5 aus 16: Florian

Hallo, Jahresende jetzt! Abermals ist dies eine willkommene Zeit, um ein Fazit zu ziehen. Viele machen das. Ganz oft sagen dann die vielen, dass 2016 ganz furchtbar war. Aber eigentlich nur, wenn man weiß, was in der Welt so vor sich gegangen ist. Wer sich stattdessen in einem Atomschutzbunker mit den Spielen verschanzt hatte, die in den kommenden Tagen auch die Toplisten der Superlevel-Autorinnen und -Autoren ausfüllen werden, wird 2016 sicher in besserer Erinnerung behalten. Denn rein videospielmäßig betrachtet war das Jahr doch ganz okay.

Freut euch also über tolle Titel und die dazugehörigen Liebesbekundungen und vergesst bitte auch nicht, eure persönlichen „5 aus 16“ in unserem schönen Forum zu hinterlassen. Sonst hätten wir das Thema ganz umsonst aufgemacht.


Firewatch

Zehn Monate liegen zwischen der Veröffentlichung von Firewatch und dem Zeitpunkt, zu dem ich die kurze, aber intensive Geschichte von Henry und Delilah zu einem bittersüßen Ende bringe. Gut, dass es „5 aus 16“ gibt und ich so kurz vor knapp noch gezwungen bin, diese absolute Indie-Perle von meinem Stack Of Shame zu streichen. Dabei ist Firewatch lediglich ein etwas aufgebohrter Walking Simulator, denn die Interaktion zwischen dem Protagonisten Henry und der sichtbaren Spielwelt ist minimal und beschränkt sich größtenteils darauf, über Steine zu kraxeln, Bäume zu fällen und sich an Felswänden abzuseilen.

Die wahre Geschichte spielt sich in den via Funkgerät geführten Gesprächen zwischen Henry und seiner Vorgesetzten Delilah ab, die ich während des gesamten Spiels nie zu Gesicht bekomme. Das ändert aber nichts daran, dass die Entwickler beide Figuren enorm detailreich und nuanciert zeichnen und es mich sofort in den Bann der Geschichte mit ihrem leichten Mystery-Touch und ihren zahlreichen Twists zieht. Und ja, auch die hervorragend gestaltete Spielwelt und die knuffige Grafik tragen für mich viel zum Charme des Titels bei.


NBA 2K17

Ich hasse Sportsimulationen. FIFA? Hau ab. MLB The Show? Unfug. Madden? Nee. Nur ein einziges Sportspiel schafft es Jahr für Jahr, mich wieder in seinen Bann zu ziehen: NBA 2K. Auch NBA 2K17 ist für mich persönlich wieder ein krachender Slam Dunk. Die rückblickend saublöde und vor Klischees nur so triefende Geschichte des Karrieremodus der letztjährigen Ausgabe wurde durch die charmante Skizzierung einer Freundschaft ersetzt, die sich auch auf dem Platz in Form eines dynamischen Duos äußert. “Orange Juice”, bestehend aus meinem Spielercharakter und dem von Schauspieler Michael B. Jordan verkörperten Justice Young, orientiert sich dabei an anderen großen NBA-Duos wie den “Splash Brothers” Steph Curry und Klay Thompson oder “Lob City”, bestehend aus Chris Paul und Blake Griffin, und gibt dem teilweise etwas ermüdenden Saisonalltag eine launige Rahmung.

Bezeichnend, dass auch Electronic Arts dieses Jahr scheinbar mal auf den Trichter gekommen ist, dass eine gut erzählte Hintergrundgeschichte einem Karrieremodus in einem Sportspiel gut tut und mit FIFA 17 auf den NBA-Zug aufgesprungen ist. Die anderen Alleinstellungsmerkmale der Basketballsimulation bleiben allerdings: sinnvolle, aber minimale Optimierungen der Spielmechanik, wieder ein bisschen realistisch schwitzendere Athleten und mit MyPark ein weiter verfeinerter, ausgesprochen spaßiger und in seiner Art im Genre einzigartiger Online-Modus.


Tyranny

Auch wenn ich in nahezu allen Rollenspielen aus den vorgegebenen Archetypen immer den Dieb, Schurken oder anderweitig im Schatten agierenden Helden wähle: Sobald es an moralische Entscheidungen geht, wähle ich immer die gute und rechtschaffene Seite. Tyranny zwingt mir andere Denkmuster auf und schubst mich ein gutes Stück aus meiner Komfortzone. Denn in dem an klassischen CRPGs angelehnten Titel stehe ich im Dienst eines Tyrannen, der gerade seinen letzten Feldzug abgeschlossen hat, und muss dafür sorgen, dass seine Gesetze eingehalten werden und der letzte Widerstand in den eroberten Gebieten gebrochen wird.

