Superlevel

Hack ‘n’ Slash: Load it, check it, quick – rewrite it

SHOW_ARTICLE
READING_SPEED
POINTLESS_BUTTON

HackTurtles

Im Kindesalter bekämpfte ich liebend gerne meine gähnende Langeweile mit einem Schraubenzieher. Alles, was nicht mit einer Sicherheitsschraube gesichert war, zerlegte ich kurzerhand in seine Einzelteile. Meine Neugierde beschränkte sich dabei vorwiegend auf elektronische Geräte, deren Innenleben und Funktionsweise für mich so unerklärlich wie faszinierend waren. Dass dabei diverse Spielzeuge und Wecker nach meiner gründlichen Inspektion den Geist aufgaben oder gar nicht mehr zusammengeschraubt werden konnten, störte mich im Gegensatz zu meinem Umfeld nicht. Es gab kein richtig oder falsch, solange meine kindliche Neugierde befriedigt wurde. Genau die wurde nun wieder entfacht, als ich von Hack ‘n’ Slash hörte, dem neusten Spiel von Double Fine. Hack ‘n’ Slash verspricht einen freien Einblick in sein Innenleben, dem eigentlichen Quelltext und setzt sogar voraus, dass er frei vom Spieler modifiziert wird. Sich durch den Code wühlen, selbst herumschrauben? Eine perfekte Herausforderung für mein Halbwissen bezüglich Algorithmen und Programmiersprachen!

HachHack

In der Grundstruktur handelt es sich bei Hack ‘n’ Slash um ein Adventure mit The Legend of Zelda als großem Vorbild. Eine Oberwelt wird in Begleitung eines aufdringlichen Sprites erkundet, in Dungeons werden Rätsel gelöst und neue Items dem Arsenal hinzugefügt, um am Ende dem Bösewicht gegenüberzutreten. Innerhalb von Sekunden wird allerdings klar, dass damit die Gemeinsamkeiten aufhören. Das Schwert des Charakters entpuppt sich als ein USB-Stick, mit dem fast alle Elemente vom Spiel modifiziert werden können. Attackiert man so beispielsweise eine verschlossene Tür, kann man in einem Dialogfeld die “Door Closed” Variable von “true” auf “false” ändern, womit die Türe aufspringt. Fortan finden fast alle Interaktionen mit dem Spiel durch das Ändern vom Code statt. Büsche werden in Brand gesetzt, die Route von Gegnern verändert oder Steine umprogrammiert und aus dem Weg geschoben. Anfangs ist das noch leicht verständlich und führt zu faszinierenden Resultaten, Hack ‘n’ Slash entwickelt sich aber schnell zu einem Lua-Kurs für Fortgeschrittene. Immer tiefer stößt man in die Code-Innereien vor und wird schließlich ab der zweiten Hälfte mit solchem Kauderwelsch konfrontiert:

HackCode

Ab diesem Punkt ändert man nicht nur einzelne Objekte, sondern ganze Algorithmen, die wiederum Mechaniken im Spiel ausführen. Die Algorithmen werden zwar alle in einem grafischen Interface visualisiert, was deren Komplexität allerdings kaum verringert. Genauso wenig hilft es, dass es oftmals nur wenige Variablen zu ändern gilt. Denn wer das Grundkonzept nicht versteht, wird Probleme haben, sie überhaupt zu finden. Ich persönlich griff ab dem Punkt zu der einzigen Methode, die mir noch zugänglich war: Brute-force. Das Ergebnis: Absturz, weil Hack ‘n’ Slash meine Modifikationen nicht vertrug. Basiswissen wird kaum erklärt. Hack ‘n’ Slash entpuppte sich als Dozent, der ohne Rücksicht auf Verluste voranprescht und zu nächtlichen Recherchen auf Wikipedia und Google zwingt, um überhaupt noch mithalten zu können.

HackCode2

Auch sonst gibt es einige Fehler. Optisch schwankt Hack ‘n’ Slash zwischen akzeptabel und MS-Paint, die Perspektive fühlt sich nur selten richtig an, die Steuerung ist schlüpfrig und dank miserabler Kollisionsdetektion fliegt man nicht selten ungewollt in Abgründe. Die cleveren Anspielungen auf technische Begriffe und die witzigen Dialoge der Charaktere brachten mich zwar oftmals zum Schmunzeln, die eigentliche Story beginnt sich aber erst während dem letzten Kapitel zu entwickeln und ist schlussendlich ähnlich verwirrend wie das Spiel selbst.

Hack ‘n’ Slash ist ein Spiel mit zwei Gesichtern. Die anfangs verständliche Logik führt immer zu unterhaltsamen Resultaten, die meine Neugierde steigerten. Wenn ich per Zufall entdecke, dass ich die Laufgeschwindigkeit meines Charakters mit einem Bumerang modifizieren kann oder realisiere, auf wie viele unterschiedliche Möglichkeiten die Rätsel lösbar sind, zeigt sich das Potential. Ab der zweiten Hälfte ist davon nichts mehr zu spüren und ich mogelte mich irgendwie durch, zur Not sogar mit Walkthroughs. Wer sich mit Lua auskennt, wird hier für einige Stunden durchwegs unterhalten sein. Wer allerdings bereits Probleme hat, Texte mit HTML-Tags zu gestalten, wird komplett verloren sein. Hack ‘n’ Slash ist ein Nischenprodukt für (angehende) Programmierer. Es vergisst dabei, dass ein Großteil seiner Spieler nicht dazugehören.

2 Kommentare zu “Hack ‘n’ Slash: Load it, check it, quick – rewrite it”

  1. Henry
    1

    Ich denke, es spielt keine Rolle, für wen dieses Spiel alles nicht gemacht wurde. Dass sich überhaupt jemand mit Geld traut, etwas so Nerdiges und Vielschichtiges zu entwickeln, ist wichtiger als alle Call-of-Dutys und Halos dieser Welt. Und das ist es, was das Medium überhaupt noch interessant hält. Hier sehen wir ein Spiel, das möglicherweise nicht so ausgereift ist, wie andere Titel, aber dessen Mechanik diesen jedenfalls meilenweit voraus ist.

  2. Sofakissen
    2

    Ich bin leider nicht mal bis zu dem Teil gekommen, an dem das Programmieren komplizierter wird. Steuerung und Kollisionsabfrage haben mich schon in der ersten Stunde erst mal wieder genervt eine Pause einlegen lassen.

    Ich glaube weniger die kleine Zielgruppe der Idee (die ich nach wie vor toll finde) ist ein Problem, sondern eher die stellenweise etwas lieblos und unfertig wirkende Umsetzung.

Ein Trackback zu “Hack ‘n’ Slash: Load it, check it, quick – rewrite it”

Kommentare sind geschlossen.