Interview mit Carlos Montero (Black Mesa)

Peter Klement (nahaufnahmen.ch und Titel-Magazin) war so freundlich, uns drei bislang unveröffentlichte Interviews mit Spiele-Entwicklern zur Verfügung zu stellen, die er Ende letzten Jahres führte.

Den Anfang macht Carlos Montero, der als Projektleiter beim Black Mesa-Projekt fungierte und die Erstellung des Remakes maßgeblich mit vorantrieb. In diesem Zusammenhang sei auch noch mal der Artikel von Rainer Sigl aus dem September 2012 empfohlen.

Wir starten am besten damit, dass du dich kurz vorstellst: Erzähl ein bisschen über dich und deine Position im Black Mesa Projekt.

Carlos Montero: Ich bin der Projektleiter des Black Mesa Projekts. So rein funktional bedeutet das, dass ich eine Menge verschiedenes Dinge im Team gemacht habe. Eigentlich so ziemlich alles: Recruiting, Webdesign, Leveldesign, Charaktererstellung, technisches Rigging und Animation. Ich hatte eine Menge Hüte auf, sozusagen.

Black Mesa ist eine Total Conversion, denn ihr habt ein existierendes Spiel auf eine neue Engine transportiert. Was für Herausforderungen bringt so etwas mit sich?

Das stimmt so nicht. Wir haben gar nichts portiert, denn wir dürfen es erstens rechtlich nicht und zweitens stehen uns die eigentlichen Quellen gar nicht zur Verfügung. Das bedeutet, dass wir die Engine von Half-life 2 genommen und auf der Basis Black Mesa von Null an aufgebaut haben.
Das bringt natürlich tonnenweise verschiedene Herausforderungen mit sich. Wir hören beispielsweise oft von Fans „Hey, warum habt ihr das geändert?“. Aber tatsächlich ist es so, dass wir das Ding eben komplett neu gebaut und sich einige Elemente ganz natürlich geändert haben. Vielleicht kamen die Änderungen im Vergleich zum Original durch das Design oder durch Notwendigkeit, es ist ziemlich schwer eine exakte Kopie von etwas zu machen, von dem du nur raten kannst, wie es im Inneren tickt.

Black Mesa ist eure Antwort auf Half-Life: Source, das nicht wirklich das Potential ausgeschöpft hat, die die neue Technologie mit sich brachte. Was hat euch dazu bewegt, ausgerechnet Half-Life auszusuchen? Das ist ein riesiges Spiel mit Massen von kleinen Script-Sequenzen und kleinen Details!

Half-Life hat, mehr als alle anderen Spiele einen unauslöschlichen Eindruck bei mir hinterlassen, sowohl als Spieler als auch als Entwickler. Es hat mir die Augen geöffnet, was Spiele erreichen können und welch umfassende Welten sie erschaffen. Und es hat auf mehrere Weisen den Startschuss für meiner Karriere als Spiele-Entwickler gegeben.

Wie habt ihr das Projekt zusammengehalten? Ich kann mit vorstellen, dass es ziemlich schwer ist, sich mit Leuten in verschiedenen Ländern mit begrenzter Freizeit zu koordinieren.

Ein großer Teil davon ein Team zusammenzuhalten ist, von Anfang das richtige Team und die richtige Teamkultur aufzubauen. Es gelang uns, eine Atmosphäre im Team zu schaffen, die jedem vermittelt hat, dass das was wir tun cool ist und Spaß macht. Und solange wir diese Stimmung im Team aufrecht erhalten konnten, haben wir eine Menge Dinge geschafft. Es gab durchaus mal Sturmwolken am Horizont, aber alles was wir gemacht haben, angefangen vom Management, über Entscheidungsprozesse, bis hin zu Kritikrunden, haben darauf abgezielt eine Umgebung zu schaffen, in der Zusammenarbeit und Spaß an dieser Kooperation im Vordergrund standen.

Gestartet seid ihr 2005, erschienen ist Black Mesa 2012. Das ist lange Zeit für ein digitales Spiel. Gab es da Situationen, in denen das Team drohte auseinanderzubrechen oder haben euch technische Probleme fast das Genick gebrochen? Wie habt ihr so etwas überstanden?

Ich muss sagen, dass unser Team zwar seine Hoch- und Tiefpunkte hatte und es auf jeden Fall auch schwierige Situationen gab, aus denen wir uns heraus manövrieren mussten. Doch es gab keine Situationen, die das Team aufgelöst oder das Projekt beendet hätten. Ich denke, unser Glaube an das Projekt hat uns alles überstehen lassen — hin und wieder musste ich die Leute eben daran erinnern, warum sie sich für das Projekt entschieden hatten und an diesen Glauben appellieren.

