Superlevel » action http://superlevel.de Wed, 14 Nov 2012 15:02:38 +0000 de hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.3.1 Superlevel no © superlevel.de Superlevel » action http://superlevel.rip/wp-content/plugins/powerpress/rss_default.jpg http://superlevel.de Dishonored http://superlevel.rip/spiele/dishonored http://superlevel.rip/spiele/dishonored#comments Mon, 29 Oct 2012 08:04:51 +0000 Daniel http://superlevel.rip/?p=51234

Gebeutelt von jährlichen Neuauflagen beliebter Rasenballspiele, gegängelt von den immer gleichen Militärschießbuden und verwirrt durch den nicht totzukriegenden Landschaftssimulator erreichte mich am 7. Juli 2011 eine verheißungsvolle Nachricht: Die bisher eher mittelerfolgreichen Arkane Studios stellten ihr neues Spiel vor. Es sollte auf den Namen Dishonored hören und entstand unter der Mithilfe von Harvey Smith (Deus Ex) und Viktor Antonov (Half Life 2).

Der Stil der ersten Konzeptzeichnungen ließ einen orwellschen Unterdrückungsstaat erahnen, in dem man als entehrter Auftragsmörder unterwegs sein sollte. Mein Interesse war geweckt und stieg mit jedem veröffentlichten Bild und jedem Satz, den die Macher über die Welt verloren. Eine Stadt, die dem London des späten 19. Jahrhunderts nachempfunden war, eine Industrie, die mit Wal-Öl betrieben wurde, und dazu noch Okkultismus und Magie. Das klang wie Musik in meinen Ohren. Neben dem Schauplatz sollte auch das Spielerische stimmen und warb mit freien Entscheidungen und vielen Handlungsmöglichkeiten für mein ganz individuelles Abenteuer.

Bei solchen Ankündigungen war für mich eine Enttäuschung vorprogrammiert. Ich ging auf Tauchstation, wollte nichts mehr über das Spiel hören oder sehen, bis es wirklich in meinen skeptischen Händen läge. Heute, etwas mehr als ein Jahr nach seiner Ankündigung, steckt der Datenträger von Dishonored schon gute zehn Stunden in meiner PS3 und ich bin mir nicht sicher, ob ich zufrieden oder enttäuscht sein soll. Aber beginnen wir am Anfang:

http://www.youtube.com/watch?v=XMCzCvR-O8M

Dishonored führt den Spieler mit einem klassischen Trick in seine Welt ein: Ebenso wie Gordon Freeman mit der Bahn nach Black Mesa und später nach City 17 einreist, oder Jack in Bioshock mit der Tauchkapsel nach Rapture gelangt, wird der Titelheld Corvo den Fluss der Stadt Dunwall hinauf gefahren und bekommt so eine Vorahnung von der Welt, in die er gleich eintreten wird. Große Tanker, beladen mit dem Kadaver eines Wales, gleiten vorbei und geben den Blick auf die Skyline der Stadt frei. Nur schwer bahnt sich die Sonne einen Weg durch den von Nebel und Rauchschwaden verhangenen Himmel und beleuchtet den Palast der Kaiserin. Corvo steht als Leibwächter in ihrem Dienst und zusammen mit ihm kehrt auch der Spieler von einer längeren Reise zurück. Kaum an Land, wird die Kaiserin ermordet, ihre Tochter gefangengenommen und Corvo für beide Taten verantwortlich gemacht. Es folgen die titelgebende Entehrung, Folter, das Gefängnis, die Flucht, der Wunsch nach Rache und Gerechtigkeit und damit das eigentliche Spiel.

Eines der großen Aushängeschilder von Dishonored ist die Wahlfreiheit bezüglich der eigenen Spielweise. In erster Linie ist Corvo ein geheimer Schleicher, der von Schatten zu Schatten huscht und Gegner lautlos, am besten aber gar nicht, ausschaltet. Immer dem Weg des geringsten Widerstands folgend, geht es lieber durch Abwasserrohre und über Dächer, als durch die stark bewachte Vordertür. Mit dieser Technik tat ich mich allerdings zu Anfang sehr schwer. Die Sichtlinien der Gegner sind nicht eindeutig einzuschätzen und so liefen die Wachen mal pfeifend an mir vorbei, während ich einen halben Meter neben ihnen unter einem Tisch saß und erspähten mich kurz darauf aus einer halben Meile Entfernung, weil mein kleiner Zeh hinter dem Türrahmen hervorlugte. Aber auch gegen dieses Phänomen wollte Dishonored gewappnet sein. Wird man entdeckt, so ist der Kampf eine erfolgsversprechende Möglichkeit, das Spiel fortzusetzen.

Corvo ist dank eines üppigen Waffenarsenals und einigen mächtigen Zauberfähigkeiten in der Lage, nicht nur einen Gegner, sondern auch gerne mal ein halbes Dutzend durch direkte Konfrontation auszuschalten. Während andere Schleichspiele den kleinsten Fehler gnadenlos bestrafen, lässt einem Dishonored die Wahl: Lieber den letzten Spielstand laden und es erneut probieren oder aber mit der Klinge voran in den Kampf schreiten und die Schleicherei aufgeben. Beide Vorgehensweisen werden von den vorhandenen Spielelementen gleichermaßen unterstützt. Es gibt genügend Munition und aktive Fähigkeiten für ein aggressives Vorgehen und ebenso ausreichend viele Hintereingänge und passive Talente für einen pazifistischen Spielstil.

Damit bin ich bei den Problemen von Dishonored angelangt. Es bietet dem Spieler alle Möglichkeiten, sich frei zu entfalten, hebt dann aber immer wieder den Zeigefinger und ermahnt zu bedächtigem Handeln. Die Stadt Dunwall wird von der Pest heimgesucht. Ratten bevölkern die Straßen, nagen an Leichen und verbreiten die tödlichen Krankheitserreger. Wer sich ansteckt, der wird zu einem lebenden Toten und schlurft stöhnend durch die feuchten Gassen der Stadt. Mehr Tote führen zu mehr Futter für die Ratten und somit zu mehr Ratten, die mehr Erreger verbreiten und damit ultimativ zu noch mehr Toten. Je mehr Wachen ich also ermordete, umso schlechter ging es der gesamten Stadt. Die Entscheidung für mehr Gewalt sorgt zum Schluss gar für zwei unterschiedliche Enden des Spiels.

http://www.youtube.com/watch?v=bKnqBSgxZec

Damit übergaben die Entwickler mir ein moralisches Dilemma. Die Schleicherei war spaßig umgesetzt, erforderte aber mehr Geduld und lieferte wenig spektakuläre Ergebnisse. Die Kämpfe dagegen waren effizient und sorgten für schnelle Resultate bei maximalem Unterhaltungswert. Mein Arsenal aus Armbrust, Handgranaten, Sprungklingen, magischen Windstößen und herbeigezauberten Ratten wollte doch eingesetzt werden und nicht das gesamte Spiel über in meinem Rucksack verstauben. Von dem wiederkehrenden Hinweis gegängelt, dass meine Handlungen Konsequenzen nach sich zögen, konnte ich mich mit meinem Gewissen darauf einigen, möglichst wenig Chaos anzurichten, wenn es aber nicht zu vermeiden sei, ordentlich auf den Putz zu hauen. Diese Taktik führte schließlich dazu, dass ich manche Level nur von den Dächern der angrenzenden Häuser betrachtete, weil sie mir einen eleganten und kampflosen Zugriff auf meine Ziele ermöglichten. An anderen Stellen gab ich die Schleicherei dagegen schnell auf und meuchelte mir meinen Weg frei.

Manchmal versuchte ich auch, beides zu kombinieren und rannte mordend durch die wunderschönen Bauwerke der heruntergekommenen Hafenstadt. Dabei fiel mir auf, dass die Wachen eine sehr entscheidende Gedächtnislücke besaßen. Die zwei bis drei Häuserblocks großen Level werden durch Ladesequenzen voneinander abgetrennt. Wird man in der einen Zone von schreienden Gegnern verfolgt und flieht ebenso schreiend zum nächsten Ladebildschirm, so geben die Verfolger ihre Jagd schlagartig auf und vergessen, dass je ein Eindringling existiert hat. Gerade in den späteren Missionen ließen sich so ganze Sicherheitszonen mit Wachtürmen und zweistelligem Sicherheitspersonal problemlos überrennen. Darunter litt meine Motivation zum vorsichtigen Anschleichen erheblich.

Dishonored wollte mich also durch moralische Kniffe in eine defensive Spielart drängen, die mich dank unberechenbarer KI ebenso belastete wie belustigte. Die Idee, dem Spieler einen großen Werkzeugkasten hinzustellen, aus dem er sich dann seine präferierten Instrumente herausnehmen konnte, ging so nicht gänzlich auf. Trotzdem war ich vom Spiel gefangen. Nicht von der Geschichte, die sich eine gähnend langweilige Wendung erlaubt und mit einem abrupten Ende aufwartet. Auch hier wurde sehr viel Potenzial verschenkt. Potenzial, welches die Welt in Tonnen bietet. Denn in diesem Aspekt kommt Dishonored fast an seine Brüder im Geiste – Bioshock, Half Life 2, Thief und Deus Ex – heran.

Dunwall kann sich als Stadt mit Rapture messen und verströmt den gleichen Charme vergangener Zeiten. Diese Stadt fühlt sich an, als hätten wirklich mal Menschen in ihr gelebt, die nun von der Pest dahingerafft werden. Die obligatorischen Tonaufnahmen und Tagebucheinträge in den verlassenen Häusern sind verbrauchte Ideen, helfen aber, eine melancholische Atmosphäre aufzubauen. Über den Fluss erreicht man die meisten seiner Ziele und während der Fahrten kann man am Horizont die besuchten und noch vor einem liegenden Level erahnen: eine imposante Brücke, die dampfenden Schlote einer Fabrik und dann das Schloss der ermordeten Kaiserin auf einer steilen Klippe. Dunwall ist ein Ort, an den ich gerne noch einmal zurückkehren würde.

Man merkt der künstlichen Welt in jedem Detail an, dass die Entwickler mit großer Liebe und Begeisterung an ihrer Erschaffung gearbeitet haben. Eine ganze Reihe von thematischen Untertönen wurde verstreut und reichen vom offensichtlichen Überwachungsstaat mit seinen permanenten Durchsagen und Straßenkontrollen über den Walfang als Industriemotor bis zur Diskriminierung von Frauen. Leider wirkt diese Zusammenstellung aber nie ganz konsistent und wird immer nur beiläufig aufgegriffen. Dem weniger aufmerksamen Spieler werden viele interessante Details entgehen, während er sich mit dem zentralen aber eindimensionalen Erzählstrang abmüht.

Die in sich abgeschlossene Geschichte erlaubt eigentlich keine direkte Fortsetzung, aber der angekündigte DLC lässt erahnen, dass die Arkane Studios ihre neue Marke noch in viele Richtungen erweitern können. Dann vielleicht auch mit einem sprechenden Protagonisten, denn der stumme Corvo blieb hinter seiner mechanischen Maske leider viel zu blass. Blass vor Angst schauten mich auch die Gegner zu Beginn meines zweiten Durchgangs an, als ich endgültig alle Hemmungen fallen ließ und wie ein Berserker über sie herfiel. Wusstet ihr, dass man elektrische Barrieren umprogrammieren kann und angelockte Gegner darin anschließend zu Staub zerfallen? Tja, solche Bilder bekommen pazifistische Veganer-Emo-Schleicher nicht zu sehen.

Dishonored ist für die Xbox 360, Playstation 3 und den PC erhältlich. Mehr Informationen gibt es auf der offiziellen Webseite.
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Rocketbirds: Hardboiled Chicken http://superlevel.rip/spiele/rocketbirds-hardboiled-chicken http://superlevel.rip/spiele/rocketbirds-hardboiled-chicken#comments Sat, 27 Oct 2012 12:04:24 +0000 Dennis http://superlevel.rip/?p=51104

Diktaktor Putzki hat die Welt im Griff. Seine Luftschiffe lassen Bomben auf Zivilisten regnen, während seine Stoßtruppen systematisch den letzten Widerstand ausrotten. Die einzige Hoffnung ist: Ein Kampfhuhn mit Raketenrucksack. Im Plattformer Rocketbirds: Hardboiled Chicken muss ein Guerilla-Huhn irgendwo zwischen Rambo und John McLane ein Imperium faschistoider Pinguine in die Knie zwingen.

http://www.youtube.com/watch?v=dNy0_jbdljI

Rocketbirds ist ein butterweich animierter, cinematischer Plattformer im Stil von Flashback oder Another World, bloß mit deutlich mehr Morden an bewaffneten Seevölgen. Was es besonders macht, ist die Kooperation mit der Band New World Revolution, die für die gesamte Musik im Spiel verantwortlich ist.

