One-Hit-Kill-Athon: Titan Souls
Vielerorts ist zu lesen, Titan Souls sei so etwas wie eine Mischung aus Dark Souls und Shadow of the Colossus. Das ist grob falsch. Ein Spiel ist nämlich nicht automatisch wie Dark Souls, nur weil es wahnsinnig schwer ist und es wird auch nicht automatisch zu Shadow of the Colossus, weil es aus einer Vielzahl verschiedener Endbosse besteht. Ein Spiel mit einer Aneinanderreihung von schweren Bossgegnern ist demnach auch nicht automatisch wie eine Mischung aus beidem. Nein, Titan Souls ist etwas Eigenständiges, Experimentelles und etwas, dessen Grundidee vermutlich nur bei einem Game Jam wie Ludum Dare entstehen konnte.
Ein Treffer: Das ist die Grundprämisse des Spiels. Nach einem Treffer stirbt der namenlose Protagonist, nach einem Treffer sterben aber auch die Bosse. Zudem hat der Spielercharakter auch nur einen Pfeil, den er werfen kann und dann erst wieder aufsammeln muss, bevor er ihn erneut einsetzen kann. Herauszufinden, wie sich ein Gegner besiegen lässt, ist eine der beiden Grundherausforderungen des Spiels. Jeder hat eine spezifische Schwachstelle, die der Spieler oft in einem bestimmten Moment treffen muss, damit das Monster das Zeitliche segnet. Die andere Herausforderung von Titan Souls besteht darin, den entscheidenden Treffer dann auch zu landen. Durchhaltevermögen ist alles, zehn bis 20 Tode beim selben Gegner sind keine Seltenheit.
Titan Souls zelebriert seine Bosskämpfe meisterlich. Jeder spielt sich grundlegend anders, jeder sieht komplett anders aus und jeder ist eine bis ins Detail geschliffene Herausforderung. Es gibt sie alle: Den Würfel mit dem Laser-Auge, den Yeti, die fleischfressende Tentakel-Pflanze. Meist hat der Spieler die Wahl, einen von mehreren Bossen anzugehen – wer also an einer Stelle hängen bleibt, kann auch einfach an anderer weitermachen. Darüber hinaus muss nicht jeder Gegner besiegt werden – einige sind optional.
Das Spiel tut wirklich gut daran, seine Bossgegner monumental in Szene zu setzen. Zwischen ihnen ist nämlich so gut wie nichts. Gähnende Leere, die den geistigen Blick des Spielers wohl auf das Wesentliche lenken soll: die Bossgegner eben. Das Problem: Spannung kommt so nicht wirklich auf. Stattdessen präsentiert Entwickler Acid Nerve sein Spiel als ein stetes Auf und Ab. Titan Souls hat eben keinen Spannungsbogen. Würde ich versuchen, doch einen zu zeichnen, würde er vermutlich aussehen, wie die Skyline einer amerikanischen Großstadt. Aufregung, Frustration und gähnende Leere wechseln sich ab, es geht hoch und wieder runter, hoch und wieder runter — immer wieder. Zugegeben: Wenn einer der Bosse sich nach dem gefühlt 324. Anlauf doch endlich in Luft auflöst, ist das ein fantastisches Glücksgefühl. Der Weg da hin ist aber so steinig, hart und mühevoll, dass der Durchschnittsspieler geneigt ist, nicht nur sein Gamepad durch den Bildschirm zu werfen, sondern auch gleich das Spiel zu deinstallieren und sich per Hypnose einreden zu lassen, es hätte nie existiert.
