Schleichwerbung
Ninja (jap. 忍者, deutsch: ‘Verborgener’) — romantisierte Helden japanischer Folklore und persönliche Lieblinge in Videospielen meinerseits. Nicht so sehr, wenn sie sich in Lack und Leder durch Fontänen frischen Blutes metzeln. Ich mag sie lieber ruhig, im Schatten agierend und aus dem Nichts heraus zuschlagend. Mark of the Ninja kann das sehr gut. Wie bei modernen Schleichspielen üblich, habe ich zwar auch hier die Möglichkeit, mit der Tür ins Haus zu fallen und dabei einen großen Tumult zu veranstalten, aber fürs Ego und die Punktzahl am Ende eines Abschnitts ist das nichts.
Mark of the Ninja möchte vorausschauend und Schritt für Schritt gut geplant gespielt werden. Dafür zerstöre ich Lichtquellen, um Dunkelheit zu erzeugen, um mich dann an Wänden und Decken hängend ungesehen an Wachen vorbeizuschleichen. Den Ninja-Sinn nutze ich, um Fallen aufzuspüren oder billige Schalterrätsel zu lösen. In den Reihen des Feindes meuchele ich so, dass es nur mein aktuelles Opfer und das möglichst nur sehr kurz merkt. Denn auch unsauber ausgeführte Attentate wecken die Aufmerksamkeit umstehender Wachen.
Entwickler Klei Entertainment vereint diese aus Tenchu und Splinter Cell bekannten Elemente bei Mark of the Ninja mit der Kim Possible-Ästhetik ihrer Shank-Serie. Heraus kommt das bis dato wohl beeindruckendste 2D Schleichspiel. Und dafür würde ich die Entwickler gerne vom Fleck weg heiraten. Allesamt.
Mark of the Ninja fühlt sich an, als hätte jemand in meinen Kopf geschaut und gesagt: daraus machen wir ein Spiel!
— Torsten (@DonsWelt) September 8, 2012
Die Werkzeuge, die Mark of the Ninja zum Erfüllen der Missionsziele bereitstellt, aber erst einmal nach und nach erspielt werden müssen, lesen sich wie eine Mischung aus Best-Of und Klassikern der aus anderen Titeln bekannten Shinobi-Utensilien: Kletterhaken, Rauchbomben und Wurfmesser aus Tenchu, das innere Auge als Hommage an die Nachtsicht von Splinter Cell oder der handelsübliche, für optional gewaltfreie Durchgänge aber lebensnotwendige Umzugskarton aus Metal Gear, um nur ein paar zu nennen.
Der Einsatz vieler Waffen und Gegenstände, zu dessen Zweck ich praktischerweise die Zeit anhalten kann, erzeugt Geräusche, die bereits beim Planen einer Anwendung optisch durch Ringe dargestellt werden. Gegner, die sich bei der Ausführung innerhalb eines solchen Rings befinden, werden stutzig und gehen der Quelle sofort auf den Grund. Das kann einerseits zu meiner Enttarnung führen, andererseits von mir aber auch zur Ablenkung eingesetzt werden.
Auch die Gegner erzeugen solche Ringe, zum Beispiel beim Marschieren. Während ich nämlich nur Gegner sehe, die sich mit mir in einem Raum befinden, kann ich die Ringe der laufenden Wachen aber auch in Nebenräumen “sehen”, obwohl die Personen selbst für mich unsichtbar sind. Eine großartige Umsetzung eines siebten Sinns.
Ob mit neuen Spielelementen oder grafischen Finessen in der Umgebung — mit jeder Mission legt das Spiel beim ersten Durchgang immer noch einen oben drauf. Mehr noch: Das wunderschön inszenierte Ende macht sogar die zahllosen vorangegangenen Genre-Phrasen in den Dialogen wett und beschert mir als erfahrenem Schleichpieler mit dem ‘New Game Plus’ einen herausfordernden Modus. Hier teilt meine Figur dann das Schicksal der hilflosen Wache und besitzt selbst bloß einen eingeschränkten Sichtkegel. Gegner außerhalb dieses Kegels, zum Beispiel hinter mir, kann ich nur sehen, wenn ich mich zu ihnen umdrehe. Eine echte Herausforderung.
Auch im normalen Modus bietet mir Mark of the Ninja, dank einer Handvoll sekundärer Einsatzziele, einen hohen Wiederspielwert. Ich kann versteckte Schriftrollen suchen, mich an Herausforderungs-Räumen probieren oder mich dem eigentlichen Ziel des Spiels widmen: Jeden Abschnitt im Spiel ohne Einsatz des Schwertes und möglichst unsichtbar beendet zu haben. Mit gefühlt 1.000 Checkpoint-Neustarts pro Einsatz.
Da es mir unmöglich ist, die Entwickler vor den Altar zu ziehen und mit ihnen den heiligen Bund der Ehe einzugehen, bleibt mir nichts anderes übrig, als dieses Spiel hier bei Superlevel in den höchsten Tönen zu loben. Das hat es verdient.
3 Kommentare zu “Mark of the Ninja”
4 Trackbacks zu “Mark of the Ninja”
Kommentare sind geschlossen.
Schöner Artikel. Demo hat Spaß gemacht -- einem Kauf steht demzufolge nichts mehr im Wege.
Hach! Das klingt ja alles ganz wunderbar wie Thief nur in 2D. Die lustigen Gadgets um die Aufmerksameit abzulenken oder Lichtquellen zu eliminieren waren schon dort das Beste. <3
Sehr schade mit XBLA only, da ich gerade keine zur Verfügung habe. Aber wird notiert, vermerkt und eingeritzt! Achja, und danke an Torsten, ich mag es wenn man die Begeisterung für ein Spiel aus jedem Wort herauslesen kann. :)
Gestern konnte ich dann endlich auch in die schwarze Ninja-Kluft schlüpfen, weil es Mark of the Ninja nun endlich auch bei Steam gibt :) Danke an Torsten für den Test, denn ohne den hätte ich vermutlich eines der besten Spiele des Jahres verpasst.