Wenn das Raketenhuhn in der Luft gegen mächtige Zeppeline kämpft und dazu die Songzeile “I wanna be a robot, made out of chrome” mit einer breiten Gitarrenwand und heulenden Synthesizern erklingt, dann wirkt das sehr kurz unfreiwilig komisch. Und dann wollte ich es nicht mehr missen. Der Soundtrack verleiht dem nicht besonders spannenden Gameplay aus Codekartensammeln, Kistenschieben und Dauerfeuern eine lebenswichtige Komponente.

Die Ernsthaftigkeit, mit der New World Revolution ihre Songs über Roboter und Jetpacks vortragen, passt perfekt zum absurden Szenario eines Krieges gegen Nazipinguine. Der Einfluss der Band auf das Spiel geht sogar so weit, dass die Geschichte um die verlorene Kindheit der Rocketbirds von Zeit zu Zeit berührend wirkt. Zumindest so lange, bis man wieder einen nichtsahnenden Söldner per Hypnosekäfer zum Suizid zwingt.

Für einige mag Rocketbirds übrigens vertraut klingen. Es handelt sich hier nämlich um ein erweitertes Remake der Flash-Version. Dazugekommen ist eine unterhaltsame Koop-Kampagane (lokal und online) für zwei Spieler über eine Spatzenspezialeinheit, die die Tochter des Präsidenten retten muss (fragt nicht) und Jetpack-Kämpfe gegen die Luftschiffflotte der Pinguine. Das alles spielt sich sowohl mit Gamepad als auch mit Tastatur und Maus weitaus flüssiger als die Flash-Version, auch wenn sich die Steuerung nie wirklich präzise anfühlt. Vor allem in schnellen Action-Sequenzen führt das zu verfehlten Sprüngen und wiederholten Toden.

Sich daran aufzuhängen hieße aber, das Faszinierende an Rocketbirds zu übersehen. Wer einen präzisen Plattformer spielen will, hat genug Alternativen. Die Art wie Musik und Spiel hier verknüpft werden, macht Rocketbirds aber zu einer beeindruckenden Erfahrung.

http://www.youtube.com/watch?v=e9cKLmDaGxU

Rocketbirds: Hardboiled Chicken gibt es über Steam für PC und im Playstation Store für PS3 für 7,99€. Mehr Infos und die Flash-Version gibt es auf der offiziellen Webseite.
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Hotline Miami http://superlevel.rip/spiele/hotline-miami http://superlevel.rip/spiele/hotline-miami#comments Wed, 24 Oct 2012 08:07:28 +0000 Dennis http://superlevel.rip/?p=51013

Der schwedische Spielemacher Cactus hat sein erstes, kommerzielles Spiel veröffentlicht und es könnte zu dem Spiel werden, das seinen Ruf als genialer Outsider-Entwickler zementiert. Hotline Miami ist eine Art Ur-GTA, dessen pixelige Vogelperspektive einen irrsinnig brutalen Feldzug gegen die Drogenmafia im Miami der 80er zeigt. Hotline Miami ist das verstörende Manifest eines Entwicklers, der beinahe in Vergessenheit geraten wäre.

http://www.youtube.com/watch?v=DqpZMsZBdNQ

Cactus hat sein erstes kommerzielles Spiel veröffentlicht und es könnte zu dem Spiel werden, das symptomatisch für den deprimierenden Status Quo in Videospielkultur steht. Es ist ein Spiel, in dem ein Auftragskiller in Tiermaske mordend durch Apartmentgebäude zieht und seine Gegner erst mit einer Brechstange zu Krüppeln schlägt und ihnen dann für Bonuspunkte den Nacken bricht. Währenddessen feiern Journalisten und Indie-Fans auf Twitter das Spiel post-ironisch als den mörderischsten Mördersimulator aller Zeiten. Kein Wort davon, wie angewidert sie waren von der grellen, geschmack- und sinnlosen Brutalität, mit der Spiele wie The Last of Us auf der diesjährigen E3 angepriesen wurden. Für Cactus und seinen Partner, den Punksänger Dennis Wedin, ist Hotline Miami ein Segen. Es ist der Durchbruch in die A-Liga der Indie-Szene.

Vor der Veröffentlichung war Cactus am Rande des Bankrotts. Ein Mäzen aus Kanada, der seine sonderbaren Spieleprojekte über die Jahre finanziell unterstützt hat, strich ihm das Geld. Die Entwicklung seines mit einem IGF-Award ausgezeichneten, abstrakten Puzzlespiels Tuning dagegen kam nicht voran. Auf mehr kommerzielle Projekte hatte Cactus keine Lust. Der Versuch, kompromisslos verstörende Spiele zu machen über masturbierende Jäger und nackte Männer, die glauben sie seien Rennautos, schien gescheitert. Hotline Miami ist nun die Rettung für Cactus. Es ist das Spiel, das für Wedin und ihn weitere Projekte ermöglichen wird. Bloß ein bitterer Nachgeschmack bleibt. Hotline Miami scheint wenig gemein zu haben mit den abstrakten, herausfordernden Experimenten, für die Cactus berühmt geworden ist. Fast könnte man Hotline Miami als bitteren, zynischen Witz vom schwedischen Entwicklerduo lesen: Jahrelang hat Cactus an verrückten Spiele-Experimenten gearbeitet, er hat Kritikerlob eingefahren, nur seine Miete, die konnte er nicht bezahlen. Kaum akzeptiert er, dass Spieler Blut und Mord und Exekutionen für Bonuspunkte wollen, kommt auch das Geld.

Hotline Miami ist der mörderischste Mördersimulator aller Zeiten. Es ist das Super Meat Boy der Mordsimulatoren: Ein ultrabrutales, schnelles, unglaublich intensives Erlebnis von tödlichen Nahkämpfen in kürzester Zeit. In jedem Level steht der Anti-Held des Spiels, ein gewissenloser Killer mit Tiermaske, unbewaffnet vor dem Eingang zu einem Versteck von schwer bewaffneten Mafiosi in weißen Anzügen. Außer dem Protagonisten darf niemand das Gebäude lebend verlassen. Reihenweise Mafiosi umbringen klingt nicht nach einem besonders spannenden Spiel, es ist aber die Art, wie Hotline Miami die Morde inszeniert, die beeindruckt. Nur ein, zwei Treffer und der Tiermaskenmörder liegt tot am Boden. Jeder Kampf, jeder unmenschliche Gewaltakt im Spiel muss daher vom ersten Messerwurf bis hin zum letzten Tritt in die Rippen durchdacht werden. Man beobachtet jeden Raum raubtierhaft und muss auf den perfekten Moment warten, um zuzuschlagen. Dann bricht alles in blutige Gewalt aus.

Anders gesagt: Hotline Miami ist Billard mit virtuellen Opfern. Du sagst an, wie die Gegner im nächsten Raum sterben sollen und machst deine Vorhersage wahr: Dann schmettert der Held einem Mafiakiller die Tür ins Gesicht, wirft die Metallstange dem nächsten in den Nacken und ersticht den dritten Mann im Raum mit dem Messer, das der erste Gegner hat fallen lassen. Dann entweicht die Anspannung der letzten fünf Minuten schlagartig und man merkt, wie intensiv und heftig der Kampf war. Dabei lässt Hotline Miami nie nach. Der Synthesizer-Soundtrack treibt immer weiter zum nächsten Mord und der Neustart jedes Levels folgt schnell auf jedes Versagen. Hotline Miami hält nie still, es wackelt, es wimmert, es blutet und schreit nach mehr Mord, mehr Gewalt, mehr Punkten. Es ist ein Mahlstrom der Gewalt und es ist großartig in seiner Unbarmherzigkeit.

Hotline Miami ist ‘Drive: Die Fahrstuhlszene: Das Spiel’ und wirft als solches eine ganze Reihe Fragen auf. In Drive, das Cactus als Inspiration für sein Spiel zitiert hat, verliebt sich ein fast autistischer Ryan Gosling als Fluchtwagenfahrer in eine alleinerziehende Mutter, bis ein Gangsterboss ihn zu erschreckenden Gewalttaten drängt. Die vielleicht verstörendste Szene im gesamten Film passiert, als der Fahrer einen auf ihn angesetzten Killer im Fahrstuhl erst totschlägt und dann solange auf ihn eintritt, bis kaum etwas vom Mann übrig bleibt. Die Szene schockiert, weil der Film vorher kaum Gewalttaten von solchem Ausmaß gezeigt hat. Es ist der Kontrast, der hier Wirkung zeigt. Hotline Miami hat keinen Kontrast. Es hält die Intensität der Fahrstuhlszene über das gesamte Spiel. Ich habe im Vorfeld der Veröffentlichung befürchtet, dass sich die Gewalt abnutzt (selbst wenn die fordernden Spielmechaniken interessant bleiben).

http://www.youtube.com/watch?v=UgXM7ivgYTo

Aber etwas anderes ist der Fall. Cactus und Wedin haben es geschafft, ein Spiel zu entwerfen, das gleichzeitig Gewalt als Spielmechanik feiert und sie als abstoßend darstellt. Eine Stunde mit Hotline Miami gleicht einer Fahrstuhlfahrt mit Ryan Gosling. Man tritt vom Spiel weg und fühlt sich krank und überwältigt. Wie auch in anderen Spielen von Cactus schweift das Bild im Spiel langsam hin und her, es kommt nie zur Ruhe und desorientiert Spieler nach und nach. Die schnellen Schnitte zwischen Tod und Neustart erzeugen einen ganz eigenen Rhythmus, der am besten mit sich wiederholenden Tritten in die Magengrube beschrieben werden kann, und die pulsierende Musik mit Tracks u.a. von M.O.O.N. und Jasper Byrne trägt weiter zum Schwindelgefühl bei. Je länger das Spiel andauert (und wirklich lange dauert es nicht), desto klarer wird, dass das ständige Morden Spuren am Protagonisten hinterlässt. Es kommt vermehrt zu Filmrissen und lynchesken Traumsequenzen, die nur durch gnadenlose Gewalt aufgebrochen werden.

Hotline Miami ist kein schönes Spiel. Es ist gleichsam abstoßend und faszinierend — und das ist vielleicht die größte Leistung, die Cactus und Wedin hier erbracht haben. In der Form eines kommerziellen Mordsimulators sind sie sich ihrer kompromisslosen Punk-Entwickler-Wurzeln treugeblieben.

Hotline Miami gibt es ab sofort für Steam, GOG und auf allen anderen Plattformen, die damit blutige Morde gutheißen. Wir verlosen unter allen Kommentaren, die uns erklären, welche Tiermaske sie sich am liebsten für unliebsame Arbeit anziehen würden, einen Steam-Key. Kaum Informationen, dafür aber eine Menge begeisterter Kritikerstimmen gibt es auf der offiziellen Webseite.
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Chivalry vs. The War of the Roses http://superlevel.rip/spiele/chivalry-vs-the-war-of-the-roses http://superlevel.rip/spiele/chivalry-vs-the-war-of-the-roses#comments Fri, 19 Oct 2012 07:33:20 +0000 Dennis http://superlevel.rip/?p=50835

Vor kurzem sprach ich begeistert darüber, was für ein herrliches Erlebnis es sei, sich am Klassenkampf in Fatsharks War of the Roses zu beteiligen. Wie befriedigend es ist, einen Ritter von seinem prächtigen Schlachtross zu stoßen und ihn dann als unwürdiger Bauer mit einer Keule methodisch in den Boden zu rammen. Bis jetzt war War of the Roses das einzige aktuelle Mittelalter-Schlachtfest, nun gibt es aber einen neuen Herausforderer: Chivalry: Medieval Warfare wetzt rostige Schwerter und macht vulgäre Gesten in Richtung Rosenkrieg. Wer wird die Gunst der Prinzessin gewinnen? Wer darf den Hofnarr enthaupten? Es gibt nur einen Weg, es rauszufinden.

http://www.youtube.com/watch?v=Maq08tanRqA

Das Wichtigste zuerst: Sowohl War of the Roses als auch Chivalry sind Multiplayer-Nahkampf-Gemetzel in einem Mittelalter-Szenario mit Bögen, Schwertern und sonstigen Hieb- und Stichwaffen. Beide Spiele sind dreckig, blutig, gemein und das Chatfenster ist in beiden Fällen voll von schlechten Verlierern, die sich lauthals über ihre abgetrennten Extremitäten beschweren. Ihre Eigenheiten liegen in zwei sehr unterschiedlichen Design-Ansätzen, die tiefer gehen, als der offensichtliche Unterschied von Third-Person-Perspektive in War of the Roses und Egoperspektive in Chivalry. War of the Roses entspricht einem Battlefield im Mittelalter und Chivalry erinnert an ein ritterliches Call of Duty.

Das Erste, was jedem neuen Spieler in War of the Roses zustoßen wird, ist ein Zweihänder in den Magen, geführt von einem Ritter in Plattenrüstung. Und die nächsten Stunden wird sich das wahrscheinlich nicht ändern. Das liegt nicht etwa am verbreiteten Irrglauben, Zweihänder wären übermächtig, sondern daran, dass War of the Roses ein komplexer Bastard von einem Spiel ist. Der Nahkampf besteht aus unterschiedlichen Schlägen, die allesamt mit Mausbewegungen ausgeführt werden, unterschiedliche Arten an Schaden zufügen und auf unterschiedliche Arten von Rüstung unterschiedlich reagieren bzw. unterschiedlich geblockt werden müssen.

