Game of Thrones: A Telltale Games Series

Als vor einigen Monden die Häuser Telltale und HBO ihre Hochzeit und die bevorstehende Geburt eines Thronfolgers verkündeten, floss der Wein in Strömen. Die Anhängerschaft von Game of Thrones, zu der auch ich mich zähle, weiß Neues aus Westeros schließlich zu schätzen. So freuten wir uns auf ein baldiges Wiedersehen mit Eis und Feuer und Körperflüssigkeiten. Am 2. Dezember erschien nun die erste von sechs Episoden von Game of Thrones: A Telltale Games Series. Critique is coming.

Um euch Zeit und Geld zu sparen, möchte ich voerst eine Warnung aussprechen: Wer keinen Bezug zur Buchreihe von George R. R. Martin oder der TV-Serie von HBO hat, sollte vom Kauf des Spiels absehen. Punkt. Investiert das Geld dann lieber in die erste Staffel, den Roman oder ein Kochbuch. Des Weiteren ist es ratsam, über die Geschehnisse bis zum Ende der dritten Staffel beziehungsweise die erste Hälfte des dritten Originalbands (“A Storm of Swords“) in Kenntnis zu sein. Ansonsten bestünde akute Gefahr, aus dem Leben gerissen zu werden.

Game of Thrones: A Telltale Games Series

Die erste Episode Iron from Ice beginnt parallel zum Ende der Festlichkeiten der Roten Hochzeit, vor den Toren des rüstigen Partylöwens Lord Walder Frey. Als Gared Tuttle, Knappe von Gregor Forrester, gilt es, dem Konfettiregen unbeschadet zu entkommen. So nimmt die Geschichte ihren Lauf.

Die Forresters, seit Jahrhunderten unter dem Schutz der Starks stehend, fanden ihren Weg (noch) nicht in die TV-Serie und auch in den Büchern wurden sie eher am Rande erwähnt, weswegen der im Spiel stattfindende Handlungsstrang nicht mit dem uns bekannten kollidiert, sondern eher als Ergänzung zu verstehen ist. Der Nebenschauplatz in Iron from Ice (dabei handelt es sich übrigens um den Leitspruch der Forresters) gliedert sich aber weitesgehend Blut-und-Gedärm-kompatibel ein, lediglich auf die Fleischeslust wurde bis dato verzichtet.

Wer bereits mit anderen “Choose your own Death“-Spielen von Telltale in Berühung kam, wird sich auch in Iron from Ice schnell zurechtfinden. Generell sei gesagt, dass selbst ein dressierter Affe durch blindes Klicken den Weg durchs Spiel fänd, sofern ihm Ramsay Snow nicht zuvor beide Arme abschnitt. Weiche mit A nach links und mit D nach rechts aus, drücke W zum Popeln. Die einzige Herausforderung besteht darin, mittels Mausklick unter Zeitdruck Entscheidungen zu treffen. Sie sind zugegebener Maßen manches Mal schwer gefällt, ändern aber kaum etwas an den Geschichtsbüchern und dienen primär zum Anheizen der eigenen Moral und Fantasie. Bricht man Iron from Ice aufs Gameplay runter, findet man quasi eine derbe Variante von Dragon’s Lair (1983) vor. Ich möchte nicht ausschließen, dass gewisse Entscheidungen im späteren Verlauf von Gewicht sind, doch aktuell präsentiert Telltale hier erneut die tendenziell konsequenzlose Machtspiel-Fassade.

Das ist aber nicht wirklich schlimm, da Iron from Ice von seinem Universum getragen wird. Wenn man im Spielverlauf auf Tyrion, Cersei, Margaery und Ramsay trifft und seine eigenen Erlebnisse im Kontakt mit der Serie mit dem Geschehen im Spiel verknüpft, schaukelt der Magen freudig bis nervös in alle vier Himmelsrichtungen. Telltale spinnt eine ohnehin schon gute Geschichte gut weiter. Hach, so gerne hätte ich Tyrion in meine Arme geschlossen oder Ramsay eine Wurst spendiert.

Game of Thrones

“WHAT… IS… YOUR… NAME?” (Ramsay Snow)

Telltale erweist sich erneut als talentierter Quicktime-Eventmanger, der mit Iron from Ice einen unterhaltsamen Fan-Service bietet. Wer die fantastischen Geschichten in und um Westeros in der Vergangenheit mit Begeisterung verschlang, kann hier bedenkenlos zuschlagen und für voraussichtlich 6× anderthalb Stunden in ein Meer aus Blut, Macht und Intrigen abtauchen. Und sei es nur, um die Wartezeit bis zum Start der fünften Staffel zu versüßen. Aus technischer und spielerischer Sicht ist Iron from Ice zwar ein lahmender Gaul, aber das Wiedersehen mit Charakteren wie Tyrion Lannister und Ramsay Snow kaschiert diese Schwächen gekonnt. Das ist jedoch in erster Linie George R. R. Martin und den Darstellern der Serie zu verdanken, ohne die Iron from Ice an seinen Mankos scheitern würde. Hodor!