10 More Bullets
Dominosteine gehören zu den am meisten zweckentfremdeten Gegenständen dieser Welt. Statt sie entsprechend ihrer Augenzahlen aneinanderzulegen, stellen sie die meisten Menschen hintereinander hochkant auf den Tisch und werfen dann den ersten Stein um, nur um später die tolle Kettenreaktion zu beobachten, an deren Ende im Idealfall auch der letzte Stein umfällt. Findige Spielwarenhersteller kamen schon früh auf die Idee, die Steine einfach ganz ohne Augen herzustellen, stattdessen bunt und aus Plastik, mit eckigen Kanten, so dass sie leichter aufstellbar waren. Denn die Qual am Dominoeffekt ist, dass er, je länger er dauern soll, lange Aufbauzeiten notwendig macht. 10 More Bullets nimmt vom Dominostein das Beste: die Freude über Kettenreaktionen. Die Aufbauarbeit entfällt komplett.
Ich übernehme dabei die Kontrolle über eine stationäre Kanone am unteren Bildschirmrand, die per Knopfdruck auf vorbeifliegende Raumschiffe feuert. Wie bereits beim Vorgänger 10 Bullets endet ein Spiel nach zehn Schüssen aus der Kanone. Wird ein Raumschiff getroffen, stehen die Chancen allerdings recht gut, dass es durch seine Explosion andere mit ins Verderben reißt. Diese wiederum explodieren natürlich ebenfalls. Explodiert ein besonders großes Schiff, ist die Explosion natürlich noch größer, viel mehr Schiffe werden auf einmal getroffen und urplötzlich entsteht der Eindruck, der ganze Bildschirm könnte jederzeit in die Luft fliegen. Wirklich bewusst auslösen lässt sich eine solche Kettenreaktion nur sehr begrenzt – dafür gibt es aber jede Menge Hilfsmittel in Form von nützlichen Upgrades.
Raumschiffe explodieren natürlich nicht einfach nur ohne etwas zu hinterlassen. Sie schenken mir kleine Power-Ups, die ein freundlicher Helfer auch immer brav zur Kanone und damit zu mir bringt. Diese wiederum lösen dann etwa Wellen von verdächtig nah aneinanderfliegenden Raumschiffen aus, die sich besonders gut für den Beschuss eignen, oder sie schicken nur drei kleine Raumschiffe vorbei, die dafür aber kreis- und spiralförmig in die Luft fliegen und so besonders viele andere Schiffe treffen. Am schönsten ist jedoch, dass es ab und zu auch Geld regnet.
Und so entsteht nach einigen erfolgreich ausgelösten Kettenreaktionen so etwas wie die Meta-Ebene einer Kettenreaktion: Nach jedem Spiel kann ich mir in einem kleinen Shop Upgrades kaufen. Größere Explosionen etwa oder mehr Helferlein oder die Fähigkeit, mehr Power-Ups gleichzeitig benutzen zu können. Je mehr Kettenreaktionen ich auslöse, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass ich weitere Kettenreaktionen auslöse und desto bombastischer werden auch die Kettenreaktionen selbst. Nach etwa einer halben Stunde fühlt sich 10 More Bullets bereits an wie ein Wettrüsten mit mir selbst, nach weiteren 30 Minuten lasse ich mich von ein paar kleinen Explosionen schon gar nicht mehr blenden und bin erst zufrieden, wenn der Krach sich so sehr überlagert, dass meine Boxen übersteuern. Ein wunderbares Gefühl. Schwierig ist es nur, einzusehen, dass jede Kettenreaktion auch einmal ein Ende haben muss.