Archiv: #blast from the past
Superlevel-Autorinnen und -Autoren sowie geladene Gäste berichten
über prägende Spiele und Spielerlebnisse aus der Kindheit und Jugend.
Superlevel-Autorinnen und -Autoren sowie geladene Gäste berichten
über prägende Spiele und Spielerlebnisse aus der Kindheit und Jugend.
Es gibt Spiele, die sind Allegorien für die eigene Jugend. Auch wenn keines der Dörfer, in denen ich aufwuchs, von einer Horde Monster heimgesucht wurde und Magie für immer Fantasie bleibt, ist Diablo bezeichnend für meine Jugend. Die Story beschreibt die Verderbnis einer friedlichen Welt und genau das tat Diablo mit meinem arglosen Weltbild. (…)
Es war eine sehr angespannte Atmosphäre, als ich mit dem Regionalexpress aus dem großen Hamburg wieder zurück in mein kleines Pissdorf fuhr. Der Zug war voll, aber nicht voller als sonst, nur die Menschen darin wirkten seltsam nervös. Sie hatten bereits davon gehört, wenn auch nur flüchtig, doch sie konnten es einfach nicht einordnen. (…)
Manchmal ist das Gedächtnis ein Verräter: An einige Lieblingsspiele meiner Kindheit habe ich fast keine Erinnerungen mehr, während ich andere kristallklar vor meinem inneren Auge sehe. Dieses selektive Erinnern hat vermutlich weniger mit Hirnkapazität zu tun als mit Repräsentation – manche Spieleklassiker sind eben bis heute sehr präsent. Oder anders gesagt: Es ist keine Leistung, sich gut an Monkey Island erinnern zu können, wenn unsere Erinnerungen durch Medienkonsum kontinuierlich aufgefrischt werden. (…)
Manche Projekte sind so offensichtlich zum Scheitern verurteilt, dass man sich entgeistert fragen muss, warum sie trotzdem realisiert werden. Das Nagelstudio mit integrierter Bubble-Tea-Bar zum Beispiel mag zwar eine reizvolle Ressourcenzweitverwertung in Aussicht stellen, lockt aber nicht gerade mit einer einladenden Geruchsmelange. Doch gelegentlich werden an sich gute Ideen auch nur zum falschen Zeitpunkt vorgestellt und deshalb zu finanziellen Fehlschlägen. (…)
Jedesmal wenn ich mit meiner Freundin in die Videothek ging, damals, als man noch in Videotheken ging, blieb ich am PS2-Spielerregal kurz stehen, damals, als es noch PS2-Spieleregale in der Videothek gab, zeigte auf Shadow of Rome und sagte “Ich hab gehört, das soll richtig gut sein”. Und dann lachten wir, weil ich das Spiel schon lange besaß und mehrfach durchgespielt hatte – einer dieser merkwürdigen, nicht wirklich erklärbaren Running Gags, die sich in langen Beziehungen gleich welcher Art zwangsläufig entwickeln. (…)
Mein Curriculum Vitae in Spielangelegenheiten würde den sich allzu ernstnehmenden Twitterspielejournalisten die Tränen in die Augen treiben. Er ist geprägt von fehlenden Möglichkeiten, geschweige denn Fähigkeiten, Trödelei, Versäumnissen, Wissenslücken und Naivität. Das versuche ich gern mit einer ungebrochenen Euphorie wettzumachen. Der Alptraum eines jeden Personalers – keine Ahnung von nichts, aber mit Leidenschaft. (…)
Ob es letztlich über eine Shareware-Version auf irgendeiner selbstkopierten 3,5-Zoll-Diskette in meinen Besitz gelangt oder auf magische Art und Weise einfach schon auf dem Familien-PC installiert war, weiß mittlerweile vermutlich nicht mal mehr mein Vater, der Hüter des heiligen 386ers. Klar ist dafür, dass mir Battle Chess nicht etwa das Spiel der Könige nähergebracht, sondern mich schon als Grundschüler für popkulturelle Zusammenhänge sensibilisiert hat – bevor ich überhaupt wusste, was Popkultur eigentlich ist. (…)
