Bange Gewissheit: I’m Positive

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Würde mich jemand fragen, ob ich HIV-positiv bin, könnte ich diese Frage nur unzureichend beantworten. Denn ich weiß es schlichtweg nicht. Wie viele andere Menschen auch, habe ich einen Test zwar mehrfach in Erwägung gezogen, aber nie durchführen lassen. Die Gründe dafür sind mannigfaltig: Unwissenheit, Lethargie, Angst. Oder vielmehr waren sie es, denn ich wurde umgestimmt – von einem Spiel.

I’m Positive ist der Gewinner des letztjährigen Games for Health Game Jams, der zum zweiten Mal von den US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) ausgerichtet wurde. Ziel der Veranstaltung ist es, Krankheitsprävention und Aufklärungsarbeit in einen spielerischen Kontext zu übertragen, um eine breitere Masse von Menschen zu erreichen. Das ist gerade im Falle des HI-Virus’ von besonderer Wichtigkeit, denn trotz kreativer Kampagnen, ranken sich um seine Verbreitung immernoch zahlreiche Gerüchte. Eben die beseitigt I’m Positive nun spielend, indem es einen kurzen Einblick in das Leben eines Menschen gestattet, der HIV-positiv ist.

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Stark komprimiert erstreckt sich die Geschichte dabei von dem Moment, in dem dieser über eine mögliche Ansteckung in Kenntnis gesetzt wird, bis hin zu seinem zunehmend normalisierten Alltag – oder seinem Tod, je nachdem, welche Entscheidungen im Spielverlauf getroffen werden. Die wiederum sind im Wesentlichen beschränkt auf den Entschluss, sich testen oder nicht testen zu lassen, die Behandlung in Angriff zu nehmen oder abzulehnen, und damit ein sinnvoll pointierter Kontrast zum hohen Informationsgehalt des Spiels. Denn ein Großteil des Geschehens wird in Textform vermittelt, unterbrochen nur von wenigen Minispiel-Sequenzen, in denen der Protagonist etwa seinen Basketball in einen Korb werfen oder die Geburtstagskerze auf einer Torte auspusten muss. Diese Momente dienen vorrangig dazu, inhaltliche Akzente zu setzen, machen das Spiel aber gleichzeitig zugänglicher und kurzweiliger, ungeachtet des ernsten Themas.

Indem es den gesamten Behandlungsweg nachzeichnet, baut I’m Positive Hemmnisse ab, räumt auf mit einer irrationalen und lähmenden Angst, die sich weniger auf die Krankheit selbst, als vielmehr auf das mit ihr verbundene, soziale Stigma bezieht. Die den Protagonisten behandelnde Krankenschwester bietet nicht nur wertvolle Informationen, sondern tritt vor allem als Vertrauensperson auf, der ich in sicherer Distanz zum Geschehen Fragen stellen kann, die mir sonst womöglich nicht über die Lippen kämen.

I’m Positive leistet damit in mehrfacher Hinsicht einen wichtigen Beitrag zu einem offeneren Umgang mit dem HI-Virus sowie von ihm betroffenen Personen und könnte dafür sorgen, die Infektionszahlen zu senken. Ob und inwieweit ihm das gelingt, wird das CDC in Kürze durch eine Fallstudie untersuchen. Mich zumindest hat es dazu gebracht, einen Untersuchungstermin für die kommende Woche zu vereinbaren.