Superlevel

Betalevel: Torchlight 2

Cuddleworth

Gib mir ein düsteres Diablo und du gewinnst Wochen meiner wertvollen Zeit. Gib mir ein Torchlight 2 und einen Zwergspaniel namens Cuddleworth und du gewinnst mein Herz. Das offline-spielbare, modbare, freundlichere Torchlight 2 klingt wie eine immer sinnvollere Alternative zu Diablo III. Statt also weiter meine liebenswerte Barbarin zu leveln, habe ich mir die Torchlight 2 Beta angeschaut.


Das Spielgefühl

Die Kurzantwort: Torchlight 2 fühlt sich fantastisch an! Etwas weiter ausgeholt: Torchlight 2 ist wie ein von Jean Baudrillard erstelltes Diablo. Es ist mehr Diablo als Diablo. Es ist Hyper-Diablo. Torchlight 2 vergeudet keine Zeit darauf, zum Kern des Spiels zu kommen: Welt entdecken, Monster totklicken, Inventar anhäufen, mehr Monster totklicken. Mehr noch als Diablo schafft es Torchlight, das Feedback eines jeden Klicks im Spiel bedeutsam und spaßig zu machen. Torchlight 2 ist wie ein dickes, knubbeliges Spielzeug, das gespielt und benutzt werden will. (Und diese Analogie wird mir jetzt zu sexuell, darum ein Richtungswechsel.)

Als ich Diablo III gespielt habe, hat es eine Weile gedauert, bis es sich richtig für mich anfühlte. Torchlight 2 hat das nicht. Was Runic Games hier mit Feedback, mit Sound, Tempo und Spielfluss gemacht haben, ist schon jetzt beachtlich.


Die Charaktere

Ember-Mage

Wo Diablo II versucht hat, genretypische Heldenrollen aufzubrechen und neue Heldenklassen einzuführen, blieb Torchlight bei der altbekannten Dreifaltigkeit aus Krieger, Bogenschütze und Zauberer. Torchlight 2 macht es nicht sonderlich besser. Für den Nahkampf gibt es den Engineer, einen gepanzerten Gentleman-Krieger mit Monokel und Schnurbart, der Gegner flächendeckend mit mächtigen Hammerschwüngen vernichtet und kleine Hilfsroboter zur Unterstützung beschwört. Schneller ist dagegen der Berseker, ein Nahkämpfer mit hohem Schadenspotential aber nur wenigen Lebenspunkten, der leicht gepanzert von Feind zu Feind hüpft. Der Outlander ist mit Spezialangriffen für den Fernkampf verantwortlich und der Ember-Mage ist ab Spielbeginn eine magische Massenvernichtungswaffe.

Allen Charakteren gemein ist liebevolles Design, Geschlechtsauswahl und — wichtig — die Modifikation des Aussehens. Das klingt nicht nach viel, aber vor allem im Vergleich zu Diablo zeigt sich, wie stark sich solche kleinen Details auf das Verhältnis von Spieler und Charakter auswirken können. Der greise Schnauzer meines Engineers fühlt sich nach meiner Entscheidung an. Bei Diablo hingegen unterscheidet nur die Ausrüstung zwei Barbarenladies voneinander. Aber auch bei der Ausrüstung ist Torchlight 2 weitaus liberaler. Jeder Held kann jede Waffe benutzen, solange die Anforderungen erfüllt sind. Ein Zauberer kann mit zwei Revolvern rumlaufen, ein Engineer kann auch einen Zauberstab schwingen.


Das System

Im Vergleich zu Diablo III ist Torchlight 2 ein sehr klassisches Action-Rollenspiel. Bei jedem Levelaufstieg dürfen Werte wie Geschicklichkeit und Stärke erhöht werden. Jedes neue Level bringt Punkte, mit denen neue Fähigkeiten freigeschaltet und verbessert werden können (allerdings können diese Punkte auch wieder gegen einen kleinen Obolus umverteilt werden). Torchlight 2 erinnert mehr an ein geschliffenes, modernes Diablo II als an ein weitergedachtes Spielegenre wie Diablo III.

Ähnlich wie in Diablo II hat jeder Charakter eine Art aufladbare Fähigkeit. Je länger der Engineer ganz regulär auf Feinde einprügelt, desto stärker wird sein nachfolgender Bodenstampfer. Wenn der Magier lange genug zaubert, dann verbrauchen seine Zaubersprüche für eine kurze Weile keine Energie mehr und er kann weiterzaubern. Das funktioniert in der Beta erstaunlich gut und hilft die Besonderheiten der Charaktere zu unterstreichen. Bei der Balance der Fertigkeiten bin ich mir allerdings noch nicht sicher.

