Alphalevel: Full Mojo Rampage
Spiele, die sich selbst zu ernst nehmen, finde ich seltsam. Wenn ich versuche, der Geschichte von Diablo III zu folgen, steigt in mir eine seltsame Scham auf, die sich kaum in Worte fassen lässt. In solchen Momenten wünsche ich mir andere Entwickler – solche, die wissen, welche Spiele eine gute Geschichte verkraften und welche Titel qua Genre ohnehin nicht in der Lage sind, ebendiese zu erzählen. Im aktuell nun wirklich nicht gerade stiefmütterlich behandelten Bereich der Roguelikes heißt einer meiner Hoffnungsschimmer Full Mojo Rampage. Wie der Name bereits sanftmütig andeutet, geht es hier nicht um stolze Ritter, die die Welt vor Dämonen und Teufeln retten, sondern um kleine, goldige Männchen, die verhängnisvolle Zweckbündnisse mit rachsüchtigen (und alkoholanhängigen) Voodoo-Gottheiten eingehen. Ein wunderbares Fundament für ein Spiel, das sich nicht anstrengt, der nächste E-Sport-Renner zu werden und das sich nicht bemüht, pathetischen Quark über den nahenden Untergang eines Fantasiekönigreichs zu berichten, das mich ohnehin nicht interessiert. Stattdessen will Full Mojo Rampage vor allem leicht zugänglich sein und Spaß machen – das erste Casual-Roguelike sozusagen.
Das Spiel stammt aus den Federn von Over the Top Games, die die Spielewelt bislang unter anderem mit NyxQuest und The Fancy Pants Adventures beglückten – beides 2D-Plattformer. Mit Full Mojo Rampage wagt sich das Indie-Studio in ein gänzlich neues Genre vor. Und so casual, wie eingangs erwähnt, ist der Titel dann auch wieder nicht. Eine grundlegende Mechanik ist eine abgemilderte Form von ‘Permadeath’. Der Spieler stolpert als Comic-Figur mit Voodoo-Maske durch eine fantastische Welt voller bunter Monster und setzt sich mit seinem Voodoo-Stab zur Wehr. Unterwegs gibt es genretypisch verschiedene Gegenstände aufzusammeln, die Charaktereigenschaften verbessern: mehr Schaden, schnellere Angriffsrate, höhere Verteidigungswerte. Ein klassisches Rüstungssystem kennt das Spiel dagegen nicht. Alle Items lassen sich entweder direkt benutzen, als Waffe verwenden oder als statusverändernder Talisman durch die Gegend tragen. Stirbt der Spieler, sind all diese Gegenstände weg – und das Spiel beginnt von vorn.
Glücklicherweise besteht Full Mojo Rampage aus mehreren kleinen Levels, die bei jedem Start erneut zufallsgeneriert werden. Deren Vielfalt ist schon bei der jetzigen Early Access-Version, die via Steam erhältlich ist, erstaunlich. Laufbänder und Bumper wie aus Flipper-Automaten wechseln sich ab mit mächtigen Zwischengegnern, Portalen, die geschlossen werden müssen, und kleinen Bonusabschnitten, in denen der Spieler etwa gegen eine Armee von Hühnern antreten muss. Vermutlich lässt der aktuelle Zustand des Spiels den späteren Wiederspielwert nur erahnen, aber schon jetzt fällt es mir merklich schwer, bei meinem Ableben nicht sofort wieder von vorn zu beginnen. Denn: Das gesammelte Gold und die Erfahrung bleibt erhalten. So wird die Spielfigur bei jedem Neustart stärker – Full Mojo Rampage kombiniert geschickt Tod mit Loot, Game Over mit Leveln.
Was mir zu meinem Glück noch fehlt, ist eigentlich nur eine nette Online-Community und ein funktionierender Multiplayer-Modus. Mangels Mitspieler konnte ich selbigen leider bislang nicht ausprobieren, was die Entwickler aber ankündigen, wirkt vielversprechend. Wenn Full Mojo Rampage erscheint, wird es das Roguelike garantiert nicht neu erfinden. Aber es wird eine dankbare Alternative sein, für all jene, die sich darüber ärgern, dass es in anderen Spielen nur darum geht, die stärkste Rüstung und das tollste Schwert, den mächtigsten Zauberspruch und das meiste Gold aus dem Online-Auktionshaus zu haben. Virtuelle Schwanzvergleiche sind out. Trinkt blubbernde grüne Brühe aus Schädeln, mischt Rattenschwänze mit Piratenblut in euren Kochtöpfen, buddelt eure Großväter aus und macht sie zu Zombies! Spielt Full Mojo Rampage!