Hat euch Valve unterstützt, als das Projekt schon auf einem guten Weg war?

Nein, wir haben nie irgendwelche Unterstützung von Valve bekommen. Sie waren immer sehr distanziert, was ich ihnen auch nicht wirklich übel nehmen kann. Es wäre vermutlich verwirrend für die Spieler gewesen, falls Valve in das Projekt involviert gewesen wäre.

Half-Life wird oft als eines der Meisterwerke des enviromental storytelling beschrieben, aber es hat auch schon einige Jahre auf dem Buckel und seitdem ist eine Menge passiert. Habt ihr versucht, Neues in Black Mesa zu bringen, vielleicht eine Prise BioShock?

Ich bin mir sicher, dass jeder ein bisschen aus seinen ganz persönlichen Inspirationsquellen in das Spiel eingebracht hat. Wir haben auf jeden Fall dem Thema enviromental storytelling in all seinen Aspekten viel Aufmerksamkeit gewidmet. Ich kann leider nicht sagen, dass wir bestimmte Quellen für unsere Ideen hatten, aber jeder aus dem Team hat etwas dazu beigetragen, diesen Aspekt des Spiels immer im Vordergrund zu halten.

Was macht Half-Life eines Remakes würdig?

Half-Life wurde zu einer gewaltigen Inspirationsquelle für die gesamte Spielkultur und wir haben gehofft und hoffen noch immer, dass unser Remake einem komplett neuen Publikum die Chance gibt, es zeitgemäß zu erfahren und dadurch die Wurzeln aktueller Spiele besser zu verstehen. Natürlich wollten wir auch Half-Life-Fans der ersten Stunde die Chance geben, nochmal diese großartige Erfahrung zu machen.

War euer Ziel, Half-Life nachzubauen oder wolltet ihr das Original überbieten, mit besser gestalteten Levels, einem neuen Soundtrack und neuen Sprechern?

Sicher, wir wollten Half-Life auf ein neues Level heben. Wir hatten als Basis alles, was Valve in Half-Life 2 geleistet hatte. Es ist ziemlich klar zu sehen, dass sie seit 1999 unglaublich viel gelernt haben und so viel mehr mit an den Tisch brachten in Sachen Tiefgang und Spielmechanik. Wir wollten diese gelernten Lektionen in Half-Life einbauen und es dadurch besser machen.

In der Filmindustrie wandeln Filme immer auf einem schmalem Grat zwischen uninspiriertem Ripp-Off und einem Remake, das eine neue Zielgruppe erreicht. Kann Black Mesa Spieler erreichen, die mit Halo, Gears of War und Call of Duty aufgewachsen sind?

Ich denke, dass es das schon geschafft hat. Das liegt vermutlich zum großen Teil an der Masse an Spieler, die Half-Life spielen wollten, aber nie die Gelegenheit dazu hatten.

Habt ihr euch andere Projekte angesehen und eventuell sogar kontaktiert, um ein bisschen Schützenhilfe zu kriegen oder sogar jemand für Black Mesa zu rekrutieren?

Nope. Es ist ziemlich schwierig Hilfe zu bekommen, wenn niemand anderes da draußen etwas ähnlich Ambitioniertes und Wahnsinniges versucht hat wie das, was wir mit Black Mesa geschafft haben.

Was würdest du dann Leuten raten, die etwas ähnlich Ambitioniertes und Wahnsinniges wie Black Mesa versuchen wollen?

Ihr werdet eine unglaubliche Menge an Zeit, Energie und Glück brauchen. Das Beste was ihr machen könnt ist, euch darauf zu konzentrieren, das richtige Team und die richtige Atmosphäre zu schaffen. Das macht ihr idealerweise, während ihr etwas Einfaches und Kleines baut, arbeitet euch von da aus nach oben. Ihr werdet mit Sicherheit irgendwo stolpern, daher müsst ihr sicherstellen, dass ihr etwas baut, an das ihr und andere glaubt. Es ist kein leichter Weg.

Welcher Teil von Black Mesa macht dich besonders stolz?

Es gibt eine Menge Teile des Spiels, die meine Erwartungen weit übertroffen haben — vor allem, wenn man bedenkt, welche Ressourcen uns zur Verfügung standen. Doch „On a rail“ hat es mir besonders angetan: Du hast Schleimspritzer überall auf deiner Waffe, duckst dich vor den Schüssen der Soldaten weg und erwiderst das Feuer. Das schafft es immer wieder, mich total aus dem Sessel zu hauen.

Noch ein Wort zum Abschluss an die Leser?

Falls ihr es noch nicht runtergeladen habt, holt es euch und probiert es aus. Es ist raus und kostenlos.