Titan Souls spielt irgendwo im Nirgendwo. Die Spielwelt wirkt seltsam entrückt, ja friedlich und bedrohlich gleichzeitig. Das Spiel fühlt sich pur an, perfekt für das, was es sein will, rein im Herzen, ehrlich und elegant. Titan Souls verspricht nicht, ein großes, episches Abenteuer zu sein. Titan Souls verspricht Bosskämpfe. Und die hat es. Trotzdem hätte es meinen Geduldsfaden noch ein bisschen besser stabilisieren können. Das wäre nicht kompliziert gewesen. Gefreut hätte ich mich etwa, wenn ich nach einem meiner zahllosen Tode die Möglichkeit gehabt hätte, den selben Boss direkt auf Knopfdruck noch einmal zu probieren. Stattdessen lande ich bei einem Speicherpunkt, muss erneut zum Boss laufen und ihn aus seinem Schlaf wecken. Manchmal dauert es dann keine drei Sekunden bis ich erneut ins Gras beiße und den Weg noch einmal antreten muss – bei komplizierteren Gegnern bin ich so unterm Strich mehr mit Herumlaufen als mit Kämpfen beschäftigt.
Eine eindeutige Empfehlung oder ein eindeutiges Abraten – beides kann es bei Titan Souls nicht geben. Klar, das Spiel sieht wunderschön aus, die Bosse sind toll animiert und es trägt ein einzigartiges Konzept mit Stolz vor sich her. Es richtet sich trotzdem nur an ein sehr spezifisches Klientel: eine Art Schnittmenge aus Indie-Liebhabern, Speedrunnern, Masochisten und Menschen, für die Videospiele ein Sport sind. Solche, die keine große Geschichte benötigen, die an purer, reiner Mechanik interessiert sind. Die ihre Reflexe und ihre Geduld trainieren wollen. Die damit leben können, dass Titan Souls einem starren Konzept folgt, nie von seiner Linie abweicht, gnadenlos herausfordert und nicht bereit ist, einen Millimeter nachzugeben.
Ich habe bisher nur ganz kurz reingespielt und mir ging’s direkt auf die Nerven, nach dem Ableben wieder beim Speicherpunkt zu starten. Das ist vollkommen unnötige Frustration und ich hoffe, die patchen das nach.
Als ich das erste mal von Titan Souls gehört hatte, und auch noch nach der Demo, dachte ich mir “Wow, coole Idee”. Das wurde dann leider zu “Hm, überhaupt nicht durchdachte Idee”.
Es reicht eben leider doch nicht, einfach nur einen interessanten Aspekt aus einem Bosskampf zu nehmen, wenn alle anderen Elemente, die Bosskämpfe zu etwas besonderem machen, fehlen – sei es besonders spaßig, befriedigend oder auch frustrierend.
Es gibt hier eben weder eine mechanische noch eine erzählerische Klimax, die zum Bosskampf führt. Keine Geschichte, in die die Gegner eingebettet sind. Sie stehen einfach unmotiviert in der Gegen rum :P
Auch kein Lernen von Techniken die dann alle im Bosskampf abgefragt werden, sondern nur lernen für den Boss selbst. Und im Kampf gibt es dann auch kein richtiges Abtasten und Kennenlernen.
Da kommt für mich keine Stimmung auf. So nervig Bosse in manchen Spielen sind, so einfach aufs wesentliche reduzieren kann man es halt auch nicht.
Und dann noch das ewige Laufen durch leere Gebiete nachdem man es mal wieder nicht geschafft hat.
Schade :(
“Wenn einer der Bosse sich nach dem gefühlt 324. Anlauf doch endlich in Luft auflöst, ist das ein fantastisches Glücksgefühl.”
Nein. Dann ist man bereits seelisch vollkommen tot und fühlt gar nichts. Spreche aus eigener Erfahrung.
Drecksspiel.
” Es richtet sich trotzdem nur an ein sehr spezifisches Klientel: eine Art Schnittmenge aus Indie-Liebhabern, Speedrunnern, Masochisten und Menschen, für die Videospiele ein Sport sind.”
Damit gehe ich d’accord. Ich habe trotzdem etwas mehr Inhalt erwartet…
Glücklicherweise erscheint dieses Jahr auch “Hyper Light Drifter”:
http://www.heart-machine.com/
HLD sieht sooo verdammt gut aus. <3
Ey! Warum wird hier mit keinem Wort die wunderschöne Musik des Spiels erwähnt? :