Bis man lernt, dass ein Schwertstreich gegen eine Plattenrüstung nichts ausrichtet und man mit stumpfen Schlagwaffen besser beraten ist (es sei denn, man kämpft gegen leichtgepanzerte Gegner), vergeht erstaunlich viel Zeit und so manches Leben. Das wird nicht gerade dadurch begünstigt, dass jeder einzelne Ausrüstungsgegenstand von Toldeo-Stahl für die neue Hellebarde zum Griff für das Kurzschwert mit Erfahrungspunkten und Gold freigeschaltet wird. Festgelegte Charakterklassen gibt es nicht. Jeder Spieler definiert seinen Charakter über individuell ausgewählte Ausrüstung und Fähigkeiten. Ein Bogenschütze kann also auch in Plattenrüstung kämpfen und ein niederer Bauer mit einem edlen Langschwert Köpfe von Hälsen trennen. Wer in den Online-Schlachtfesten aber versagt, bekommt kein Gold, kaum Erfahrungspunke, kann weniger freischalten und lernt weniger über neue Spielelemente.

War of the Roses entfaltet sein Potenzial, wenn man erst einmal verstanden hat, wie der Kampf funktioniert. Es ist ein Gemetzel, in dem jede Waffe vom Dolch bis zum Langbogen seinen Sinn hat. Der Schwertkampf ist spannend, Duelle können sich über Minuten ziehen, famose Heldentaten sind durch Waffenmeisterschaft möglich — selbt wenn die Ziele in den Multiplayer-Partien nur daraus bestehen, wie in Battlefield bestimmte Punkte in leblosen Dörfern und Burgen einzunehmen.

http://www.youtube.com/watch?v=uIieSwo6jDQ

Chivalry dagegen versucht den Einstieg einfacher zu machen. Die Karten sind kompakter und statt freier Waffenwahl gibt es vier vorgegebene Klassen, die den Spielstil bestimmen. Um Feinjustierung kümmert sich Chivalry nicht. Talente oder Schwertgriffe lassen sich hier nicht auswählen. Jeder Charakter bekommt die Waffe seiner Wahl in die Hand gedrückt und darf sich in den Nahkampf stürzen. Auch verschiedene Schadensarten oder auf sonstiges neumodisches Zeug wurde bei Chivalry verzichtet. Das Kampfmodell orientiert sich eher an Dark Messiah of Might & Magic als am simulationslastigeren Mount & Blade. Gegner können mit einem Tritt in Stachelgruben befördert werden und Schwertschwünge lassen sich mit Sprüngen ausweichen.

Die Eigenheiten der einzelnen Waffentypen machen den Einstieg zwar auch hier etwas schwierig, aber bei weitem nicht so überfordernd wie beim Rosenkrieg. Und noch etwas hat Chivalry der schwedischen Konkurrenz voraus: Es hat abwechslungsreichere Ziele im Mehrspieler-Modus vorzuweisen. Auch hier gibt es Kämpfe um Kontrollpunkte, gleichzeitig aber auch einen Belagerungsmodus, in dem jede Seite verschiedene Ziele, wie das Aufbrechen eines Tores oder das Anzünden eines Signalfeuers, erreichen muss.

Trotz der simplen Missionziele und dem schweren Einstieg muss ich meine Gunst und mein parfürmiertes Taschentuch an War of the Roses geben. War of the Roses ist ein Spiel, das fordert und oft auch frustriert. Es ist aber die Tiefe, die im Design des Nahkampfs steckt, die Komplexität, von Trefferzonen, Schadensmodellen und unterschiedlichen Rüstungen, die mich immer wieder ins Spiel zurückziehen. Ich möchte Strategien entwickeln, Waffenkombination ausprobieren, meinen Kampfstil perfektionieren. Chivalry ist perfekter Schlachtspaß, War of the Roses hingegen das schlicht besser durchdachte Spiel.


War of the Roses gibt es über Steam und jeden anderen erdenklichen Online-Shop für Fußvolk verachtende 29,99€. Chivalry: Medieval Warfare kann man direkt beim Entwickler und über Steam für 22,99€ beziehen.
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Retro City Rampage http://superlevel.rip/spiele/retro-city-rampage http://superlevel.rip/spiele/retro-city-rampage#comments Wed, 17 Oct 2012 14:04:56 +0000 Fabu http://superlevel.rip/?p=50563

Wir schreiben das Jahr 2002. Der kanadische Spieleentwickler und Tüftler Brian Provinciano fasst den verwegenen Plan, GTA III in abgespeckter Form und um eine Dimension gekürzt für das Nintendo Entertainment System zu kreieren. Um das GTA- Tribut Grand Theftendo aber überhaupt in Angriff nehmen zu können, muss sich Provinciano erst ein eigenes SDK – bestehend aus Hard- und Software – basteln. Das tat er dann auch und begann mit der Arbeit.

Die Jahre vergingen, und nachdem das 8Bit-Demake über die Möglichkeiten des NES hinauswuchs, entschied sich Brian Provinciano schließlich dafür, Grand Theftendo in Retro City Rampage umzubenennen und auf dem PC fortzuführen. 2009 gründerte der Kandadier schließlich das kleine Indiestudio Vblank Entertainment und arbeitete seitdem Vollzeit an dem Titel. Vor wenigen Tagen war es nun so weit und Retro City Rampage wurde auf die Menschheit losgelassen. Feuer frei!

http://www.youtube.com/watch?v=Hv0O6oHeVzE

Aber um was genau handelt es sich bei Retro City Rampage eigentlich? Der Kern des Spiels erinnert weiterhin stark an das klassische Grand Theft Auto (Teil 1 und 2), d.h. man streift in Vogelperspektive durch eine Stadt, erledigt Aufträge, stiftet Chaos und liefert sich Verfolgungsjagden und Schießeren mit den Hütern des Gesetzes. Das ist aber noch längst nicht alles.

Was 2002 als GTA-Hommage für die Homebrew-Szene begann, wurde schließlich eine Hommage an eine ganze Generation von Videospielen und Filmen. In der ersten Viertelstunde von Retro City Rampage hagelt es unaufhörlich Referenzen, die einem das Herz aufgehen lassen. Ich wurde regelrecht in einen Nostalgierausch versetzt. Commando trifft Mario trifft TMNT trifft Batman trifft Paperboy trifft ins Schwarze. Nach den Einstiegsmissionen wird es deutlich ruhiger in Bezug auf Tempo und Referenzdichte, dennoch gibt es immer wieder Dinge zu entdecken, die verdeutlichen, mit wie viel Liebe zum Detail Brian Provinciano ans Werk ging. Spätestens beim Besuch der Spielhalle in Theftropolis wollte ich den Kerl in meine Arme schließen, schließlich sind dort die (spielbaren) Automaten BIT.TRIP Runner und Virtual Meat Boy zu finden. Großartig. Und sonst so? 60 Missionen, 40 Arcade-Herausforderungen, 50 Fahrzeuge, 25 Waffen und allerlei Gimmicks wollen gefunden, gemeistert, zerstört und geschätzt werden. Hinzu kommt ein toller Chiptune-Sountrack mit einer Gesamtlänge von über zwei Stunden.

Retro City Rampage ist bestimmt nicht in jeder Hinsicht perfekt, aber Chris Plantes harscher Kritik (6/10 Punkte) am Spiel möchte ich widersprechen. Gut möglich, dass man die Referenzen ausbalancierter hätte verteilen können. Und ja, im Storymodus ist nicht alles Gold was pixelt. Aber unterm Strich empfinde ich Retro City Rampage als äußerst gelungenes Feuerwerk, das jeden Cent wert ist.


Retro City Rampage ist für PC, PSN und PS Vita zum Preis von $14,99 erhältlich. Portierungen für XBLA und WiiWare sollen folgen. Weitere Informationen gibt’s auf der offiziellen Webseite.

Randnotiz: Die deutsche Übersetzung im Spiel stammt vom Indieentwickler Andreas Zecher der hier schon u.a. mit seinem Spiel Spirits vertreten war.

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Rot Gut http://superlevel.rip/spiele/rot-gut http://superlevel.rip/spiele/rot-gut#comments Fri, 28 Sep 2012 07:22:12 +0000 Dennis http://superlevel.rip/?p=47603

Es war ein verregneter Freitagmorgen, als er in mein Büro kam: “Mein Name ist Fabu“, hauchte er und führte langsam einen stark behaarten Zeigefinger über den Stoff seines roten Kleids. “Ich möchte, dass du etwas über Rot Gut schreibst.” Alles in mir sträubte sich gegen diesen Auftrag, aber ich war zu alt und zu müde und viel zu sehr angewiesen auf den Gutwillen von bärtigen Männern in hauchdünnen Kleidern, um nein zu sagen. Ich schrieb über Rot Gut, einen pixeligen Noir-Plattformer, in dem die Karikatur eines Privatdetektivs miese Alkoholschmuggler ihrer gerechten Strafe zuführte.

Das Spiel stammte von einem Iraner. Ob er eine Verbindung zum Macher von Farsh hat? Ich hatte das Gefühl, dass Fabu mehr wissen könnte. Drei Tage später fand ich ihn im Hafen, von Kugeln durchsiebt, sein rotes Kleid in Streifen gerissen. Alles trug die Handschrift von ‘JL’ und ich steckte zu tief drin, um jetzt noch auszusteigen. Dieser Blog wird noch mein Ende sein.

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Bit Dungeon http://superlevel.rip/spiele/bit-dungeon http://superlevel.rip/spiele/bit-dungeon#comments Thu, 27 Sep 2012 08:48:25 +0000 Fabu http://superlevel.rip/?p=48881

Bit Dungeon ist ein Hack’n'Slay, in dem das Genre auf das Nötigste reduziert wurde. Also namenloser Krieger müsst ihr euch durch zahlreiche Dungeons prügeln und es mit feindlich gesonnenem Gesindel aufnehmen. Die Geschichte, sofern es überhaupt eine gibt, ist vollkommen nebensächlich und lediglich das Aufstocken des Inventars und das Anheben der drei Charakterwerte sind hier von Interesse. Im späteren Spielverlauf muss man sich gegen gewalttätige Randgruppen behaupten, die grobmotorischen Helden rasch das Licht auspusten. Aber bis auf die Regionen, in denen Sammeltrieb und Reaktion bewerkstelligt werden, darf das Hirn gern ausgeschaltet werden.

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Black Mesa http://superlevel.rip/spiele/black-mesa http://superlevel.rip/spiele/black-mesa#comments Tue, 18 Sep 2012 18:40:37 +0000 Gastautor http://superlevel.rip/?p=48808

Es folgt ein Gastartikel von Rainer Sigl. Er spielt seit den Tagen des C64 und schreibt seit 2006 für unterschiedliche Medien (nicht nur) über Computerspiele, seit Anfang dieses Jahres für sein eigenes Blog VideoGameTourism.
Für Superlevel nahm Rainer Black Mesa unter die Lupe.

14 Jahre sind eine lange Zeit — das gilt umso mehr für die Games-Branche. 1998 erschien Half-Life, das Debütspiel des bis dahin unbekannten Entwicklerstudios Valve, und es war ein revolutionärer Meilenstein: Kein Spiel zuvor hatte es derart geschafft, ohne Bruch der Immersion eine Geschichte so unmittelbar, packend und intelligent im zuvor eher brachialen Genre des First-Person-Shooters zu erzählen.

Aber auch acht Jahre sind eine lange Zeit: So lange haben Freiwillige daran gearbeitet, dem Klassiker Half-Life von Grund auf neu in Valves aktueller Source-Engine ein frisch strahlendes Denkmal zu setzen. Letzten Freitag ist Black Mesa Source (fast) fertiggestellt der Öffentlichkeit präsentiert worden. Und Black Mesa ist, so viel vorweg, einer der besten First-Person-Shooter der letzten Jahre — und das ist eigentlich deprimierend.

http://www.youtube.com/watch?v=4_SmxkW33ZM

Es fällt schwer, Black Mesa als Triumph der Indie-Szene zu bezeichnen: Einerseits ist es natürlich beachtlich, was mit der Unterstützung freiwilliger und ganz ohne Entlohnung arbeitender Amateure aus dem globalen Netz hier auf die Beine gestellt wurde. Andererseits, und das spricht laut gegen die Reklamierung des Spiels für die Indie-Szene, zeigt Black Mesa überdeutlich, dass seine Größe und die auch nach 14 Jahren ungebrochene Frische des Originals einem professionellen Entwickler zu verdanken sind: Black Mesa erinnert uns in seiner Originaltreue daran, warum Valve eine derartige Ausnahmestellung einnimmt.

Black Mesa schafft es, den heiß verehrten Klassiker optisch rundumerneuert wieder vor den Vorhang zu holen, denn natürlich hat auch an Valves Erstling vor allem in Hinblick auf die Grafik der Zahn der Zeit genagt. Valves eigener, nicht einmal ernsthaft als halbherzig zu bezeichnender Versuch, mit Half-Life: Source den Titel oberflächlich zu behübschen, gilt nicht ohne Grund als einziger Schandfleck auf der ansonsten makellos weißen Release-Weste.