Das lässt sich jedoch lösen, indem man einfach einen Schwierigkeitsgrad höher schaltet. Um sein Spiel schwerer zu machen, muss man nicht die gesamte Kampagne durchspielen oder einen neuen Charakter erstellen. Es reicht den Schwierigkeitsgrad zu wechseln. Die Stufe “Beginner” richtet sich an Anfänger und fürs Zwischendurch-Spielen. Ab dem dritten Schwierigkeitsgrad “Veteran” wird es aber sehr schnell knifflig. Vor allem, wenn man in einer Gruppe unterwegs ist, sind schon Kämpfe zu Beginn herausfordernd.


Die Welt

Die Spielwelt von Torchlight 2 ist bunt und granatenstark. Die Figuren sind grob gestaltet und haben trotzdem sehr viel Charakter. Wie augenzwinkernd Torchlight 2 mit Steampunk-Klischees spielt, ist einfach nur toll anzuschauen. Die Hintergrundgeschichte dagegen ist beliebig. Questtexte sind eine Aneinanderreihung von Floskeln und generischen Fantasynamen. Monster sind gelegentlich einfallsreich (Steampunk-Todesbären) und in ihren Eigenheiten auf den ersten Blick erkennbar, gehören aber größtenteils zum Fantasy-Standard (Zombies, Spinnen, Kobolde, Trolle, Skelette etc.).

Allerdings gibt diese Inkonsistenz und Beliebigkeit auch Gelegenheit dazu, mit der Spielwelt zu spielen. Torchlight 2 nimmt sich nicht ernst. Darum ist es auch möglich, eine Nebenquest mit Geisterpiraten ins Spiel zu integrieren, auch ohne dass es in eine epische Hintergrundgeschichte passen muss. Anders gesagt: Torchlight 2 ist ein Spiel, das sich darüber im Klaren ist, dass Questtexte ungelesen weggeklickt werden und konzentriert sich deswegen aufs Wesentliche. Das ist etwas schade, denn vor allem die mechanischen Wunderwesen, die Torchlight 2 bevölkern, könnten ein tolles Groschenroman-Szenario unterstützen. Der verkannte Autor in mir weint bittere Tränen.


Die Haustiere

Und das hier verdient einen eigenen Absatz! Jeder Held wählt zu Beginn einen Tiergefährten. Dabei sind unter anderem: Wolf, Pitbull, Adler, Katze, Frettchen. Das Viech kämpft mit, kann mit Zauberfischen gefüttert werden, um im Kampf die Gestalt zu wandeln und zurück zum Händler geschickt werden, um Gegenstände zu verkaufen. Kurz: Es ist ein Werkzeug, ein knuffiges Alleinstellungsmerkmal, ein treuer Weggefährte. Mein persönlicher Gefährte ist ein Radiomoderator namens Marcus Zwergspaniel namens Cuddleworth und es ist der beste Begleiter, den ich je in einem Videospiel hatte. Torchlights Tierbegleiter klingen in der Theorie relativ belanglos, aber sie unterstreichen die Stimmung des Spiels und helfen eine Bindung zum Charakter aufzubauen. Sie allein sind es wert, sich das Spiel anzuschauen.


Das Fazit

Torchlight 2 hat mich vor Freude hüpfen lassen. Es ist, das wage ich hier zu behaupten, das bessere Diablo II. Ist es ein Konkurrent zu Diablo III? Ich weiß es nicht. Zurzeit scheint es, als wäre Diablo inzwischen ein anderes Spiel. Ein sportlicheres, ein schnelleres, vielleicht sogar ein spaßigeres. Torchlight 2 aber liebt die Erinnerung an Diablo “wie es mal war” so sehr, das es es versucht sie nachzubilden — egal ob die kollektive Erinnerung der Realität entspricht oder nicht. Im Moment scheint es, als würde das gelingen.

Torchlight 2 ist zurzeit in der Beta und erscheint laut Entwickler Runic Games noch in diesem Jahr für PC, später dann auch für Mac. Wir verlosen unter allen sinnvollen Kommentaren und Namensvorschlägen für Tiergefährten (inkl. Tierart!) einen von 10 Beta-Keys. Beeilt euch, denn die Beta endet nächste Woche.

Mehr Informationen gibt es auf der offiziellen Webseite.

23 Kommentare zu “Betalevel: Torchlight 2”

  1. NaitaOni
    1

    Sieht geil aus und spricht mich irgendwie ebenso mehr an als D3.