Es gibt zwei Generationen, die mit Star Wars aufgewachsen sind. Ich gehöre zu keiner davon. Zu jung, um die alte Trilogie nicht bloß als Filmklassiker aus dem Wochenendprogramm von Pro 7 zu kennen und gerade so zu alt, als dass mich der Marketinghype der Prequels voll hätte erfassen können. Mein erster Berührungspunkt mit der Weltraumoper war nicht Die Dunkle Bedrohung, sondern ein düsterer Egoshooter: Dark Forces II – oder, wie er in Deutschland aus Furcht vor einer erneuten Indizierung hieß, Jedi Knight. (…)
Das Schlüsselloch zur Zukunft war ein vergilbter 14-Zoll-Monitor. Darunter: Zehn Kilo Hardware, die man Mitte der Neunziger einen 486er nannte. Eine Technik, auf der ich zu diesem Zeitpunkt schon vieles gesehen hatte, nur das nicht: Menschen. Echte, leibhaftige Menschen, die unmittelbar zu mir sprachen. Ein Feature, an das sich Archäologen und Altvordere gerne als Realfilm-Sequenz erinnern und mit dem auch Crusader: No Remorse im Jahr 1995 eindrucksvoll aufmachte. (…)
Nachdem meine Mutter sich von meinem Vater scheiden ließ, machte sie sich mit einem Schnellimbiss selbständig, um von Staat und Ex-Mann finanziell unabhängig zu sein. Der klitzekleine Imbiss befand sich am Ortseingang meines Heimatsdorfes im ländlichen Schleswig-Holstein. Meine Mutter arbeitete täglich von früh bis spät und wenn ich sie tagsüber sehen wollte, musste ich aktiv werden. (…)
Als Ende der Neunziger Jahre Pokémon Rot und Blau erschienen, markierten sie nicht nur den Startpunkt für ein Multi-Milliarden-Dollar-Franchise – sondern auch für meine Liebe zu RPGs. Mein achtjähriges Ich war fasziniert von der Mischung aus Abenteuer, Erkundungstouren, strategischen Kämpfen und dem Sammeln niedlicher kleiner Monster. Mein Game Boy wurde zu meinem ständigen Begleiter. (…)
Ich bin immer noch der Meinung, dass sich Coolness am besten durch relative Nähe zu Ninjas bemessen lässt. Kurzärmelige Hemden verhindern beispielsweise die Vermummung des Körpers. Ninjas würden so etwas niemals tragen. Also sind die Hemden uncool. Herd-Espressokocher erfüllen eine überlebenswichtige Funktion mit maximaler Schlichtheit und minimalem Materialaufwand. Und sie tun weh, wenn man sie über den Kopf gezogen bekommt. (…)
Meine Kindheit war, was Spiele anging, eine geborgte. Bei uns zu Hause gab es lange keine Konsole. Der PC stand im Büro meines Vaters und hatte trotz seiner guten Hardware den Titel „Arbeitsrechner“, so dass meine Leidenschaft für die Pixelwelten lange Zeit auf Nachmittage bei Freunden und Magazine limitiert war.
Ändern sollte sich das erst 2002. (…)
Es begab sich an einem grauen Tag im Jahr 1998. Das Leben war selbst aus dem letzten Blatt gewichen und das Dunkel des Winters legte sich langsam über Felder und Gemüter. Ich hingegen legte an diesem Tag im zarten Alter von 12 Jahren das erste Mal Overblood in die Playstation. Overblood, von Riverhillsoft entwickelt und 1996 von Electronic Arts herausgegeben, ist ein typisches Spiel aus dem „Golden Age“ der Horror-Survival-Spiele, was, wenn man so will, mit der Veröffentlichung von Resident Evil im selben Jahr begann. (…)
Papa ist stolz wie Bolle. Schon immer mehr PC-Spieler als Konsolen- und Handheld-Kind und damit ganz nach seinem eigenen Gusto, steht der Sohnemann im Herbst 1997 in einem schäbigen Computerladen in einer Mall in Dallas, Texas und interessiert sich weder für moralisch natürlich höchst fragwürdige Shooter oder öde Aufbausimulationen, sondern nur für eins: die Sammelbox, die alle vier Police Quest-Adventures vereint. (…)