Was Valve selbst nicht schaffte — wegen, wie man als ewig Gläubiger ganz fest hofft, emsiger Arbeit am dritten Teil der Reihe –, haben nun Weisheit und Selbstausbeutung der digitalen Massen mit Verspätung, aber Bravour erledigt: Black Mesa Source ist die ultimative, aktualisierte Version von Half-Life geworden. Die wenigen Abweichungen vom Original sind durchwegs sinnvoll und behutsam. Sie erhalten den Geist des großen Vorbilds, während die Grafik dank Source-Engine nun auch aktuellen Standards genügt.

Bei aller Begeisterung: Auch die wenigen Mängel des Originals haben den Weg ins Remake gefunden. Der etwas zähe zweite Akt verirrt sich einen Hauch zu oft in riesigen, leeren Industriehallen, und auch die Rückkehr des berüchtigten Crouch-Jumps wird in Verbindung mit der zum Glück inzwischen fast vergessenen Tradition des Millimetersprungrätsels zwischen Sprengladungen wohl nur die allerhärtesten Fans in Begeisterung versetzen können. Der überwältigend riesige Rest des Spiels zeigt aber, dass die Formel, die Valve in Half-Life das erste Mal gefunden und anschließend konsequent weiterentwickelt hat, zeitlos und immer noch packend ist: Die Mischung aus Story, Action, Erforschung, Rätseln und einer bis ins Detail ausgearbeiteten Spielwelt haben nur die wenigsten Anwärter auf den Thron des Story-basierten First-Person-Shooter so hinbekommen.

Valve, und das macht das Geheimnis des außergewöhnlichen Erfolges des Entwicklers aus, ist großzügig und verschwenderisch. Schon die legendäre Eingangssequenz, die Fahrt mit der Schwebebahn ins Herz des Wissenschaftskomplexes Black Mesa, zeigt dem Spieler, dass hier nur für ihn eine ganze Welt für die eigene, egal wie kurze Erfahrung zur Schau gestellt wird. Was für ein Kontrast zu den 1998, aber auch heute noch gängigen Render-Intros, das doch ist. Welch kühne Lässigkeit, mit der hier wortlos und ohne viel Aufhebens beeindruckende Industrieroboter präsentiert werden, die danach im ganzen Spiel nie mehr zu sehen sein werden! Das Geheimnis des Erfolgs von Half-Life, aber auch von Valves anderen Spielen liegt in der harten Arbeit am Detail, auch — und besonders im Wissen –, dass die Spieler diese Details nicht unbedingt bewusst, aber immer emotional aus dem Augenwinkel heraus zu würdigen wissen.

Diese üppige Welt, mit ihren unzähligen kleinen Script-Ereignissen, ihren witzigen Dialogen und kleinen, liebevoll platzierten Gags, ist nicht nur Hintergrund, sondern Hauptdarsteller und wohl auch ein Grund für den großen Erfolg der Reihe. Die Story selbst, inspiriert von einer Stephen-King-Kurzgeschichte, die 2007 auch verfilmt wurde, tritt zurück hinter die grandiose Inszenierung und das umfassend gelungene Design — eine Mischung, wie sie dem Medium perfekt angemessen ist.

Half-Life zeigte uns schon 1998, wie es gehen könnte, eine Geschichte in einem interaktiven Medium mit dessen Mitteln zu erzählen. Es war kein “Interaktiver Film”, sondern etwas Eigenständiges, in dem Spiel und Narration scheinbar mühelos ineinandergreifen. Es war eine Revolution, die noch dazu vom Publikum mit Begeisterung willkommen geheißen wurde.

Heute, 14 Jahre später, erkennt man Vorahnungen von Portal und auch Left4Dead in den gigantischen Hallen von Black Mesa wieder; doch irgendwann, zwischen der Begeisterung über das gelungene Fan-Remake und dem Erstaunen darüber, dass einem die Szenen des Originals noch so gut im Gedächtnis geblieben sind, drängt sich eine Frage auf: Was ist mit dieser Revolution seitdem passiert?

Was, zur Hölle, ist in den 14 Jahren seit 1998 geschehen? Warum ist Half-Life, das wir uns mit Black Mesa so detailgetreu wieder ins Gedächtnis holen können, abseits von Valves eigenen Fortsetzungen nicht viel umfassender als Vorlage für das seitdem explodierende Genre des First-Person-Shooters genutzt worden? Viel ist seit 1998 geschehen: Die Multiplayer-Revolution, die Aufsplittung des Genres in unterschiedliche Sub-Gruppen mitsamt Einflüssen anderer Genres, grafische Fortschritte und die Übernahme von Strategien des Überwältigungskinos à la Michael Bay, nicht zuletzt ist der Aufstieg des Genres zum globalen Bestseller-König bedeutsam. Was auf der Strecke geblieben ist, ist die so einfach aussehende, aber anscheinend so schwierig zu erreichende perfekte Mixtur, wie sie uns Valve schon 1998 in seinem Erstling gezeigt hat.

Klar, es gab in der Zwischenzeit auch andere Vertreter, die sich an der Verbindung von Action und Narration nach vorne wagten: Thief, BioShock, S.T.A.L.K.E.R., Deus Ex, F.E.A.R., Halo, Crysis und Call of Duty (jedenfalls bevor es zur seelenlosen Schießbude degenerierte) und ungezählte andere; doch Nachfolger, die mit Erfolg versucht hätten, die Rezeptur von Valves Debüt ernsthaft nachzuahmen, finden sich erstaunlich wenige: Red Faction, The Operative: No One Lives Forever, Singularity womöglich, oder Metro 2033 haben es probiert, das Erzählen einer Geschichte im Shooter in den Vordergrund zu rücken, doch nur Valve selbst ist mit den Fortsetzungen von Half-Life und Portal in seinem eigenen Revier um Längen voraus geblieben. Black Mesa zeigt uns in seiner Werktreue auch auf deprimierende Art und Weise auf, dass in den letzten 14 Jahren keine revolutionär neuen Schritte hin zur Vision von Half-Life unternommen wurden, Narration und Spiel so elegant zu vereinen.

Alles nur Nostalgie und Polemik? Eigentlich nicht. Die 1998 als Gewissheit erscheinende Hoffnung, im Gefolge von Half-Life von der angestachelten Konkurrenz noch bessere, packendere und ambitioniertere Spiele zu sehen, die das Genre derart erweitern wie der vor langen Jahren erschienene Urvater, ist enttäuscht worden. Ironie des Schicksals: Der abseits der offiziellen Nachfolger haushoch erfolgreichste Versuch der letzten 14 Jahre, den von Half-Life vorgezeichneten Weg einer Verschmelzung von Story und Interaktion zu begehen, ist ausgerechnet ein 1:1-Remake des Klassikers im grafisch neuen Gewand.

Fans von Half-Life sollten Black Mesa ebenso unbedingt besuchen wie all jene, die wissen wollen, was denn nun an diesem Spiel aus der Games-Vorzeit so fantastisch war — und immer noch ist. Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: Black Mesa Source, das Fan-Remake eines 14 Jahre alten Klassikers, ist einer der besten First-Person-Shooter der letzten Jahre. Und das ist eigentlich deprimierend.


Black Mesa Source ist gratis von der Homepage der Entwickler beziehbar und umfasst derzeit etwa 80 % des Inhalts von Half-Life – das Finale wird nachgereicht. Der Soundtrack ist separat erhältlich.

Um Black Mesa installieren zu können, wird Source SDK Base 2007 (Steam, kostenlos) benötigt. Mac-Benutzer? Hier entlang, bitte.

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Mark of the Ninja http://superlevel.rip/spiele/mark-of-the-ninja http://superlevel.rip/spiele/mark-of-the-ninja#comments Mon, 17 Sep 2012 07:30:41 +0000 Gastautor http://superlevel.rip/?p=48499

Es folgt ein Gastartikel von Torsten “Don” Hartmann. Sein Twitter-Pseudonym lautet @DonsWelt und er führt ein eigenes Blog, das ebenfalls diesen Namen trägt. Für Superlevel nahm Torsten Mark of the Ninja (XBLA) unter die Lupe.

Ninja (jap. 忍者, deutsch: ‘Verborgener’) — romantisierte Helden japanischer Folklore und persönliche Lieblinge in Videospielen meinerseits. Nicht so sehr, wenn sie sich in Lack und Leder durch Fontänen frischen Blutes metzeln. Ich mag sie lieber ruhig, im Schatten agierend und aus dem Nichts heraus zuschlagend. Mark of the Ninja kann das sehr gut. Wie bei modernen Schleichspielen üblich, habe ich zwar auch hier die Möglichkeit, mit der Tür ins Haus zu fallen und dabei einen großen Tumult zu veranstalten, aber fürs Ego und die Punktzahl am Ende eines Abschnitts ist das nichts.


(Link zum Video)

Mark of the Ninja möchte vorausschauend und Schritt für Schritt gut geplant gespielt werden. Dafür zerstöre ich Lichtquellen, um Dunkelheit zu erzeugen, um mich dann an Wänden und Decken hängend ungesehen an Wachen vorbeizuschleichen. Den Ninja-Sinn nutze ich, um Fallen aufzuspüren oder billige Schalterrätsel zu lösen. In den Reihen des Feindes meuchele ich so, dass es nur mein aktuelles Opfer und das möglichst nur sehr kurz merkt. Denn auch unsauber ausgeführte Attentate wecken die Aufmerksamkeit umstehender Wachen.

Entwickler Klei Entertainment vereint diese aus Tenchu und Splinter Cell bekannten Elemente bei Mark of the Ninja mit der Kim Possible-Ästhetik ihrer Shank-Serie. Heraus kommt das bis dato wohl beeindruckendste 2D Schleichspiel. Und dafür würde ich die Entwickler gerne vom Fleck weg heiraten. Allesamt.


Die Werkzeuge, die Mark of the Ninja zum Erfüllen der Missionsziele bereitstellt, aber erst einmal nach und nach erspielt werden müssen, lesen sich wie eine Mischung aus Best-Of und Klassikern der aus anderen Titeln bekannten Shinobi-Utensilien: Kletterhaken, Rauchbomben und Wurfmesser aus Tenchu, das innere Auge als Hommage an die Nachtsicht von Splinter Cell oder der handelsübliche, für optional gewaltfreie Durchgänge aber lebensnotwendige Umzugskarton aus Metal Gear, um nur ein paar zu nennen.

Der Einsatz vieler Waffen und Gegenstände, zu dessen Zweck ich praktischerweise die Zeit anhalten kann, erzeugt Geräusche, die bereits beim Planen einer Anwendung optisch durch Ringe dargestellt werden. Gegner, die sich bei der Ausführung innerhalb eines solchen Rings befinden, werden stutzig und gehen der Quelle sofort auf den Grund. Das kann einerseits zu meiner Enttarnung führen, andererseits von mir aber auch zur Ablenkung eingesetzt werden.

Auch die Gegner erzeugen solche Ringe, zum Beispiel beim Marschieren. Während ich nämlich nur Gegner sehe, die sich mit mir in einem Raum befinden, kann ich die Ringe der laufenden Wachen aber auch in Nebenräumen “sehen”, obwohl die Personen selbst für mich unsichtbar sind. Eine großartige Umsetzung eines siebten Sinns.

Ob mit neuen Spielelementen oder grafischen Finessen in der Umgebung — mit jeder Mission legt das Spiel beim ersten Durchgang immer noch einen oben drauf. Mehr noch: Das wunderschön inszenierte Ende macht sogar die zahllosen vorangegangenen Genre-Phrasen in den Dialogen wett und beschert mir als erfahrenem Schleichpieler mit dem ‘New Game Plus’ einen herausfordernden Modus. Hier teilt meine Figur dann das Schicksal der hilflosen Wache und besitzt selbst bloß einen eingeschränkten Sichtkegel. Gegner außerhalb dieses Kegels, zum Beispiel hinter mir, kann ich nur sehen, wenn ich mich zu ihnen umdrehe. Eine echte Herausforderung.

Auch im normalen Modus bietet mir Mark of the Ninja, dank einer Handvoll sekundärer Einsatzziele, einen hohen Wiederspielwert. Ich kann versteckte Schriftrollen suchen, mich an Herausforderungs-Räumen probieren oder mich dem eigentlichen Ziel des Spiels widmen: Jeden Abschnitt im Spiel ohne Einsatz des Schwertes und möglichst unsichtbar beendet zu haben. Mit gefühlt 1.000 Checkpoint-Neustarts pro Einsatz.

Da es mir unmöglich ist, die Entwickler vor den Altar zu ziehen und mit ihnen den heiligen Bund der Ehe einzugehen, bleibt mir nichts anderes übrig, als dieses Spiel hier bei Superlevel in den höchsten Tönen zu loben. Das hat es verdient.


