The Stanley Parable
Bei Superlevel sprechen wir unsere Leserschaft nicht direkt an. Es gibt bei jedem Medium Regeln, die festlegen, ob Leser, Hörer oder Zuschauer geduzt, gesiezt oder geihrzt werden. Bei Superlevel passiert nichts davon. Aus gutem Grund, denn das Ansprechen des Lesers ist ein zutiefst bürokratischer Akt. Schreiben über Spiele wird so zur Kaufberatung mit Konjunktiven. Ihr könntet am neuen Super Mario Spaß haben, Ihnen könnte GTA V gefallen, Du könntest Doom 3 mögen. Ich mag das nicht. Aber an dieser Stelle komme ich um ein Zwiegespräch nicht umhin. Haben Sie, liebe Leserin, lieber Leser, einmal in einem Büro gearbeitet?
„This was exactly the way, right now, that things were meant to happen. And Stanley was happy.“
Wissen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, darüber hinaus wirklich, was es heißt, ein Spiel zu spielen? Folgen Sie gerne Befehlen? Reden Sie sich am Ende damit heraus, dass Sie nur Befehlen gefolgt sind? Welche Staatsangehörigkeit haben Sie? Überhaupt, wie sehen Sie eigentlich aus? Hier ist Business-Kleidung vorgeschrieben. Gehen Sie gefälligst durch die linke Tür, nicht durch die rechte.
Hier wird gemacht, was der Erzähler sagt. Hier ist The Stanley Parable. Ein Spiel über das Büro, das Leben und vor allem ein Spiel über Spiele. Stanley geht die Treppe herunter. Also geht Stanley die Treppe herunter. Sie, liebe Leserin, lieber Leser, wollen etwas anderes? Das wird den Erzähler aber sehr zornig machen. Damit können Sie leben? Na bitte. Leben Sie damit. Oder sterben Sie.
„At last: choice!“
The Stanley Parable spielt mit seinen Enden. Gehen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, auf die Befehle des Erzählers ein? Drücken Sie den Knopf? Warum sollten Sie nicht? Schließlich ist das Drücken des Knopfes Ihr Job. Drücken des Knopfes. Subjektivierung. Ich drücke damit aus, wie schrecklich bürokratisch und beamtisch ich das finde, was ich da machen muss. Trotzdem mache ich es. Manchmal lässt mir der Erzähler auch keine andere Wahl. Die eine Tür ist mit einem Stuhl blockiert, die andere ist schlicht geschlossen und ich kann sie nicht mehr öffnen. Drücken Sie eine Taste, drücken Sie Y, die 3, drücken Sie die Enter-Taste. Völlig ohne Selbstbewusstsein drücke ich. Diese Parabel über einen gewissen Stanley ist mein Herr und Meister. Und sie führt zu einem Ende, immer. Nur: Es ist immer anders. Bin ich vielleicht doch Herr meiner Sinne? Können Sie, liebe Leserin, lieber Leser, bestimmen, was Sie tun?
„Press 3 to watch TV“
Wir sind konditionierte Spieler und Arbeiter. Wir sitzen im Büro und tippen, wir sitzen vor unseren Konsolen und drücken. Wir drücken auf Fernbedienungen. Wir drücken der Bedienung im Café Trinkgeld in die Hand und die drückt ihre Freude aus. Alles drückt. The Stanley Parable drückt. Auf mein Gemüt. Auf mein Halbwissen über Ludologie, darüber was das Spielen vom Erzählen unterscheidet. Es stellt meine Entscheidungsfreiheit in Frage, zwingt mich dazu, mir vorzustellen, dass alles was ich mache eigentlich nur ein ganz anderer von mir will. Sie, liebe Leserin, lieber Leser, sollten genau das Gleiche erleben. Es folgt eine Kaufempfehlung.
„Let me continue pushing the buttons. Please, it’s all I want!“
Ist das also meine Existenz als Spieler? Will The Stanley Parable mir sagen, dass ich nur Knöpfe drücke, indem es mir befiehlt Knöpfe zu drücken? Ganz schön flach, könnte man meinen. Aber Sie, liebe Leserin, lieber Leser, können in The Stanley Parable noch viel mehr. Achievements auf Steam bekommen beispielsweise. Oder aber, Sie machen einfach ganz genau das, was der Erzähler von Ihnen verlangt. Blühende Landschaften warten auf Sie. Spielen Sie The Stanley Parable. Die Erfahrung wird einen besseren Menschen aus Ihnen machen.