Gesinnungstechnisch bewege ich mich dabei zwischen rechtschaffen böse und chaotisch böse – keine sonderlich erbaulichen Aussichten für jemanden, der sonst höchstens mal einen Anti-Helden verkörpert. Dafür verdeutlicht das Spiel eine wichtige Lektion: Komplexe Probleme lassen sich selten in schwarz-weiße Kategorien wie gut und böse einordnen und der einfachste Weg ist meist nicht der richtige. Die Präsentation des Titels fühlt sich an wie eine Zeitreise nach 1999 – mit höherer Auflösung, versteht sich -, inklusive Textwüsten, durchdachter Charaktere und gerade in den höheren Schwierigkeitsstufen fordernder, aber immerhin pausierbarer Echtzeitkämpfe. Tyranny ist also definitiv retro – aber auf eine gute Art.


Dark Souls III

Man muss schon Spaß am Scheitern haben, um mit Dark Souls III warm zu werden. Und auch wenn Marcus in seinem Artikel richtig anmerkt, dass die ursprünglichen Aha-Momente des ersten Teils oder auch des spirituellen Vorgängers Demon’s Souls mittlerweile fehlen, überzeugt mich der letzte Teil der Souls-Trilogie dann doch. Dazu tragen vor allem die großartigen Tableaus und die prächtig konstruierten Level bei, die ihre ganz eigenen Geschichten erzählen. Einen roten Storyfaden, dem jeder problemlos folgen kann, bietet allerdings auch Dark Souls III nicht. Dafür wird der belohnt, der tiefer gräbt: In vielen Gegenstandsbeschreibungen wird das Wissen um die Spielwelt weitergegeben und immer wieder Bezug auf die Vorgänger genommen, die sich anscheinend doch ein Universum teilen – und dann auch wieder nicht.

Das Scheitern jedenfalls bleibt auch im derzeit aktuellsten Titel von From Software mein ständiger Begleiter, wenn es auch mal wieder durch die großartige, im Detail enorm komplizierte Multiplayer-Komponente bei besonders schwierigen Endgegnern ein Stück weit abgemildert wird. Auch die angehobene Geschwindigkeit der Kämpfe, die in den Vorgängern nicht nur durch die immer noch gültige Maxime des Abwartens und Abschätzens, sondern auch durch die behäbigen Bewegungen selbst der flinkesten Charaktere verlangsamt wurden, tut dem Spielerlebnis enorm gut. Ein bisschen schade ist es schon, dass die Entwickler das Souls-Kapitel mit Dark Souls III endgültig schließen. Als visuell enorm beeindruckender und spielerisch weiter verfeinerter Schwanengesang wird das Action-RPG mir allerdings in guter Erinnerung bleiben.


XCOM 2

Reboots sind nicht nur im Bereich von Film und Serie eine heikle Sache, auch die Neuauflage beliebter Videospielreihen kann ordentlich in die Hose gehen. Wie man das Ganze richtig angeht, zeigen Firaxis 2012 mit XCOM: Enemy Unknown, das die ewige Auseinandersetzung zwischen Alien-Invasoren und menschlichen Verteidigern äußerst erfolgreich in das neue Spielejahrtausend überträgt. XCOM 2 verfolgt hingegen einen etwas anderen Ansatz: Was wäre, wenn ich die Erde im ersten Teil des XCOM-Reboots nicht vor den Aliens gerettet hätte und selbige die Kontrolle über den Planeten übernommen hätten?

Da das Spielprinzip mit seinen zwei großen Pfeilern Basis-Mikromanagement und taktischen Kämpfen gleich bleibt, ist die Antwort schnell gefunden: Natürlich rüste ich eine von einer mobilen Basis aus agierende Guerilla-Truppe aus, die gegen die Besatzer rebelliert und letztendlich bei genügend planerischem und taktischem Geschickt meinerseits wieder triumphiert. Die Hintergrundgeschichte ist relativ überraschungsarm, und auch der anfängliche David-gegen-Goliath-Effekt verpufft schnell, wenn sich meine Untergebenen von hoffnungslos unterlegenen Rebellen zu genetisch und technisch optimierten Supersoldaten entwickeln. Dennoch kann aus spielmechanischer Sicht kein anderer Titel im Genre der Rundenstrategie XCOM 2 das Wasser reichen. Und sei es nur deswegen, weil es auch nach all den Jahren ernsthaft schmerzt, einen seiner in mühsamer Arbeit hochgepäppelten Rekruten durch einen Glückstreffer der Gegenseite für immer zu verlieren.