Mark of the Ninja (XBLA) ist bereits erschienen und für 1.200 Microsoft-Taler erhältlich. Eine Demo ist ebenfalls verfügbar. Für PC gibt es Mark of the Ninja über Steam. Weitere Informationen gibt’s auf der offizielle Webseite.

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Nyctohylophobia http://superlevel.rip/spiele/nyctohylophobia http://superlevel.rip/spiele/nyctohylophobia#comments Tue, 04 Sep 2012 14:39:10 +0000 Fabu http://superlevel.rip/?p=47616

This is your trial to be accepted as a man.”
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Hunger Games – The Game http://superlevel.rip/spiele/hunger-games-the-game http://superlevel.rip/spiele/hunger-games-the-game#comments Sun, 02 Sep 2012 17:01:10 +0000 Fabu http://superlevel.rip/?p=45732

“Winning means fame and fortune. Losing means certain death. The Hunger Games have begun…”
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Super Adventure Pals http://superlevel.rip/spiele/super-adventure-pals http://superlevel.rip/spiele/super-adventure-pals#comments Thu, 30 Aug 2012 08:00:46 +0000 Dennis http://superlevel.rip/?p=46022

Super Adventure Pals
C’mon on grab your friends
We’ll go to very distant lands
With Giraffe the giraffe and Hero the human
The jump’n'run will never end
It’s Super Adventure Pals!
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Armed with Wings: Culmination http://superlevel.rip/spiele/armed-with-wings-culmination http://superlevel.rip/spiele/armed-with-wings-culmination#comments Wed, 29 Aug 2012 12:45:05 +0000 Monoxyd http://superlevel.rip/?p=45477

“Es ist unbefriedigend, Kinder zu schlagen.” Mit diesen Worten schlug mir Vandheer Lorde das Duell aus, in dem ich einen ruhmreichen Tod oder die Erfüllung meiner Rache gefunden hätte. Kind? Ein von Wut erfülltes Kind? Meiner Schwertkunst kann niemand das Wasser reichen, nicht einmal Vanderheer! Oder doch?

Warum dann diese Reise durch einen zwielichtigen, mit Tusche gezeichnetem Wald in dem ich mit harter Bleimine eingesetzte Monster durch den tödlichen Tanz meiner Klinge in die Schatten zurückschicke? Sehnt sich Vanderheer in Wirklichkeit nach dem Tode und will durch dieses Training sicherstellen, dass ich wirklich bereit bin, seine Nachfolge anzutreten?

Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden…

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They Bleed Pixels http://superlevel.rip/spiele/they-bleed-pixels http://superlevel.rip/spiele/they-bleed-pixels#comments Mon, 27 Aug 2012 08:00:30 +0000 Gastautor http://superlevel.rip/?p=47021

Es folgt ein Gastartikel von Maik „Aulbath“ Wiechmann. Er bloggt für Shodannews und twittert unter dem Pseudoym @InsertDiskII. Für Superlevel nahm Maik das neue Indiegame They Bleed Pixels unter die Lupe.

Das hat sich Emily the Strange sicherlich anders gedacht — eben noch für amerikanische Möchtegerns im Hot Topic abgehangen, nur um dann fein gepixelt in einem Lovecraft’schen 8-Bit-Alptraum mit lila Haut und Scherenhänden aufzuwachen. They Bleed Pixels heißt der morbide Megamix aus Super Meat Boy, Cthulhu-Mythos und Gruftie-Chic von Spooky Squid Games.

http://www.youtube.com/watch?v=rqtw04XXzhg

Zu düsteren Chiptune-Beats (oft durchaus tanzbar) wollen irrwitzige Labyrinthe des Schreckens überwunden werden. Gemeinsamkeiten mit Super Meat Boy sind dabei vermutlich nicht rein zufällig, Sprungverhalten und Leveldesign erinnern jedenfalls stark an den Fleischjungen. Erweitert wird das bekannte “Rennen, Springen, Sterben”-Spielprinzip um ein interessantes Ein-Knopf-Kampfsystem, was nach etwas Eingewöhnung elegantes Zerhackstückeln der unheimlichen Bewohner ermöglicht.

Wer bei Pit-Fatalities aus Midways bekannter Prügelserie lachen muss, wird bei They Bleed Pixels gut unterhalten. Die Ultrabrutalität erfüllt allerdings auch einen spielerischen Zweck: Wer eimerweise (fremdes) Blut vergießt, füllt einen Balken, der es der Heldin ermöglicht, Speicherpunkte im Level zu verteilen. Ich kann nicht behaupten, das dieses Funktion das Spiel merklich leichter macht, denn das Metzgerhandwerk will gelernt sein — wer blind auf Knöpfe einschlagen möchte, kann gleich wieder einpacken. Hier ist Präzisionsarbeit gefordert. Und überleben muss man ja auch noch, um überhaupt Speicherpunkte setzen zu können. Gleiches gilt für die Sprungpassagen, deren Schwierigkeitsgrad ich im letzten Drittel der Light-World von Super Meat Boy ansiedeln würde. Bewegliche Kreisägen, endlose Stachelwände, Zickzack-Wandsprünge und Stürze ins Ungewisse sind an der Tagesordnung — ein Fehltritt bedeutet unweigerlich den eigenen Tod.

Vlad Tepes hätte ob der häufigen Pfählung der Heldin sicherlich seine helle Freude an diesem schaurigen Spektakel gehabt. Das man oft gezwungen ist, ohne festen Boden unter den Füßen fiese Sprungpassagen zu meistern und sich gleichzeitig fliegender und springender Feinde zu erwehren, hat ist eine sehr herausfordernde und intensive Angelegenheit. Die Intensität schlägt auch gerne in Frust um, wenn man sich erstmal in ein Level verbissen hat. Beim Probespiel waren 100 und mehr Tode pro Abschnitt keine Seltenheit. Es bedarf also einer gewissen Frustresistenz sowie einer gehörigen Portion Ehrgeiz, wenn man das Spiel überhaupt durchspielen möchte.

Einige der Achievements fordern dann die volle Hingabe an den Titel – wer sich beweisen will, hat hier jedenfalls jede Menge Möglichkeiten. Zu diesem Zweck empfehle ich ganz klar den unterstützten Xbox-Controller gegen ein USB-Saturn- oder NES-Pad zu tauschen. Das schont Nerven und Xbox-Controller, besonders da die Kollisionsabfrage so manches Mal etwas fragwürdig erscheint und bei den oft pixelgenauen Sprüngen maximale Kontrolle ein nicht zu unterschätzende Grundlage darstellt.

Seid also gewarnt: They Bleed Pixels macht auf eine masochistische Art und Weise Spaß, ist gleichzeitig übel frustrierend und unendlich begeisternd. Wer nur unterhalten werden möchte, sollte diesen Titel meiden. Alle anderen machen’s wie der tote Cthulhu in seinem Haus in R’lyeh und schlagen auf Steam zu.

They Bleed Pixels ist ab dem 29. August für PC auf Steam erhältlich. Der Soundtrack kann für $5,00 bei Bandcamp erworben werden.

Mehr Informationen gibt es auf der offiziellen Webseite.

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Super House of Dead Ninjas http://superlevel.rip/spiele/super-house-of-dead-ninjas http://superlevel.rip/spiele/super-house-of-dead-ninjas#comments Sun, 19 Aug 2012 06:00:21 +0000 Fabu http://superlevel.rip/?p=46416

Wisst ihr, was das Flashgame Super House of Dead Ninjas besonders gut macht? Es gibt einem das gute Gefühl, ein Virtuose an der Tastatur zu sein. Nur selten kann man in einem Spiel ungeübt so rasant und elegant Gegner niederstrecken — und im nächsten Augenblick scheitern. Ausgestattet mit Schwert, Wurfsternen, Bomben, Magie und flinken Füßen gilt es, möglichst schnell Gebäudekomplexe zu durchqueren und auf dem Weg allerlei Unruhe zu stiften. Und ja, das macht verdammt viel Spaß.

http://www.youtube.com/watch?v=ewxIazcBzJI

Wer mit der nicht ganz unkomplizierten Tastatursteuerung überfordert ist, sollte eine Software wie z.B. JoyToKey in Erwägung ziehen. Und echten Superninjas sei auch noch mal der erste Teil des Action-Platformers empfohlen.

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Intrusion 2 http://superlevel.rip/spiele/intrusion-2 http://superlevel.rip/spiele/intrusion-2#comments Sun, 12 Aug 2012 10:20:19 +0000 Dennis http://superlevel.rip/?p=46242

Die Suche nach dem Three Wolf Moon Shirt unter den Videospielen ist vorbei. Intrusion 2 lässt sich ungefähr zehn Minuten Zeit, ein gewöhnlicher 2D-Shooter mit Metal Slug-Gedenkbonus zu sein. Dann gibt es dem austauschbaren Helden mit wehendem Schal einen gigantischen Reitwolf, um gegen fliegende Roboterdrachen zu kämpfen.

In einem vieldiskutierten Interview hat der 2K Boss Christoph Hartmann vor Kurzem für Fotorealismus argumentiert, um Spiele aus primitiven Schießbuden in Hochkultur zu verwandeln. Intrusion 2 ist Antithese und gleichzeitiger Beweis für die Blödsinnigkeit dieser Argumentation. Fotorealismus bringt Spiele nicht voran — Roboter und Laserwölfe schon.

http://www.youtube.com/watch?v=BJZAzNKZBew

Der Intrusion-Macher Aleksey Abramenko schert sich nämlich einen Dreck um Emotionen und Hochkultur. Oder falls er das tut, verbirgt er es unter einer gewaltigen Schicht pubertärer Actionfilm-Fantasien. Intrusion 2 ist nicht nur ein Spiel, das kein Problem mit Reitwölfen hat, es enthält unter anderem: Eine Schlittenfahrt mit Kampf gegen Snowboard-Ninjas, einen Cyborg, der mit einer Diskokugel Höhlen zum Einsturz bringt und Duelle zwischen schwertschwingenden Mechs.

Unterstützt wird das von einer Physik-Engine, die ungefähr genauso viel hilft wie behindert. Weil alle möglichen Objekte im Spiel geschubst, zerschossen und gerollt werden können, ist es möglich, mit einer Lawine gegnerische Außenposten zu vernichten oder mächtigen Robotern Greifarme abzureißen. Gleichzeitig missachtet Intrusion 2 aber auch die erste und wichtigste Regel der Spiel-Physik: Wenn die Welt zerstörbar ist, dann braucht es Werkzeuge, um sie zerstören zu können. Statt von Anfang an Chaos anzurichten, müssen Wachtürme Stück für Stück mit einer langweiligen Pistole zerschossen werden. Erst später kommen Explosivwaffen hinzu, die Gebrauch von der Physik machen.

Trotzdem ist Intrusion 2 das seltene Beispiel für ein Spiel, das versteht, was es gut macht. Es versucht gar nicht erst, eine Geschichte zu erzählen oder überhaupt besonders viel Sinn zu machen. Es handelt davon, auf einem Wolf reitend, Roboter in Stücke zu zerfetzen und Abramenko möchte, dass es jeder Spieler versteht. Das geht so weit, dass die beeindruckenden Bosskämpfe gegen Cyborgs und Riesenroboter clever in Zwischenstufen unterteilt werden.

Wer etwa im Kampf gegen einen futuristischen Truppentransporter zwar ein Triebwerk zerschießt, danach aber von den Mech-Fäusten des Gefährts zerquetscht wird, muss nicht das ganze Spiel neu beginnen, sondern kann direkt an einem Zwischenspeicherpunkt weitermachen. Wo sich Contra oder Metal Slug verschlossen geben, zeigt Intrusion 2 auch Versagern das gesamte Spiel. Wer allerdings auf Highscores Wert legt, kann dennoch den Versuch unternehmen, sich möglichst unbeschadet durch die Bossgegner zu schießen.

Damit hat sich Intrusion 2 wie eine ausfahrbare Lasermechklaue in eine Portion meiner Vorstellung gebohrt, die ich seit der Prä-Pubertät verloren geglaubt habe: Wölfe! Laser! Mechs! Snowboard-Ninjas! Das ist es, was ich mir unter Videospielen immer vorgestellt habe, bevor ich mit der Realität konfrontiert wurde — und dafür liebe ich Intrusion 2.

