Alphalevel: LA Cops
Das Los Angeles Police Department genießt nicht unbedingt den allerbesten Ruf. Insbesondere das Vorgehen gegen Rodney King erregte Anfang der 1990er Jahre große Aufmerksamkeit, als dieser Opfer unverhältnismäßiger Polizeigewalt wurde und seine Peiniger unbescholten davonkamen. Dass es bis zum heutigen Tage in erschreckend regelmäßigen Abständen Berichte gibt, die von überreagierenden Polizisten in der Stadt der Engel erzählen, führt nicht gerade zu einer Glättung der Wogen. L.A. als Schmelztiegel von überbordender Kriminalität und Gegenkriminalität ist in etwa auch das Bild, das die Entwicklerriege von Modern Dream mit ihrem taktischen Top-Down-Shooter LA Cops zu zeichnen versucht, der seit Kurzem via Early Access auf Steam erhältlich ist. Allerdings humorvoller und wesentlich leichter verdaulich.
Optisch ist die Spielwelt an die Krimiserien der späten Siebziger und frühen Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts angelehnt. Wenn man zwei der sechs zur Verfügung stehenden Kriminalbeamten am Anfang der Mission auswählt, stehen die Chancen nicht schlecht, dass mindestens einer von ihnen dicke Koteletten und eine Pilotenbrille trägt, während sein Kollege mit Hosenträgern und borstigem Schnauzbart zu überzeugen weiß. Die sie umgebenden, kargen Innenräume zeugen vom Aufbruch ins digitale Zeitalter, in der Schreibmaschinen allmählich durch IBM-PCs ersetzt wurden und der Serverbetrieb noch mit Magnetbändern vonstatten ging. Das erinnert an Spike Jonzes Musikvideo zu Sabotage, aber auch ein wenig an den Blaxploitation-Klassiker Shaft. Nur schade, dass die bisher einzig spielbare Mission so wenig Liebe zum Detail aufweist. Die wenigen Texturen und der halbherzig implementierte Cel-Shading-Look lassen auf jeden Fall noch jede Menge Luft nach oben.
Gleiches gilt derzeit auch für die spielerischen Aspekte von LA Cops. Hier versucht man die adrenalingeschwängerte Brutalo-Action aus Hotline Miami mit taktischen Squad-Elementen zu kreuzen, wie man sie etwa aus Syndicate oder dem aktuelleren XCOM: Enemy Unknown kennt. Da man mehrere Polizisten kontrollieren kann, lässt es sich prima mit Positionswechseln, Deckungsfeuer und Überwältigungsstrategien herumexperimentieren, während man den zahlreichen Schwerstkriminellen ohne mit der Wimper zu zucken die Rübe wegballert. Die Gefängnisse der Stadt sind sowieso schon überfüllt, da wird eben gar nicht erst versucht, weitere Gefangene zu machen.
Das alles funktioniert mal mehr, mal weniger gut, da die KI der Delinquenten momentan noch zu Wünschen übrig lässt. So starren die Gegenspieler bisweilen im Halbschlaf an die blasse Wand, wenn ich nur durch eine Glasscheibe von ihnen getrennt drei ihrer Gaunerhomies mit dem Granatwerfer aus dem Verkehr ziehe. Ja, ganz recht, mit einem Granatwerfer! Der wirkt nun nicht gerade entkräftend auf die Berichte von übertriebener Polizeigewalt. Aber auch der eigene Kollege hat manchmal bizarre Aussetzer, wenn man ihn nicht selbst steuert. So ballert er mitunter seine komplette Munition in die das Gemäuer vor seiner Nase oder betätigt munter weiter den Abzug, obwohl das Magazin längst leergepumpt ist. Dass sich die Türen auf magische Weise in beide Richtungen öffnen lassen, ist mittlerweile jedoch eine solch alteingesessene Videospieltradition, dass man diesen mutmaßlichen Logikfehler fast schon als Hommage bezeichnen könnte.
Wenn dann aber einmal alles so funktioniert, wie man sich das vorgestellt hat, kann LA Cops trotz aller noch vorhandenen Defizite bereits in seinem unfertigen Zustand glänzen. Das Herausfinden des besten Lösungsweges, das anspruchsvolle Sichern des Überlebens beider Einsatzkräfte und die schnelle Wiedereinstiegsmöglichkeit, nachdem beide Cops in die beige Auslegware gebissen haben, schaffen einen angenehmen Spielfluss, der leider derzeitig bereits nach 20-30 Minuten ein jähes Ende findet. Die umrahmenden Einspieler, in denen sich die Bewahrer von Recht und Ordnung um den letzten Doughnut streiten, hätte ich jedenfalls liebend gerne für eine zusätzliche Mission hergegeben. Diese sollen im Laufe der nächsten Monate hinzugefügt werden, so dass man besser erst noch ein paar Polizeibrutalitätsberichte ins Land streichen lassen sollte, bevor man womöglich verfrüht zuschlägt.