    Übrigens, mit “Grim Dawn” ist grad auf Kickstarter (noch ein paar Stunden lang) ein weiteres, sehr interessantes Action-RPG im Diablo-Stil von den Titan Quest-Machern am Start, das schaut auch sehr super aus:
    http://www.kickstarter.com/projects/crateentertainment/grim-dawn?ref=live

  2. Lino
    2

    Naja hab torchlight 1 auf der xbox gezockt und des war recht einfach bis auf einen nervig schweren und ruckelnden endkampf mal schaun was der 2. teil verspricht

  3. Scheinprobleme
    3

    Ich glaube dieser Text wird das Wort “granatenstark” in Artikeln rehabilitieren. : )

    Das Spiel klingt wirklich unglaublich gut und Oh Mein Gott Tierbegleiter? Wundervoll! Das reicht mir schon mehr brauche ich nicht. <3

    Und welches der absolut ideale Begleiter wäre ist sonnenklar: Ein Wildschwein namens "Schnitzel"!: )
    Und ein Name für eine bereits vorhandene Tierart: Den Wolf würde ich "Wer" nennen und den Pitbull "Muschi".
    <3

  4. Slax
    4

    Der Schwierigkeitsgrad soll ja erhöht worden sein. Auch sind die Level und Dungeons auf den ersten Blick wesentlich Abwechslungsreicher, ebenso so die Gegner. Und es ist ein 20 Euro Spiel. Das einzige was für Diablo spricht ist die Story.

  5. tz8
    5

    ich will kleine Hunde haben, am liebsten Dackel, und sie sollen “Stoiber & Ströbele” heissen!

  6. Espy
    6

    Woo, Vorfreude!

    Mein Frettchen würde “Bill Murray” heißen. Etwas lethargisch und schwer zu begeistern, aber im richtigen Moment überraschend gewieft.

  7. awek
    7

    Meine Hunde hießen bei torchlight »Köter« oder »Pudel«.
    Mein Frettchen werde ich »Superlevel« nennen … und jetzt gebt den beta-key her!

  8. Wollmilchkuh
    8

    Schön geschrieben und gibt meiner Meinung nach den Unterschied Diablo 3 zu Torchlight 2 perfekt wieder. Beide verinnerlichen das Prinzip “totklicken” auf ihre Weise und erstaunlicherweise konkurieren sie nahezu überhaupt nicht für mich. Eher ist es so, dass ich als Ausgleich das jeweilige Andere spiele. :)

    TotalBiscuit hat es auch schön umschrieben, dass Torchlight 2 besonders eine Sache wirklich gut macht: Die Kämpfe fühlen sich so richtig “meaty” an und sehen auch so aus. :D

    Eine Sache die viele sehr gerne hinten rüber fallen lassen sind auch die Mods. Für den ersten Teile gab es da wirklich richtig gute und ausgereifte Sachen, von Texturenanpassungen, neuen Klassen, Quests bis zu neuen Gebieten (eine getrickste “Oberwelt” zum Beispiel) und auch Gegnern. Sogar der Prototyp eines Multiplayer war sehr beeindruckend. Ein paar kreative Köpfe brüten da auch schon an einigen Ideen für den zweiten Teil.

    Ich freue mich jedenfalls schon auf den Release und bin gespannt was Runic Games noch so alles aus dem Ärmel zaubert und ob sie uns diesmal etwas besser (zum Ende des Spiels hin) bei der Stange halten können als im ersten Teil.

    Grütze

    PS: Nehme nicht bei der Verlosung teil, bin bereits in der Beta.

  9. Paula Nancy Millstone Jennings
    9

    Da ich regelmäßig von meinem Umfeld gemaßregelt werde, mit diesem Namen nicht das Leben meines ungeborenen Sohnes zu zerstören, versuche ich ihn wenigstens hier anzubringen:
    Pamphilus.
    Sicherlich wäre es von Vorteil, wenn passend zu diesen Namen auch ein kleiner Elefant auswählbar wäre, allerdings kann dieser Name auch von einem edlen Tier wie dem Panther getragen werden.

  10. Hamrath

    ich hab jetzt schon mehrmals den Mauscursor über dem Kaufen-Button bei Steam gehabt. Wobei die Frage für mich eher das “Wann”, nicht das “Ob” ist. Torchlight 1 habe ich wirklich gern gespielt und es gehört zu den wenigen Spielen der letzten Jahre, die ich wirklich beendet habe.

    Meine Katze würde ich “Simba” nennen. So hieß mein Kater, der auch ohne Fisch mindestens so gefährlich war wie die Viecher aus Torchlight 2.

  11. Ormus

    Uhhhh, sehr nett. Und die Mindestanforderungen an den PC sind auch spürbar casual-freundlicher als bei D3. Ich würde das Brillenfrettchen als Pet nehmen und es “Hawkeye” nennen :-D

  12. Manu

    Habe auch die Beta und Teil 1gespielt und mir gefällt der Grafikstil partout nicht. Mehr Steampunk wäre super, aber dafür ist es zu dezent im Spiel und von der “nimmt sich nicht ernst” habe ich auch zu wenig gespürt. Da hat DeathSpank einfach zu weit vorgelegt.