Intrusion 2 ist DRM-frei für PC direkt vom Entwickler für ca 7,00€ erhältlich. Mehr Informationen und eine im Browser spielbare Demo gibt es auf der offiziellen Webseite.
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Deadlight http://superlevel.rip/spiele/deadlight http://superlevel.rip/spiele/deadlight#comments Tue, 31 Jul 2012 07:11:33 +0000 Daniel http://superlevel.rip/?p=45822

Schon wieder eine Zombieapokalypse? Ich hole dann mal Axt und Schrotflinte aus dem Schrank, ist doch immer dasselbe mit den Untoten: Sie kommen stöhnend auf einen zugetorkelt und warten nur darauf, den Kopf zu verlieren. Was soll da das XBLA-Spiel Deadlight noch Neues bringen? Einiges, dachten sich die spanischen Entwickler des frisch gegründeten Teams von Tequila Works und bastelten einen Puzzle-Plattformer, der aus dem überlaufenen Zombie-Szenario noch eine Menge rausholt.

http://www.youtube.com/watch?v=QJbIp-EVKXI

Die guten Ideen beginnen schon bei der Wahl des Jahrzehnts, in dem sich Hauptfigur Randall Wayne durch ein verwüstetes Seattle kämpfen muss. Es ist 1986 und der Kalte Krieg in den Köpfen der amerikanischen Bevölkerung noch fest verankert. Verschwörungstheorien und Paranoia schweben über der Gesellschaft, als plötzlich die Zombies über sie hereinbrechen. Randal überlebt die ersten großen Unruhen und ist auf der Suche nach seiner verschwundenen Familie. Eine Radioübertragung berichtet von einer Sicherheitszone in der Nähe von Seattle. Dort vermutet der Familienvater seine Frau und Tochter. Zunächst will er sich mit einigen anderen Überlebenden dorthin durchschlagen, aber dann kommt alles ganz anders.

Deadlight präsentiert sich in 2,5D. Die Spielfigur lässt sich zwar nur auf einer Ebene von links nach rechts steuern, aber die voll animierten Hintergründe erzeugen das Gefühl einer kompletten 3D-Welt. Straßenschluchten ziehen sich bis zum Horizont, Licht durchflutet zersprungene Fensterscheiben und Zombies schieben sich aus der Tiefe des Raums auf die Ebene des Spielers. Optisch ist Deadlight damit einer der schönsten XBLA-Titel und schafft durch die detaillierten Schauplätze und den minimalistischen Sound eine bedrückende Stimmung.

Zu Beginn und unbewaffnet heißt es klug und schnell zu handeln. Die Umgebung ist der beste Freund und so springt Randell von Autodächern auf Häuser und hangelt sich weiter an Kabeln zum nächsten Strommast. Unter ihm stöhnen währenddessen die Zombies und recken die verkrümmten Arme nach seinem süßen Fleisch. Ein falscher Schritt und die Untoten reißen ihn zu Boden. Gleichzeitig sind sie aber auch dumm wie Brot und lassen sich leicht unter der nächsten Hebebühne zerquetschen oder mit Hilfe eines Generators elektrifizieren. Schnelle Finger und ein wacher Geist helfen durch die ersten Passagen.

Mit dem Fund einer Axt ändert sich der Spielverlauf. Randell ist nicht mehr nur Beute, sondern kann sich gegen ein, vielleicht zwei Gegner selber zur Wehr setzen. Aber wehe es werden mehr. Bis zu den durchschlagkräftigen Feuerwaffen ist es noch ein weiter Weg. Dieser führt durch ein unterirdisches Labyrinth, das mit allerlei wilden Fallen gespickt ist. Hier zeigt sich der Einfluss des 2010er Indie-Hits LIMBO am stärksten und hier geht der Spielspaß leider auch etwas in den Keller. Anstatt intuitiv zu handeln und langsamen Zombies zu entfliehen, geht es jetzt um genau platzierte Sprünge. Ein falscher Schritt und Randell landet in der nächsten Stachelgrube. Dadurch gerät der Spielablauf im Mittelteil leider zu sehr ins Stocken. Dank fairen Speicherpunkten sind diese Abschnitte aber gut zu ertragen.

Im letzten Akt wird das Spieldesign erneut um ein Element erweitert. Randell trifft weitere Überlebende, die ihm nicht alle wohl gesonnen sind. Neben schlurfenden Zombies, spektakulären Sprungpassagen und kniffligen Rätseln kommen nun also auch noch ebenbürtige Gegner mit Schusswaffen hinzu. Jetzt nimmt auch die Story an Fahrt auf. Über das gesamte Spiel verteilt können Tagebucheinträge von Randell sowie Schriftstücke von anderen Menschen gefunden werden, die einen Blick auf das Leben vor und während dem Überfall der Zombies ermöglichen. All diese Hinweise formen sich zu einem unangenehmen Gesamtbild und laufen schließlich in den letzten Spielsekunden auf einen großen Twist hinaus. Randell ist Tyler Durden.

Deadlight ist für mich fast das perfekte Beispiel für ein gelungenes Indie-Spiel. Bekannte Ideen werden mit kleinen Innovationen kombiniert und ergeben ein knackiges Erlebnis, das man so nirgendwo sonst bekommt. Mit einer Spiellänge von drei bis vier Stunden unterhält Deadlight zwei Abende lang und strapaziert keines der eigenen Spielelemente bis zum Erbrechen. Jeder Abschnitt fühlt sich frisch an und wird schnell genug ersetzt, um einem positiv im Gedächtnis zu bleiben.

Die Mischung aus Puzzeln, Hüpfen und Schießen traf bei mir genau den richtigen Nerv. Dazu noch die grandiose Optik und das Gefühl, von den Entwicklern nicht für dumm verkauft zu werden, macht Deadlight für mich zu einem empfehlenswerten Spielerlebnis. Daran kann auch der etwas zähe Mittelteil nichts ändern. Dem ein oder anderen wird der verhältnismäßig hohe Preis für die gebotene Spielzeit unangenehm aufstoßen, da trotz einiger versteckter Sammelobjekte nicht viel Wiederspielbarkeit vorhanden ist — aber ich gehöre zu der Fraktion, der knackige Unterhaltung ohne künstliche Längen lieber ist, als dröges Auswalzen der immer gleichen Elemente. Deadlight ist in dieser Hinsicht fast ohne Makel.

Deadlight erscheint am 1. August für die Xbox 360 und kostet 1.200 Microsoft Points. Mehr Informationen gibt es auf der offiziellen Webseite.
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Retriever http://superlevel.rip/spiele/retriever http://superlevel.rip/spiele/retriever#comments Mon, 30 Jul 2012 06:00:49 +0000 Fabu http://superlevel.rip/?p=45796

“Geld oder Leben?! Hm? Hm? HM?
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Cavenaut http://superlevel.rip/spiele/cavenaut http://superlevel.rip/spiele/cavenaut#comments Tue, 24 Jul 2012 08:21:28 +0000 Dennis http://superlevel.rip/?p=45342

Ein guter Höhl-o-Naut braucht Geduld, eine gute Portion Mut und ein besseres Rhythmusgefühl als ein Beat Sneak Bandit. Nur dann sind dem Cavenaut die kostbaren Schätze sicher, die im Peru der 50er vergraben wurden. Hinter der schlichten Pixeloptik versteckt sich ein erstaunlich großes Spiel. Cavenaut beeindruckt mit tollen Animationen, atmosphärischem Sounddesign und einem cleveren Spielprinzip irgendwo zwischen Boulder Dash und Spelunky.

http://www.youtube.com/watch?v=JX73XEPs4oA

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Cube Tank Arena http://superlevel.rip/spiele/cube-tank-arena http://superlevel.rip/spiele/cube-tank-arena#comments Sun, 22 Jul 2012 06:30:28 +0000 Fabu http://superlevel.rip/?p=44908

Obwohl ich seit Tanki Online ein leicht gestörtes Verhältnis zu Panzern haben, möchte ich rasch eine Empfehlung für Cube Tank Arena aussprechen. Was eeeetwaaaaaaaas träge beginnt, entwickelt sich nach einigen Minuten zu einer recht unterhaltsamen Ballerei. Und spätestens ab dem dritten Bosskampf bietet es sich an, die Retorik in den zweiten oder dritten Gang zu schalten. Auf geht’s, du bist der Panzer!

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Seedling http://superlevel.rip/spiele/seedling http://superlevel.rip/spiele/seedling#comments Tue, 17 Jul 2012 08:30:17 +0000 Sebastian http://superlevel.rip/?p=44903

So zeldaesk dieses Spiel auch auf den ersten Blick erscheinen mag: Es handelt sich dabei nicht einfach um die billige Kopie eines altbewährten Erfolgrezepts. Seedling ist intelligent gemacht, spart sich ausufernde Erklärungen und regt die SpielerInnen zu Nachdenken an. Man spielt eine namenlose Kreatur, die für ihren Erschaffer ‘The Oracle’ einen Riesenbaum-Samen finden soll. Was sich nach einer kurzen Quest anhören mag, ist in Wirklichkeit ein etwa drei- bis vierstündiges Abenteuer der Extraklasse. Über die ganze Welt wurden die Samenteile verstreut, teils an schier unerreichbar scheinenden Stellen, zu denen wir uns nur über den Einsatz spezieller Gegenstände und Raffinesse Zugang verschaffen können.

Dabei werden wir dazu gezwungen, besondere Wesen, die ‘Creatures of the Relic’, umzubringen. Dies lässt sich nicht vermeiden, doch unsere Welle der Gewalt bleibt kein Geheimnis. Ein stummes Wesen — genannt ‘The Watcher’ — beobachtet uns ständig. Ein mulmiges Gefühl stellt sich in der Magengegend ein. Irgendwann gerät man an einen Punkt, an dem einige Fragen durch die Schädeldecke sausen. Seedling ist damit eine grandiose Perle mit einem Feingefühl für Retroästhetik.


(Link zum Video)

Wie vor ein paar Tagen schon Nathan Grayson von Rock Paper Shotgun korrekt feststellte, gibt es zwischen Seedling und frühen Teilen der The Legend of Zelda-Reihe unverkennbare Parallelen. Die Pixelgrafik erinnert mich schnell wieder an Tage, die ich gebannt mit dem SNES-Controller in den Händen vor dem Fernseher saß. Aber auch der ‘Held’ von Seedling ähnelt Link: Schon nach kurzer Zeit streift er zumeist mit Schwert und Schild bewaffnet durch die Gefilde, gelangt aber im späteren Verlauf auch an andere Waffen wie einer wändedurchdringenden Lanze. Monster schlachten, Schlüssel und Truhen auffinden, in Dungeons überriesige Bosse besiegen. Also doch nur eine gut gelungene Zelda-Kopie?

Mitnichten, denn dazu ist die Heranführung zu unterschiedlich. Seedling bleibt ein ziemlich ruhiges und subtiles Spiel. Es gibt keine großangelegte Erzählung bezüglich der Mythologie über die ‘Creatures of the Relic’ oder ‘The Oracle’. Die meist kryptisch gehaltenen Informationen fordern SpielerInnen dazu auf, sich selbst eine Motivation zu schaffen. Man tötet die Kreaturen, weil es jemand befohlen hat, damit er seinen geliebten Baum reproduzieren kann. Eine moralische Selbstverordnung zwischen einem klar eingegrenzten Gut oder Böse wird damit unmöglich. Es gibt keine Möglichkeit sich diesem merkwürdigen Treiben zu widersetzen. Diese Orientierungslosigkeit findet sich auch räumlich wieder, da nie erläutert wird, wo man nun überhaupt den nächsten Boss findet. Seedling ist damit für mich mehr eine gelungene Entdeckungsreise mit einem fordernden Rätseldesign — irgendwas zwischen der Spielmechanik und der Ästhetik von The Legend of Zelda: A Link to the Past und der subtil anprangernden, düsteren Atmosphäre, die Shadow of the Colossus kreieren konnte.

…Nur eben als Flash-Spiel mit einem äußerst guten Soundtrack.

(via)

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Max Payne 3 http://superlevel.rip/spiele/max-payne-3 http://superlevel.rip/spiele/max-payne-3#comments Tue, 26 Jun 2012 07:00:41 +0000 Manu http://superlevel.rip/?p=44094

“When you’re stuck in a foreign country and don’t know the words for ‘reverse charges’ and you’re in some lonely skin joint in the middle of some poor slum and just had every last cent robbed from you and you call yourself a bodyguard then you know you’re a loser.”
Daniel

Neun Jahre sind seit dem Erscheinen von Max Payne 2 vergangen und doch kommt es mir vor, als wäre ich gestern erst mit Max in Zeitlupe durch die kalte Luft von New York geflogen, während um mich herum die Gegner in einem Ballett aus Kugeln und Blut in bewusst platzierte Farbeimer stürzten. Neben auch sonst beeindruckender Grafik war nämlich die Havok-Physik-Engine ein zentrales Element des Spiels und ließ Gegenstände und Personen (fast) realistisch miteinander kollidieren. 2012 ist nun das Jahr, in dem Max Payne zurückkehrt.

http://www.youtube.com/watch?v=W_PIvxWNKVc

Remedy, das Entwicklerstudio der ersten beiden Teile, kämpft heute lieber mit Alan Wake gegen Schattenmonster, weswegen die zuvor schon als Publisher fungierenden Rockstar Studios die Fortsetzung selber in die Hand nahmen. Mit dem neuen Entwickler kam ein neues Setting (São Paulo in Brasilien) und ein neuer Look für den Protagonisten (Glatze und Vollbart), was zu einem vorhersehbaren Aufschrei in der Fan-Gemeinde sorgte. Max Payne war doch ein Noir-Held, da müsse es doch düster sein und den ganzen Tag regnen — zwei Attribute, die man auf den ersten Blick nicht mit Süd-Amerika verbindet. Haben neue Umgebung und Frisur dem alten Haudegen jetzt gut getan oder nicht?

