Emo McGothington: Ernährungsberatung auf die düstere Art
Der gemeine Zucker hat heute einen schweren Stand. Dass er Kinderzähne zerfrisst, ist kaum noch der Rede wert – längst werden härtere Geschütze aufgefahren: Zucker macht dick, träge, krank, tot. Emo McGothington, der Protagonist im gleichnamigen Plattformer, reitet also voll auf der postmodernen Gesundheitswelle, wenn er sich aufmacht, eine Zucker-Invasion zu stoppen.
Mit dieser Invasion hat das Candy Kingdom aufgrund eines unglücklichen Deals mit dem Teufel zu kämpfen. Mangels Armee rekrutiert das Königreich Emo McGothington, den „weird creep“ mit eigener Waffensammlung. Emo nimmt die Mission an, schließlich lockt ein Meet-and-Greet mit dem Leibhaftigen – und welcher Schwarzkittel könnte dazu nein sagen? So schießt sich Emo also klassisch von links nach rechts durch ein kalorienreiches Inferno aus Bonbonketten, rosa Häschen, ballernden Candymännern und dergleichen mehr. Typisch Zucker: Alles, was bunt und lecker aussieht, ist potenziell tödlich.
Gesteuert wird das Spiel mit der Tastatur. Mit den Pfeiltasten wird gelaufen und gesprungen, mit der X-Taste geschossen. Emo McGothington bietet nichts Revolutionäres, aber einige nette Ideen: Mit seinen Fledermausflügeln kann Emo während des Schießens für kurze Zeit schweben. Dabei verpasst ihm der Rückstoß der letzten Salve einen kleinen vertikalen Schub, mit dem sich auch höhere Plattformen erreichen lassen. Der ständige Rückstoß ist zugleich ein Risiko, weil er Emo Stück für Stück nach hinten schiebt. Wer nicht aufpasst, rutscht mitten im Gefecht von einer Plattform und muss von vorne beginnen. Ebenfalls hübsch ist das dynamische Emo-Porträt in der linken oberen Ecke: Schwindet Emos Gesundheit durch feindliche Treffer, leidet sein Bild mit. Die kajalumrandeten Augen werden trüb, eine schwarze Träne bahnt sich ihren Weg über die fahlen Wangen. Abgesehen davon ist das Spiel sehr reduziert, außer ein paar Kisten mit Spezialwaffen gibt es nichts zu entdecken. Durch vier Welten mit insgesamt 30 Leveln in Retro-Optik kämpft sich Emo McGothington auf die immer gleiche Weise.
Emo McGothington ist ein schwerer, aber fairer Plattformer mit einem feinen Soundtrack – und einer merkwürdigen Botschaft, die nicht so recht zu ihrem Protagonisten passen will: Es ist weder besonders Emo noch Goth, seine Freizeit mit Weltrettung zu verbringen statt auf dem örtlichen Friedhof abzuhängen und sich wahlweise in Nihilismus oder Zynismus zu üben. Dass es letztlich darum geht, die Verzuckerung der Erde zu verhindern, macht Emos Engagement dennoch nachvollziehbar. Eine Welt ohne Zucker, ohne Süßigkeiten, ist eine düstere, dunkle, bittere. Eine Welt aus Kohlsuppe, Sauerkrautsaft und Algensalat. Eine Welt also, in der das Leben freud- und sinnlos geworden ist. Das mag ganz nach Emos Geschmack sein – nach meinem ist es nicht. Der mag auf den süßen Killer namens Zucker nämlich trotz allem nicht verzichten.
Ein Kommentar zu “Emo McGothington: Ernährungsberatung auf die düstere Art”
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Auch wenn das Ding handwerklich solide erscheint, so empfand ich dennoch allein den Trailer schon als die längsten 55 Sekunden seit langem. Wers braucht.