    Aber beim Fazit stimme ich Dir zu: Torchlight II ist das moderne Diablo II und eine gelungene Fortsetzung des ersten Teils, aber kein Vergleich zu D3. Was ja auch gut so ist, gegen das feingeschliffene Monster von Blizzard braucht es gar nicht anzutreten, aber als Alternative durchaus gelungen. Wenn es doch nur etwas hübscher wäre… dafür sind die Splatter-Effekte nice in den Schneelandshaften :)

  13. zichy

    Das, was Dennis da beschreibt, erinnert mich doch schon sehr an Nintendo (mal abgesehen davon, dass Runic Games einen vernünftigen Online-Support bietet): Triviale Story, liebevoll gestaltete Umwelt mit veralteter Grafik, perfektioniertes Gameplay. Ist es nicht genau das, was ich bei diesem Genre will?
    Das kann ich leider nicht beantworten. Immerhin habe ich mir ja auch Diablo 3 gekauft. Für 60 Euro, die es absolut nicht wert ist. Es ist zwar nicht schlecht, aber ich möchte doch eigentlich keine 40 Euro Aufpreis (im Beispiel von Torchlight 2) bezahlen, nur um dann eine etwas nettere, aber immer noch abgedroschene Story zu haben. Immerhin kann man in Diablo 3 ja alles überspringen und ist nicht gezwungen, sich sämtliche Dialoge anzuhören, beziehungsweise durchzulesen. Dass das bei bestimmten Spielen Vielen einfach nich wichtig ist, hat auch schon längst ArenaNet bemerkt -- in Guild Wars 2 wird man sie Story erleben, statt sie zu lesen. So, wie es sein sollte.
    Wie auch immer, Torchlight 2 ist seit Oktober 2011 vorbestellt und Diablo 3 vertreibt bis zum Release eigentlich ganz nett die Zeit.

  14. Nils

    Also wenns einen Wellensittich gäbe, dann natürlich Schewardnadse, meiner Meinung nach der beste Tiername der Welt!

  15. Christin

    Alsoo, ich würde das Frettchen nehmen und es, ja nicht besonders einfallsreich- Freddy nennen. Der Grund ist simpel: als ich 5 war , schenkte mein Onkel mir ein völlig heruntergekommenes Frettchen, dass ich-ihr ahnt es schon- Freddy nannte. Freddy war ziemlich verzogen und hing mir im Grunde ständig irgendwo am Körper, wobei er sich mit den Zähnen “festhielt”. Ein optimaler Kampfgefährte also. Werfen und hoffen ;-)

  16. ICETE4

    Schöner Bericht! Hab genau das selbe Empfinden was D3 und Torchlight 2 anbetrifft. Torchlight ist irgendwie der geheime Nachfolger von Diablo 2 und führt bewehrtes weiter fort.

    Ich würde eine Katze nehmen und die nach Gargamels Haustier benennen: Azrael!

  17. Christin

    oh wie toll!!! tausend Dank!

  18. Hamrath

    Yeah! o/ Wenn ich groß bin, heirate ich Dennis! Dankeschön!!!

  19. Carlo

    Als ob es da irgendeine Frage gäbe. Es muss ein Mops sein! Und er wird “Battlepug” heissen. http://battlepug.com/

    Entweder das, oder halt ein Katzenviech namens Herschel. So hiess schon mein Löwe in Black & White und ZOMG ICH BIN SO ALT ICH ERINNERE MICH NOCH AN BLACK & WHITE WTF

  20. Asamak

    Torchlight I hat mich gelangweilt. Schuld daran waren wohl die sich ständig wiederholenden Level. Ich habe es trotzdem ein wenig gequält durchgespielt. Leider hat mich auch das Ende nicht überzeugt.

    Torchlight II kann mich nur locken, wenn der Multiplayermodus stimmt und das Spiel an sich abwechslungsreicher wird. Die Modding-Schnittstelle ist sehr interessant. Darüber hätte ich gerne mehr erfahren. Den tierischen Begleiter gab es ja schon im ersten Teil.

  21. Dennis

    @Asamak

    Recht hast du, die Tierbegleiter gab es schon im ersten Teil. Diesmal erschienen sie mir nur noch ein bisschen knuffiger.

    Auf die Mods freue ich mich auch. Im Moment ist davon nichts zu sehen, aber ich hoffe, dass sich was mit dem Release des Spiels tut. Behalten wir auf jeden Fall im Auge.

  22. Dom

    Superlevel: Der schmale Grat zwischen totaler Verarsche und liebevoller Key-Verschenkung. o/

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