Manu

Die neue Umgebung hat dem alten Griesgram sogar sehr gut getan, wie ich finde. Warum hielt sich Max überhaupt noch in dieser Stadt auf, die ihm bereits Frau, Kind und Geliebte genommen hat? Dieses dunkle New York, das ihn betrogen und mehrmals fast umgebracht hätte? Jeder Therapeut hätte dem gebeutelten und vom Schicksal gezeichneten Witwer sowieso schon lange zu einem Tapetenwechsel geraten. Doch Max versinkt lieber in Selbstmitleid und Schuldgefühlen, um seinen Seelenschmerz mit Tabletten und Alkohol zu ertränken. Die Fortführung der Geschichte, dass er sich daraufhin widerwillig als Bodyguard für eine wohlhabende Familie in Brasilien anstellen lässt, erscheint mir nicht nur schlüssig, sondern bringt auch die Figur als Charakter voran.

Dieser starke Bruch zu den Vorgängern erlaubt es Rockstar, Max Payne neue Facetten zu verleihen und die Figur, wortwörtlich, in einem neuen Licht zu zeigen. Ich erlebte einen gebrochenen und sich im Grunde schon selbst aufgegebenen Anti-Helden, dessen Alkohol- und Drogenexzesse unweigerlich zu seinem Tod führen müssten. Von Rockstar wird dieser Gefühls- und Geisteszustand, in den sich Max beständig bringt, sehr geschickt und mitreißend in Form von optischen Aussetzern, Filmüberlagerungen, Fehlern, Überblendungen und Farbverschiebungen direkt auf das Spielgefühl übertragen. Der kaputte Held fasziniert, weil ich mit ihm leiden kann.

Daniel

Während ich den neuen Max als Figur noch nachvollziehen kann und sein stetiger Fall in den Abgrund mit der Beobachtung eines schrecklichen Unfalls zu vergleichen ist, bei dem man einfach nicht wegschauen kann, ist der Umzug nach Brasilien für mich inhaltlich nicht wirklich gelungen. Sie zerstört sogar die Motivation, überhaupt weiterzuspielen. Ich hasse die Menschen, die Max beschützen soll, und er hasst sie eigentlich auch, aber da er kein anderes Ziel mehr im Leben hat, geht er doch auf seine wahrscheinlich letzte Rettungsmission. Doof nur, dass ich ihn dabei steuern muss. Neben Max schafft es keine Figur auch nur ansatzweise, für den Spieler von Interesse zu sein. Nicht mal die Bösewichte bekommen genügend Aufmerksamkeit, um überhaupt als Oberschurken ein Gesicht zu bekommen. So bleiben nicht nur die Millionen von Fußsoldaten, sondern auch die Drahtzieher im Hintergrund farblose Gesellen, die zwar spezielle Kampfumgebungen spendiert bekommen, aber keine Rechtfertigung liefern, warum sie diese verdient haben. Die Genugtuung des Sieges tendiert so gegen Null. Aber vielleicht ist gerade das ja eine der Aussagen des Spiels. All die Gewalt und all die Toten! Aber für was?

Manu

Eigentlich untypisch für ein Rockstar-Spiel, dass die Nebencharaktere so blass sind. Wenn ich da an den Totengräber aus Red Dead Redemption oder die beiden liebenswürdigen Trottel Brucie und Roman Bellic aus GTA IV denke, fällt mir im direkten Vergleich dazu bei Max Payne 3 keiner ein, der auch nur ansatzweise im Gedächtnis bleiben wird. Es ist ein sehr lineares Spiel ohne Open-World-Ablenkungen. Alle vier bis fünf Minuten kommt eine Cutscene, die die Story vorantreibt. Man könnte doch eigentlich denken, dass es das einfacher machen würde, Charaktere zu formen und zu präsentieren. Meine Interpretation ist, dass die oberflächlichen Menschen, für die Max in seiner neuen Rolle als Bodyguard sein Leben riskiert, durch ihre Seelenlosigkeit die “ich habe nichts mehr, wofür es sich zu kämpfen lohnt“-Einstellung des Protagonisten betonen soll. Erst als die Frau des Auftraggebers unter Max’ Schicht gekidnappt wird, bricht sein altes Trauma auf und unser Protagonist hat wieder eine Mission. Er kann unmöglich erneut eine Frau verlieren.

“I knew this was a bad idea, but, in the absence of any good ideas, I continued forward.”

Dazu deckt Max in der zweiten Hälfte des Spiels ein dreckiges, menschenverachtendes Komplott auf. Dessen grausames Ausmaß geht so an die Substanz, dass man Max’ Rachefeldzug daraufhin bereitwillig unterstützt. An diesen Stellen ist sie wieder zu spüren, die Sozialkritik der Houser-Brüder. Die große Kluft zwischen Arm und Reich in Brasilien, wenn man in Slum-Bordelle gegen korrupte Para-Militärs kämpft, wird mehr als deutlich thematisiert. Leider hält auch dieser Storybogen nur kurz an und verliert sich dann schnell wieder nach dem dazugehörigen, gesichtslosen Zwischenboss. So richtig bissig oder schlüssig wird dieses Thema nicht zu Ende geführt. Auch Max’ oft thematisierte und dramatisch in Szene gesetzte Alkoholsucht wirkt nur noch halb so schwerwiegend, wenn man in der direkt daran anschließenden Action-Sequenz mit einem athletischen Hechtsprung fünf schwerbewaffneten Gegnern im vollen Lauf präzise eine Kugel zwischen die Augen platziert und noch vor der Landung auf dem Boden Zeit hat, zwei Schmerztabletten einzuwerfen.

Daniel

Der optische Ortswechsel geht für mich dagegen in Ordnung. Im sonnigen Brasilien lässt es sich auch gut in Zeitlupe durch den Kugelhagel rennen und wer diesen Aspekt eines Max Payne-Spiels bevorzugt, kommt voll auf seine Kosten. Was die Action anbelangt, ist Max Payne 3 mein Highlight der aktuellen Videospielgeneration. Die Deckungsmechanik und die Möglichkeit des automatischen Zielens ignorierte ich nach kurzer Spielzeit, weil sie jede Spannung aus den Schusswechseln nahmen. Ohne sie kommt der Bullet-Time eine größere Bedeutung zu und darum geht es doch bei Max Payne. Mit Maschinenpistolen in beiden Händen rennt man in einen Raum voller Gegner, aktiviert den Zeitlupenmodus, springt hinter den nächsten Tisch, mäht im Flug zwei Bösewichte nieder, zerstört mit Fehlschüssen sämtliches Mobiliar und hechtet aus der Deckung mit brüllenden Läufen in den letzten Gegner.

“These bastards made the NYPD look like the Hari Krishnas.”

Dank etwas zu realistischer Physik muss man bei der Hüpferei aufpassen, nicht an der nächsten Hauswand hängen zu bleiben und grunzend vor den Füßen des Gegners zu landen, aber genau das wurde für mich zum wichtigen Spielelement. Der Sprung in Zeitlupe kann nämlich auch ausgeführt werden, wenn eigentlich keine Energie für die normale Bullet-Time mehr vorhanden ist. Plant man die eigene Landung in einer sicheren Zone ein, kann man demnach fast permanent durch die Luft schweben und Tod und Verderben über die Gegner bringen. Aufgrund der famosen Grafik und den unterschiedlichen Örtlichkeiten kommt in diesem Bereich auch die Abwechslung nicht zu kurz. Unnötig und deplatziert sind dagegen die übertriebenen Fahrzeug-Sequenzen, die leider zu sehr an Call of Duty erinnern und bei mir für ungläubiges Kopfschütteln gesorgt haben.

Manu

Ich fand diese Passagen eigentlich ganz passabel, weil sie das einzig spielerische Element bleiben, die für ein bisschen Abwechslung sorgen (und eine extra Portion Kino-Flair einbringen). Ob auf einem Jetboat in Miami Vice-Manier oder eine Fluchtsequenz mit einem Linienbus, sie sind kurzweilig und hübsch inszeniert. So packend die regulären Schusswechsel auch sind: Gegen Ende des Spiels wurde mir die Action ehrlich gesagt etwas zu viel und einen Tick zu eintönig — vor allem gegen die völlig übertriebenen Gegnermassen im letzten Kapitel. Aber gut, bis dahin hatte ich einen Mörderspaß (pun intended).

Daniel

Ein wenig wehmütig denke ich doch an den alten Max aus Teil 1 und 2 zurück. Als er noch kein komplettes Wrack war, sondern nur ein zynischer Typ am Abgrund. Als Remedy auch mal mit einigen absurden Levels für Erholung im ewigen Kugelhagel sorgte und noch etwas mehr Pulp in das Noir-Szenario einfließen ließ. Dieses Augenzwinkernde hat Rockstar Games komplett gestrichen und durch strikte Härte ersetzt. Aus meiner Sicht tat das dem Unterhaltungswert des Spiels inhaltlich nicht gut. Berauschend ist dagegen jeder Schusswechsel inszeniert und bringt dank neuer Technik einen Grad an visuellem Chaos auf den Bildschirm, der in dieser Detailverliebtheit lange ungeschlagen sein wird.

Manu

Ja, die Film-Noir-Comic-Ästhetik ist einer neuen, dem modernen Neo-Noir Action-Kino geschuldeten Optik gewichen, die mich aber nicht weniger stark begeistert hat wie Max Payne 1 und 2 seiner Zeit. Für mich hat das Spiel audiovisuell perfekt gepasst. Die typographischen Einblendungen, die gesamte, fabelhafte Licht-Stimmung, der treibende Soundtrack und allen voran die tollen Sprecher sind auf allerhöchstem Niveau. Die von Dir angesprochene Liebe zum Detail hat es mir auch angetan. Max Payne bewegt sich wahnsinnig geschmeidig und man sieht und spürt einen deutlichen Unterschied, ob er eine abgesägte Schrotflinte in beiden Händen hält oder zwei leichte Automatikpistolen parallel abfeuert. Alleine zu beobachten, wie es Max Payne schafft, mit zwei vollen Händen die aktuelle Schußwaffe nachzuladen, ist faszinierend.

Auch wenn ich mir von Rockstar mehr Ausarbeitung der Nebencharaktere gewünscht hätte, hat mich Max Payne 3 sehr begeistert. Ich kann Daniel (und Andreas und Micha) eigentlich nur zustimmen in seiner Aussage, dass es das beste Action-Spiel dieser Konsolengeneration ist. Für mich auch eine würdige Fortsetzung der Geschichte um den New Yorker-Ex-Cop. Rockstar schafft es, das Spiegefühl der Vorgänger perfekt in unsere neuen Sehgewohnheiten und der cineastischen Entwicklung der Spieleindustrie zu transportieren.

http://www.youtube.com/watch?v=lx5MZfpQIEk

Max Payne 3 ist bereits auf den Plattformen Xbox 360, PS3 und PC erschienen.
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Super Big Gun Adventure http://superlevel.rip/spiele/super-big-gun-adventure http://superlevel.rip/spiele/super-big-gun-adventure#comments Mon, 25 Jun 2012 13:07:04 +0000 Fabu http://superlevel.rip/?p=44077

Manchmal bedarf es nicht viel, um mich für eine halbe Stunde an den Monitor zu fesseln. In diesem Fall reichten beispielsweise ein Zylinder-tragender Pixelmann mit riesengroßem Schießgewehr und ein paar durch den Fleischwolf gedrehte, physikalische Gesetze.

Im Action-Platformer Super Big Gun Adventure begibt man sich auf Ganovenjagd. Das wichtigste Instrument ist der Spazierstock des Protagonisten, der zugleich als Feuerwaffe und Düsenantrieb herhält. Springen, schießen, düsen. Banal, kurzweilig, gut. Super Big Gun Adventure gewinnt keine Schönheitswettbewerbe, aber das mindert keineswegs den Spielspaß. Gentlemen, ich rate zum Klicken.

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Oniken http://superlevel.rip/spiele/oniken http://superlevel.rip/spiele/oniken#comments Fri, 22 Jun 2012 12:26:35 +0000 Gastautor http://superlevel.rip/?p=43920

Es folgt ein Gastartikel von Maik „Aulbath“ Wiechmann. Er bloggt für Shodannews und twittert unter dem Pseudoym @InsertDiskII. Für Superlevel nahm Maik das neue Indiegame Oniken unter die Lupe.

Es beginnt als mutige Designentscheidung. Pixelfreunde, die lange Jahre der Unterdrückung durch Polygone, Shader und Physikspielereien erleiden mussten, atmen auf. Doch allzu schnell verkommt Retro zum Trend — und statt Abkehr von der Moderne und die Rückbesinnung auf die Tugenden, nach denen in den späten 80ern und 90ern vorallem japanische Arcade- und Konsolenentwickler entwickelten, findet nicht statt. Es wird mit dem retrochic kokettiert, doch im Kern ist da nichts, was wir uns auf die Wunschzettel für ein 8 Bit oder 16 Bit Gerät unserer Wahl geschrieben hätten. Retro muss vor allem eines sein: Substanz und Authentizität.

