freundschaft und Träume. Als kleiner Junge mit seinem befreundeten Monster ist es hier das Ziel, in einer bunten Traumwelt so weit zu kommen wie möglich, bevor der Junge wieder aufwacht. In diesem <>Endless-Runner> ist man nicht wie sonst alleine unterwegs, sondern mit einer hilfreichen Figur, die die typischen Bewegungsrätsel um interessante Aspekte erweitern könnte.
All Points Bulletin: Vendetta hat es dagegen nicht geschafft, was niemanden wirklich überrascht. Das Projekt hat versucht, den Namen APB aus dem Grab zu heben, mit einem Spiel das sich wesentlich von dem Vorgänger unterscheiden sollte und der Beschreibung nach eigentlich interessant klingt. Dennoch haben die Entwickler hier versucht, sich auf einen Namen zu berufen, der im Zusammenhang mit einem großen Flop bekannt geworden ist und da hilft es dann auch nicht, dass das Unterstützungsziel stark überhöht erscheint.
The Enraged dagegen hätte eigentlich gute Chancen haben sollen. Ein klassisches Rollenspiel, aber in modernem Setting, 16bit Grafik, aber modernisiertes Gameplay sind eigentlich momentan beliebt und das Ziel war auch nicht zu hoch. Möglicherweise hat das Publikum aber einfach genug von Zombies, denn es bleiben Zombies, egal wie sehr man darauf beharrt, dass diese Infizierten, die einmal Menschen waren aber jetzt alles angreifen was sich bewegt, ja ganz anders sind.
Die Macher von Death Inc., Ambient Studios>, haben nun leider endgültig ihre Pforten schließen müssen, aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit. Nach dem Misserfolg ihres Kickstarterprojektes haben sie versucht, die nötigen Mittel auf anderem Weg zu bekommen und sind leider gescheitert, womit auch diese Geschichte ein Ende hat.
Von den Projekten, die letztes Mal noch unsicher waren, hat es Planet Explorers geschafft, das Ziel zu erreichen. Nicht geschafft haben es dagegen The Big Blue, der DUO 3D-Sensor zum Selberbauen und Bloom.
Unsere Augen können natürlich nicht überall sein. Solltet ihr also bei Kickstarter oder anderen Crowdfunding-Plattformen auf spannende, gaming-relevante Projekte stoßen, schickt uns doch bitte eine oder informiert uns via Twitter.
5 Kommentare zu “Kickstarter Fundgrube: Camelot Unchained, Infinite Space, Chasm, Risk of Rain, Gaming in Color”
Ein Trackback zu “Kickstarter Fundgrube: Camelot Unchained, Infinite Space, Chasm, Risk of Rain, Gaming in Color”
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Interessante Projekte. Camelot könnte aber knapp werden.
Das mit der 9jährigen ist wirklich absurd. Ich frage mich aber wirklich, warum Menschen überhaupt noch Geld in den Topf werfen, wenn das Ziel bereits so weit überschritten ist. Würde mir im Traum nicht einfallen.
Kickstarter wird ja weniger als Spendensystem wahrgenommen, denn als Laden für Zukunftsprodukte. Leute kaufen halt das (noch nicht erschienene) Produkt ohne darüber nachzudenken, ob die Menge an Geld und Aufmerksamkeit von den jeweiligen Leuten/Teams überhaupt sinnvoll verarbeitet werden kann.
Schon klar, aber im Fall dieses Mädchens ist das halt ziemlicher Unsinn. (Also… das Geld sei ihr gegönnt, aber letztlich geht’s eh an ihre Eltern.)
Ach, das ist doch das Ding, wo die Eltern eigentlich genug Kohle haben und ein Kickstarter gemacht haben um billigen Merch wie Kaffeebecher und Shirts zu verticken, oder?
Dass Ambient Studios dicht machen mussten ist schade. Death Inc. sah in den Videos eigentlich ganz interessant aus.