"Konstruiere! Verbinde! Verteidige! Organisiere! Optimiere!"
Selten wurde eine Survival-Echtzeitstrategie-Symbiose so konsequent durchinszeniert.
"Konstruiere! Verbinde! Verteidige! Organisiere! Optimiere!"
Selten wurde eine Survival-Echtzeitstrategie-Symbiose so konsequent durchinszeniert.
Factorio ist eine Spiel gewordene Sinfonie, deren Rhythmus sich aus der Freude an Automatisierung sowie Effizienz speist. Das sich stets wiederholende Dröhnen der Dampfmotoren ist ihr Taktschlag, ich diene ihr als Dirigent. Es ist schlichtweg wundervoll.
“Use your imagination to design your factory, combine simple elements into ingenious structures, apply management skills to keep it working and finally protect it from the creatures who don’t really like you.”
Das Ausgangsszenario ist simpel gestrickt: Die Spielfigur überlebt einen verhängnisvollen Raumschiffabsturz auf einem fremden Planeten voller riesiger Wälder, Eisen- wie auch Kupfererze, Steinbrocken, reichhaltiger Kohle- sowie Ölfeldern. Es lässt sich also ein riesiger Ressourcenschatz vorfinden, der zunächst händisch abgebaut und kombiniert werden muss. Möchte ich ein einzelnes Stückchen Kohle abtragen, muss ich erst zum Kohlefeld rennen und mittels eines anhaltenden Klicks auf die rechte Maustaste die Spitzhacke bemühen. Selbiges gilt für alle anderen Rohstoffe.
Hat man sich dann irgendwann ein Anfangssortiment zusammengestellt, lassen sich die ersten Minenbohranlagen errichten, die aus der Verbrennung von Kohle oder Holz ihre Energie ziehen. Hier lässt sich eine erste Semiautomatisierung feststellen: Zwar muss ich die Brennstoffe noch manuell bereitstellen, dafür findet das Abtragen der Erze dann von alleine statt. Werden die gewonnenen Erze anschließend in steinernen Hochöfen geschmolzen, lassen sich Eisen- und Kupferplatten und Steinziegel produzieren.
Damit lassen sich die verschiedensten Sorten von Gebäuden und Apparaturen kreieren: Heizkessel und Dampfmaschinen zur Erzeugung von elektrischem Strom, Fließbänder und automatische Greifmaschinen zum Warentransport, ganze Fabriken und noch viel, viel mehr. Sogar eigenständig arbeitende Labore zum Erforschen neuer Technologien, die wieder vollständig neue Möglichkeiten eröffnen.
Manchmal werden einzelne Maschinen einfach nur in ihrer Funktionalität verbessert (beschleunigte Fließbänder, effizientere Schmelztiegel, etc.), manchmal hat eine neue Entdeckung ein geradezu revolutionäres Potenzial, das die komplette Spieltaktik umkrempelt. Ich werde niemals den Moment vergessen, als ich erstmals mit der Eisenbahn in Berührung kam. Plötzlich konnte ich weit entfernte Gebiete miteinander verbinden und die jeweils anders gestaltete Reichhaltigkeit der Ressourcen mehrerer Orte zu meinem Gewinn nutzen – und natürlich auch rasant durch die Welt reisen. Jede investierte Spielminute, die viele Arbeit und das Ressourcenmanagement, es rentiert sich in diesen Augenblicken.
Was aber ist nun das Ziel von Factorio? Es besteht – jedenfalls in der Hauptkampagne – in der Flucht von dem unbekannten Himmelskörper. Denn: Man ist nicht allein. Sehr früh schon macht man Bekanntschaft mit feindselig-aggressiven Wesen, die teils an mutierte Riesenwürmer, teils an tollwütige Wildschweine erinnern. Bei bloßem Sichtkontakt beginnen sie die Spielfigur zu verfolgen.
Auch wenn Factorio auf spielmechanischer Ebene der Automatisierung und der Effizienz huldigt, ist sich das Spiel deren Konsequenzen bewusst – es ist keine blanke, naive Liebeserklärung an den steten Fortschrittsgedanken. Schließlich stellen all die Abgase und Schadstoffe des Maschineriekomplexes pures Gift für die Umwelt dar. Diese Verschmutzung wird von den eigentlichen Bewohnern des Planeten nicht geduldet. So passiert es bei erhöhter Dampferzeugnis und dem passenden Wind nur allzu leicht, dass sie selbst aus ihren weiter entfernten Lagerstätten angelockt werden und alles in Schutt und Asche legen. Die Erforschung umweltverträglicher Energietechnologien wird damit weniger zur gutherzigen Entscheidungsmöglichkeit, als vielmehr zur absoluten Notwendigkeit. Oder aber man entscheidet sich zu einer großangelegten Militäraktion, die bei dürftiger Umsetzung jedoch fatale Konsequenzen hat.
Neben der Kampagne gibt es noch einen freieren Sandbox-Spielmodus, der der eigenen Organisationskreativität freien Lauf lässt. Ich kann gar nicht genau sagen, wie viele schlaflose Nächte ich dank Factorio verbracht habe, es ist einfach unglaublich faszinierend und packend. Das nur fünf Entwickler große Prager Studio Wube Software leisten seit ihrer Indiegogo-Kampagne (Februar 2013) einfach einen traumhaften Job. Jeden Freitag gibt es kleine Nachrichtenfetzen zum aktuellen Stand, woran gerade gearbeitet wird, etc. Die erste Release-Version ist aktuell für den Sommer 2015 angedacht, bis dato sollen noch ein stabiler Multiplayer-Modus sowie erweiterte Echtzeitstrategie-Elemente eingebaut werden. Bereits über 70.000 Leute haben die Alpha-Version gekauft, wovon sich der Großteil sehr euphorisch über Factorio äußert, mich eingeschlossen: Kauft es! Spielt es! Es ist wirklich jeden Cent wert. Wer sich jetzt aber noch nicht sicher sein sollte, kann natürlich auch die kostenlose Demo-Version ausprobieren. Aber das ist ja nun hoffentlich nicht mehr nötig.
Ziemlich spannend. (Mich schrecklich legiglich etwas die Grafik ab, die äußerst angestaubt wirkt.)
Ja und Nein Herr Fabu,
Der visuelle Stil besteht bei mir den Balanceakt zwischen Brechreiz und visuellem Orgasmus. Das hängt wohl damit zusammen, dass mich an die seltsamen Hintergrundgrafiken von abstrakten Science-Fiction-Shootern auf dem C64 meines Opas und japanischen Rollenspiele des SNES erinnern.
Irgendwie ein schön-hässlicher Stil, der verloren gegangen ist.
<3
Das Spiel ist irgendwie völlig an mir vorbei gegangen. Sieht ja mal richtig interessant aus -- Danke für den Tipp!
Super Titel, super Review, super Spiel. :)
Ein tolles Beispiel dafür, mit wie wenig Aufwand man ein großartiges Spiel entwickeln kann. Simple Spielmechanik und trotzdem größter Spielspaß.