Wir waren da, als Retro noch nicht Retro war, als Spielezeitschriften obskure Titel aus Fernost besprachen, als dubiose Drittanbieter abenteuerliche Konstruktionen anboten, damit eben jene Spiele auch auf unseren Eurogeräten abspielbar werden würden. Wir fallen nicht auf Oberflächlichkeiten rein.

Auftritt Danilo Dias und Pedro Paiva alias JoyMasher. Schon die Entstehungsgeschichte ihres Spiels Oniken spricht Bände über das finale Produkt und zerstreut jegliche Skepsis, dass die beiden Jungs es nicht ernst meinen. Als überambitioniertes Mammutprojekt gestartet, verzetteln sich die Macher zunächst. Aus einem Megamix diverser Spielideen wie RPG-Elementen, Unmengen an Items und verschiedensten Waffensystemen, die Auswirkungen auf die Geschwindigkeit und Sprunghöhe des Helden haben, bleibt nur eines übrig: Frustration. Es folgt die Aufgabe, das Projekt Onikenchou wird eingestellt, die Macher widmen sich anderen Dingen zu und verlieren die Lust am Spiele machen.

Bis zum jenem schicksalshaften Tag, an dem Danilo die gesamte Ninja Gaiden-Trilogie auf seinem NES am Stück durchspielt (was an sich bereits eine meisterliche Leistung ist) und plötzlich Klarheit erlangt. Es ist die Geburtsstunde von Oniken – einem Tribut an eine Zeit, in der zwei Feuerknöpfe ausreichten, um uns alles zu geben, was wir uns je von einem Spiel wünschen würden.

Als Tribut spricht Oniken die Formsprache der Popkultur seiner Zeit, diese besteht vorallem aus Zitaten an Fist of the Northstar und M.D. Geist sowie dem NES/FC Katalog von Firmen wie Tecmo, Konami und Capcom: Muskulöse Überkrieger, die mit überdimensionierten Ninjawaffen vor endzeitlicher Kulisse gegen genetisch veränderte Supersoldaten, mutierte Biowaffen und haushohe Mecha antreten. Es ist der feuchte Traum eines jeden männlichen Mannes, der sich die Überdosis an Manga Entertainment VHS-Kassetten direkt intravenös gab und noch heute auf diesem Tripp ist. Oniken gelingt es dabei, sowohl jene ins Boot zu holen, die vielleicht nur Mad Max oder Terminator kennen, bietet aber vorallem dem Kenner jede Menge Hinweise auf den Animegeschmack der beiden Ersteller. Im Gespräch mit Danilo habe ich dann sogar erfahren, dass er tatsächlich beim Zeichnen der Zwischensequenzen Musikstücke wie “Kill the Fight”, “Heart of Madness” oder “Violence of the Flame” hörte. Großartig!

“Oniken is NES hard!”

Oniken hat also das Herz am richtigen Fleck, die Macher haben den Zeitgeist hinter Klassikern wie Super C oder Shatterhand im Blut. Gelingt ihnen das Unglaubliche und erreichen sie auch die Qualität besagter Titel? Mit Freudentränen möchte ich sagen: Ja! Dieses Spiel schafft es, sich unauffällig unter meine Sammlung diverser NES-Actiontitel aus den Jahren ’88 bis ’92 zu mischen und so zu tun, als ob es schon immer da wäre.

Es ist so wunderbar zu sehen, wie jemand die Grundprinzipien von klassischem Spieldesign verstanden hat und sicher anwendet. Hier braucht es neben guter Hand-Augen-Koordination vorallem eine gute Beobachtungsgabe. Die Geschehnisse am Bildschirm geben erst langsam ihre Geheimnisse preis und der Bildschirmtod ist des Spielers treuester Begleiter. Das Schöne dabei: Das Spiel selbst ist nie im Weg des Spielers. Keine Steuerungsschwierigkeiten durch alle möglichen und unmöglichen Aktionen, keine Kameraprobleme, keine Zwischensequenzen, keine Tutorials. Nur der Spieler und das Spiel, keine Ablenkung. Es ist diese Klarheit, die den meisten modernen Titeln völlig abgeht und Oniken in der heutigen Zeit zu etwas Besonderem macht. Ich fühle mich vom Spiel ernst genommen. Die Macher haben sich Mühe gegeben, meine Spielzeit mit möglichst viel Spiel zu füllen — hier bedeutet GAME START auch wirklich, dass ein Spiel beginnt. Hier bedeutet Spielen ein stetiges Verbessern der eigenen Fähigkeiten VOR dem Bildschirm. Dieser Titel spielt sich nicht von selbst und schert sich nicht darum, ob der Spieler einen Abschnitt zweimal oder hundertmal neustarten muss.

Oniken bestraft gnadenlos jeden, der seine Tricks nicht durchschaut, belohnt aber diejenigen mit Fortschritt, die sich Gegnerpositionen, Angriffsmuster einprägen und sich an die Spielregeln halten. Es ist eine in der modernen Spielewelt überwunden geglaubte Form des Designs, ein Spiel zu erlernen und dann die einstudierte Choreographie der Vernichtung möglichst fehlerfrei abzuspulen. Die Suchtwirkung, der Sog, der sich dabei entwickelt, wird massiv unterschätzt. Ich konnte das Spiel nicht weglegen, ehe der Abspann lief. Es ist eine allzu reizvolle Form des Spielens, besonders wenn der Fortschritt selbst erarbeitet ist. Kann es einen erhabeneren Moment geben, als einen Endgegner durchschaut zu haben und den als unbesiegbar geglaubten Feind endlich zu besiegen? Oniken bietet genau das, in Reinform — ohne Gekasper drumherum. Es wird niemanden überzeugen, der Angry Birds für ein fantastisches Spiel hält, doch es ist genau der Stoff, nach dem wir 2D-Junkies lechzen. Pur, frei von Verunreinigungen wie der Moe-Bewegung, die Karateka und Weltraumpanzer gegen Schulmädchen austauscht. Niemand wird Oniken erklären müssen, es funktioniert einfach.

Es mag an der Perspektive liegen, aber in 2D fühlt es sich einfach verdammt richtig an und Oniken liefert einen gelungenen Rundumschlag der verschiedensten Inspirationen. Der Connoisseur durchschaut zwar schnell, wo der Hase lang läuft (Ich war sicher auf eine Abwandlung meines Lieblingsbosses aus Super Probotector / Contra Spirits zu stoßen und wurde nicht enttäuscht), aber Deja-Vu Momente sind natürlich bei einem Tribut Pflicht. Der Tropus “Nintendo Hard” darf da natürlich auch nicht fehlen, wobei sich Oniken über weite Teile schon fordernd, aber nicht überfordernd spielt. Für den letzten Abschnitt bedarf es allerdings flinker Finger, die eines Meister Takahashi würdig wären.

Oniken ist ein absoluter Volltreffer geworden. Die beiden Macher haben wirklich einen Nerv getroffen — wünsche ich mir doch schon seit langem die Rückkehr von genau dieser Sorte Spiel. Danilo und Pedro können verdammt stolz auf Ihr Werk sein — und ich hoffe aus ganzem Herzen, dass ihre Arbeit entsprechend gewürdigt wird und wir vielleicht irgendwann ein Oniken 2 sehen werden. Für jeden MOST DANGEROUS da draußen wird der Kaufbefehl erteilt!

Oniken gibt es für PC über Desura zum Preis von €3,99. Wer sich in den Kommentaren (konstruktiv) zu Wort meldet, kann einen von zwei Downloadcodes gewinnen.

Mehr Informationen und eine Demo gibt es auf der offiziellen Webseite.

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Tiny and Big: Grandpa’s Leftovers http://superlevel.rip/spiele/tiny-and-big http://superlevel.rip/spiele/tiny-and-big#comments Wed, 20 Jun 2012 15:37:57 +0000 Dennis http://superlevel.rip/?p=43849

In gewisser Weise kann Tiny & Big nur scheitern. Seit einer ganzen Weile schon heißt es, dass das Spiel über mächtige Laser und magische Unterhosen (Arne berichtete) das erste richtig tolle Indie-Projekt aus Deutschland sein wird. Eine Erwartungshaltung, die kaum ein Spiel befriedigen könnte. Und dann stürmt der titelgebende Held Tiny in einem Level des fertigen Spiels unbesorgt über eine Tempelbrücke und schneidet mit einem Schuss seines Lasers die halbe Welt entzwei. Mit einem befriedigenden Knirschen gleiten die Gesteinsmassen in die Tiefe und sagen: Du allein warst das! Tiny & Big lässt mich eine ganze Videospielwelt in Stücke schneiden und es ist atemberaubend.

http://www.youtube.com/watch?v=4e9oke6mOZs

Tiny & Big ist am ehesten als Slice & Jump zu beschreiben, vielleicht aber auch einfach als erstaunlich cleveres Physik-Puzzlespiel. Auf der Suche nach den magischen Unterhosen seines Großvaters (fragt nicht) muss Held Tiny durch gigantische Wüstenlandschaften wandern. Weil er zu klein ist, um riesige Tempelstufen oder gewaltige Berge zu durchqueren, muss er sie mit seiner Laserkanone zurechtschneiden, mit seinem Greifhaken zurechtschieben oder mit dem Raketenwerfer zurechtschießen.

“Tiny & Big features 18 handselected tracks from tremendous indiebands.”

Auch andere Spiele versuchten sich an ähnlichen Mechaniken. In Petri Purhos Cut It wurde das Zerteilen von Boxen benutzt, um kleine zweidimensionale Rätsel zu inszenieren, während in Action-Titeln wie Dead Space oder Metal Gear Rising: Revengeance besonders gefährliche Stücke von Gegnern abgesäbelt werden müssen. Aber so beeindruckend, so episch und mit einem so wundervollen Soundtrack wie in Tiny & Big wurde diese Mechanik noch nie umgesetzt. Statt einer simplen Puzzlemechanik oder einem Präzisionsangriff geht es hier um die Zurschaustellung schöpferischer und zerstörerischer Macht. Black Pants haben eine Welt voller Ruinen, Tempel und gewaltiger Brücken erschaffen. Wir dürfen sie uns jetzt Untertan machen.

Sehr schnell schafft es Tiny & Big Spielern eine absolut fantastische Macht über die Gestaltung ihres Pfades durch die Level zu geben. Es gibt ein Ziel, einen durch Geröll und viel zu große Architektur versperrten Weg und einen Laser. Und viel mehr braucht es auch nicht für eine Einladung, mit der Welt zu spielen. Adam Smith hat vor einer Weile Spiele hochgehalten, die Dinge einfach passieren lassen. Spiele also, in denen der Zufall noch überraschende, erstaunliche Ergebnisse zulässt. Tiny & Big ist so ein Spiel.

Zumindest zum Teil. Während die ersten Level noch gefüllt sind mit riesigen Landschaften, die nur auf einen unvorsichtig gesetzten Laserstrahl warten, wird Tiny später in düstere Höhlen geschickt, in der es statt unzähliger Lösungswege meist nur den einen richtigen Weg gibt (und vielleicht noch ein paar sehr, sehr umständliche). Statt weiterhin durch gewaltige Welten zu tollen, müssen Plattformer-Passagen überwunden werden, die nicht so recht zum Rest des Spiels passen wollen. Tiny lässt sich nun mal nicht so präzise und einfühlsam steuern wie ein Super Mario und gekoppelt mit den nicht immer gut gesetzten Speicherpunkten betonen die schwierigen Höhlensequenzen diese Schwäche nur noch weiter. Zum Glück dauern diese Passagen nicht lange und dann ist das Spiel auch schon vorbei. Nur 3-4 Stunden verbringt man mit der Jagd nach den Unterhosen, was es nochmal verwirrender macht, dass es gleich zwei aufeinanderfolgende Tutorial-Level mit ähnlichem Inhalt gibt.

Aber zurück zur Grundfrage: Ist Tiny & Big das Spiel, das deutschen Indie-Entwicklern einen Platz am Tisch der richtig coolen Indie-Kids geben wird? Nicht ganz. Vielleicht ist das aber auch die völlig falsche Fragestellung. Tiny & Big ist kein irrsinniges Meisterwerk vom Schlag eines Super Meat Boy. Was es aber in seinen besten Momenten (und davon hat es trotz kurzer Spielzeit eine Menge) ist, das ist ein großartiges, buntes, erfindungsreiches Videospiel im besten Sinne. Es mag die Team Meats, die Jon Blows, die Phil Fishs nicht übertreffen — aber Tiny & Big kann verdammt nochmal mithalten. Und schon das allein ist so unfassbar viel wert.

http://www.youtube.com/watch?v=YEdqT8Kk4Mc

Tiny & Big gibt es für PC, Mac und Linux über GOG, Steam oder (unsere Empfehlung) direkt vom Entwickler DRM-frei, mit einer Menge Goodies und einem Steam-Key für ca. 10€.

Mehr Informationen und eine Demo gibt es auf der offiziellen Webseite.

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