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The Cat and the Coup

Nein, The Cat and the Coup ist definitiv kein Spiel im traditionellen Sinne — es ist ein Formexperiment. Als eine schwarze Hauskatze durchstreift man einzelne Räume, um sich — in chronologisch umgekehrter Reihenfolge — wichtige Lebensstationen des kontrovers diskutierten, früheren iranischen Premierministers Dr. Mohammad Mossadegh erzählen zu lassen.

Man selbst interagiert nur sehr zaghaft: Mal muss ein Tintenfässchen umgeschmisssen werden, damit sich Mossadegh zur nächsten Tür bewegt, mal werden wütende Demonstranten angestachelt, um Wände zu durchbrechen. Diese kurzen Rätsel sind aber nicht von Interesse. Viel spannender wäre eine Diskussion über das Format des documentary videogames, wie es die Macher Peter Brinson und Kurosh ValaNejad angestrebt haben.

Rund zehn Minuten habe ich gebraucht, um den Einblick, den mir Brinson und ValaNejad gewähren, zu erhalten. Kleine Schrifttafeln erläutern mir, in welchem Jahr ich mich gerade befinde und welches Ereignis ich als Kontext im Hinterkopf behalten sollte. Die politische Geschichte Irans sowie die Biografie Mossadeghs werden so als eine Kette von miteinander verbundenen Ereignissen begehbar gemacht. Dass es sich bei Mossadegh nicht etwa um einen x-beliebigen Politiker handelt, sondern um eine der wichtigsten Schlüsselfiguren für das heutige Iran, wird schon durch die Gestaltung klar: Symbolgewaltig sind sämtliche Räume mit orientalischen Mustern und Ornamenten ausgestattet, die dem Sehverhalten der meisten westeuropäischen und amerikanischen Spielenden fremd sind. Magisch erscheint mir diese doch so fremde Kultur. Den Code kann ich nicht vollständig entschlüsseln. Eine anziehende Atmosphäre des Fremden baut sich auf. Ich will mehr wissen.

Recherchiert man näher zu Mossadegh, so werden einige Ungereimtheiten sichtbar. Seine politische wie persönliche Vergangenheit werden in The Cat and the Coup nicht thematisiert. Es wird kein Wort darüber verloren, dass er sich seinen Doktortitel in Jura mehr oder weniger erschwindelt hat. Ebenfalls wird kein Wort über seine Morddrohungen und vermutete Involvierung — wenigstens sein Mitwissertum — in tödlichen Attentaten auf politische Gegner verloren. Auch war Mossadegh, wie von den Machern behauptet, kein demokratisch gewählter Premierminister.

Der dokumentarische Charakter beruht damit auf keinem objektiven, sondern einem stark ideologischen Standpunkt. Es wäre naiv auf meine Einwände nun zu entgegnen, dass sich dieses ‘Spiel’ lediglich mit dem CIA-Coup (der Operation Ajax mit dem Ziel des politischen Untergangs von Mossadegh) auseinandersetzt. Nichtsdestotrotz ist The Cat and the Coup ein spannender und wichtiger Beitrag für die digitale Spielekultur. Den reflektierenden Spielenden wird es, ähnlich wie der grandiose Animationsfilm Persepolis, einen Aufstoß geben, sich näher mit der iranischen Geschichte und Kultur zu befassen. Hier wird ein anderes Bild vom Iran gezeichnet, fernab von der Gefahr der Islamisierung Europas, eines wahnwitzigen Mahmud Ahmadinedschads, Antiisraelismus oder lauernden Atombomben. Und wir alle, egal welche Nationalität und kulturelle Identiät wir in uns tragen, dürfen teilhaben.

tl;dr
Spiel ist natürlich automatisch megageil, denn du bist eine Katze im Iran, was willst du mehr?!

The Cat and the Coup gibt es gratis für PC und Mac über der offiziellen Webseite der Hersteller oder über Steam.

Ein Kommentar zu “The Cat and the Coup”

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