GBJam 3: Gaza
In der illustren Runde der Kriege und Katastrophen, die derzeit den Erdball um einige Krater reicher machen, gibt es einen, zu dem jeder glaubt, unbedingt eine Meinung haben zu müssen – mehr als das: Partei ergreifen zu müssen. Die Rede ist natürlich vom Gaza-Konflikt, der sich aktuell in der Militäroperation Operation Protective Edge manifestiert, mit der die israelische Armee als Reaktion auf Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen gegen die dort herrschende Hamas vorgeht. Wer die Bilder aus dem Gazastreifen sieht, die mehrheitlich über Smartphones und mobiles Internet ihren Weg an die Öffentlichkeit finden, sieht vor allem menschliches Leid. Um eben jenes Leid dreht sich Gaza, der GBJam-Beitrag der brasilianischen Entwickler Tiago Sousa, Rodrigo Motta und Matheus Ferreira.
Der Spieler übernimmt darin die Rolle verschiedener Menschen im Gaza-Streifen und ihres Hundes, muss sich jeweils vor Scharfschützen und anhaltenden Bombardements retten und so lange überleben wie es irgendwie geht. Wirklich lange gelingt das allerdings selten, durchzuspielen gibt es nichts. Am Ende verrechnet das Spiel Überlebensdauer und gestorbene Tode zu einem Highscore. Auch dieses Spiel zeigt menschliche Qualen – ähnlich wie die Bilder der Tagesschau und ähnlich wie die Fotos und Videos, die uns über Social-Media-Kanäle erreichen. Laut Auskunft der Entwickler basiert es gar auf echten Tweets aus dem Gazastreifen.
Nun ist das mit der Darstellung von menschlichem Leid so eine Sache: Bei Bildern aus dem Gaza-Streifen, seien sie auch virtueller Natur, sehen wir vor allem Opfer, nicht jedoch Täter. Die politische Dimension, die hinter dem Nahost-Konflikt steht, vermag ein Spiel wie Gaza keinesfalls auch nur anzureißen. Das mag auch nicht die Absicht der Entwickler gewesen sein, allerdings begeben sie sich durch die einseitige Darstellung des Konflikts argumentativ in eine gefährliche Schieflage. Die Soldaten, die im Spiel gezeigt werden, sind als Angehörige der israelischen Armee erkennbar. Gleichzeitig verzichten die Entwickler darauf, die Rolle der Hamas zu beleuchten, die bereits vor Beginn der Militäroperation unzählige Raketen auf Israel abgeschossen hatte und die Palästinenser im Gaza-Streifen als menschliche Schutzschilde, ihr Leid für die eigene Propaganda missbraucht.
Was Gaza kann: Das Spiel zeigt eindringlich, wie pervers Krieg ist, wie wertvoll jede Sekunde menschlichen Lebens. Die Umrechnung der Tode der Protagonisten in einen Highscore sind ihrerseits eine zynische Bemerkung zu ebendiesem Charakter des Krieges. Was Gaza nicht kann: Einen Diskussionsbeitrag oder ein Statement zum Nahost-Konflikt liefern. Ob die Entwickler das allerdings überhaupt wollten, kann ich nicht beurteilen.