Alles verdirbt: IAMJASON
Verderbnis kommt oft schneller in unser Leben als uns lieb ist. Nehmen wir die Yucca-Palme in meinem Wohnzimmer: Vor kurzem schien sie noch in vollem Saft zu stehen, nun hängen die wenigen grünen Blätter, die sie noch hat, schlaff an ihr herunter. Oder Zitrusfrüchte: Orangen und Zitronen scheinen an einem Tag noch ganz frisch, schimmeln aber rekordverdächtig schnell, wenn sie irgendwo eine Druckstelle haben. Dann ist es zu spät, noch etwas zu retten, denn die Verderbnis ist in der Realität unumkehrbar. Anders ist das im Point-and-Click-Adventure IAMJASON von Calico Reverie. Das Spiel handelt von einer verrotteten Science-Fiction-Welt, in der sich der namensgebende Protagonist nichts sehnlicher wünscht, als die Vertreibung der Verderbnis.
Es erstaunt mich immer wieder, dass das, was Schriftsteller wie Edgar Allan Poe groß gemacht hat, auch in Videospielen funktioniert: In seinen Gruselromanen nannte Poe das Grauen nicht beim Namen, er deutete es nur an und setzte auf die Vorstellungskraft seiner Leser. Einem ähnlichen Prinzip folgt IAMJASON: Die stark verpixelte Grafik erlaubt eine breite Interpretation des Geschehens, die Geschichte selbst wird nicht in allen Details erzählt. Ja, alles ist verdorben und die Welt steht am Abgrund. Jasons Frau und Kind befinden sich in einer Art künstlichen Stase. Aber wie es dazu kam, was die Ursache der Verderbnis ist, lässt das Spiel weitgehend offen. Nur das Roboter irgendetwas damit zu zu haben, ist insofern klar, als dass sie das letzte Überlebende sind, das die Spielwelt bevölkert.
So fremd wie die Spielwelt, wirken auch einige der Rätsel. Gegenstände, die aus gefühlten fünf Pixeln bestehen und deren Bedeutung einem als Spieler oft vollends unklar sind, müssen miteinander kombiniert, in fremdartige Apparaturen eingesetzt und im richtigen Moment verbraucht werden. Dass genau das trotz besagter Fremdartigkeit so gut wie immer intuitiv funktioniert, ist eine kleine Meisterleistung des Entwicklers – umso mehr, weil IAMJASON innerhalb von nur 30 Tagen für den Game Jam MAGS entstand. Thema: „Losing Something“. Brillante Umsetzung.