McPixel
Das da oben auf dem Screenshot ist McPixel. Gerade hat er sich einen Eimer Kaffee in den Rachen gegossen und dann angefangen, einen merkwürdigen Koffeintanz zu vollführen, während die Kunden in der Schlange entgeistert zusehen. Dann explodiert alles. Und ich erinnere mich: Diesen Tanz habe ich schon mal gesehen. Sos, McPixels geistig umnachteter Vater, tanzte genau diese Choreografie auf dem A MAZE Festival und drückte mir dann eine CD mit seinem Spiel in die Hand: “Hier, schreib doch was darüber.” Dann explodierte alles.
McPixel ist die Reduktion des Point’n’Click-Adventures aufs Nötigste: Löse Rätsel oder stirb. Der titelgebende Held findet sich in lebensbedrohlichen Situationen wieder und hat jeweils nur 20 Sekunden, das Szenerio heil zu überstehen. Was ist zu tun, wenn man zusammen mit einer riesigen Schlange und einer tickenden Atombombe in einem führerlosen Flugzeug steckt? Ganz klar: Die Atombombe muss mit Hilfe einer zufällig herumliegenden Schaufel in die Schlange geprügelt werden. Logisch. Alles andere führt zur verheerenden Explosion. Jedes Ableben katalpultiert McPixel aber in ein neues Szenario, das nach ähnlichen Regeln funktioniert und ebenso schnell gelöst werden muss. Jedes übergreifende Abenteuer beinhaltet sechs solcher Szenen, die miteinander verknüpft sind. Gelöste Szenen verschwinden aus der fortlaufenden Rotation.
Dieser Ansatz macht aus McPixel ein Hochgeschwindigkeitsadventure: Eine Übung darin, sich in kürzester Zeit auf völlig neue, fremdartige und oft unverständliche Szenen einzustellen. Das klingt zuerst etwas befremdlich, schließlich ist es gerade das Adventure, das für ein entspanntes, nachdenkliches Vorgehen steht. McPixel streicht brutal die Längen aus dem Genre und fokussiert sich auf die Reaktion der Welt auf den Spieler. Und das macht McPixel unvergleichlich gut. Jede Handlung des trotteligen Protagonisten führt zu einem unerwarteten und oft furchtbaren Ergebnis. An einem Rätsel zu scheitern, etwa weil McPixel jeder Figur im Spiel bloß die Weichteile tritt, ist genauso unterhaltsam — wenn nicht unterhaltsamer — als auf die Lösung zu kommen.
Zusammengehalten wird das alles vom Soundtrack, der im Kern eigentlich nur aus ein paar simplen Loops besteht, dem Spiel aber einen hypnotischen Beat verleiht. Es ist unmöglich, sich McPixel zu entziehen, sobald die Musik anfängt. Entstanden ist McPixel ursprünglich als kurzes Flashgame beim Ludum Dare #21, was nur noch mehr dafür spricht, wie wertvoll dieser Wettbewerb als Ideeninkubator für Spieleentwickler ist. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von direkt im Spiel zugänglichen Fan-Leveln — ein Ende ist noch nicht in Sicht.
McPixel stolpert, explodiert und stürzt zu Tode — immer wieder. Bis alle Rätsel gelöst sind und dann geht es weiter, immer weiter. Irgendwo hier drin versteckt sich eine Metapher über Spieleentwicklung, das Leben und den ganzen Rest, aber ich bin zu oft explodiert, um sie zu sehen. McPixel, der Held, und McPixel, das Spiel: Sie sind unaufhaltsam.
Mehr Infos und eine Demo gibt es auf der Webseite.
13 Kommentare zu “McPixel”
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etwa so: McPixel landet im Handelsausschuss der EU- Kommisiion und muss die Neuauflage von ACTA entschärfen. Einige Eiertritte später (obligatorisch) ist die Lösung klar: Die Verfechter mit einer Überdosis Lobbygeld zu Tode füttern.
Oder so: McPixel erscheint im Vatikan, der Papst findet seine Erwachsenenwindel nicht und droht mit Klagen und Weltuntergang. Einmal Rituale Romanum, der Papst verwandelt sich in den bösen Star-Wars-Imperator (I knew it!) und wird vom plötzlich auftauchenden Obi Wan vertrieben. Eiertritte.
oder so: McPixel taucht während des Endspiels der Fußball-WM 2014 in Rio beim Elferschießen zwischen Brasilien und, sagen wir, Deutschland auf, der Ball ist aber eigentlich eine von rabiaten Spaniern präparierte biologische Bombe, die explosive Durchfallbakterien freisetzt. Eiertritte optional, aber der Elfer muss verhindert werden.
oder so: In Gabe Newells Villa wird seit 2004 Half-Life 3 betagetestet, McPixel muss Gabe Newell durch Verstecken alles Essbaren dazu bringen, sein Okay zu geben, sonst droht Hitzetod des Universums vor dem Release. Eiertritte schwierig, deshalb auch Arschtritte erlaubt.
… Moment mal! werden wir hier als Ideengeber für kostenpflichtiges DLC missbraucht? dann fehlt wohl noch ein Szenario: The far future (2014 oder so). deutscher Gamesjournalismus darf nur dann online gestellt werden, wenn Jörg Langer persönlich dafür Kuchen bekommt. McPixel muss bei der rituellen Kuchenübergabe verhindern, dass … egal, Eiertritte Galore!
Ich mag kein Desura. Habe es aber noch nie ausprobiert. <3
Ein Szenario: Du bist auf Arbeit, surfst auf superlevel.de. Dein Chef kommt rein. In fast jedem Fall wirst du gefeuert. Außer, du drückst Oben, Oben, Unten, Unten, Links, Rechts, Links, Rechts, B, A, Start. Das Ergebnis ist recht grafisch. Aber du behältst deinen Job. Vorerst.
Einmal McPixel zum Mitnehmen bitte. Ich liebe Pixel.
McPixel sollte am Filmset von “Generic Flick -- Revelation” dafür sogen dass alle anwesenden Requisiten und Akteure möglichst eindrucksvoll explodieren, bevor Michael Bay in Ermangelung an Action vor Wut der Kragen platzt.
Oh klasse, ein Spiel bei dem man sich alle 20sec von vorn ärgern kann. Muss ich haben :D
Kenne das Original Spiel zwar nicht, finde aber Szenarien mit Zeitreisen oder Paralleluniversen immer recht spaßig und interessant.
Ich will unbedingt ein Szenario mit Bratwürsten! Hab nämlich Hunger1
Irgendwas mit Cowboys, Unterwäsche und Fabu.
Unversehens findet sich McPixel in einer kargen Zimmerecke wieder.
Bei genauerer Betrachtung handelt es sich gar nicht um ein einfaches Zimmer, sondern ein Gewirr aus Gängen mit überwiegend marodem Mauerwerk. Dort, aus der gegenüberliegenden Ecke winkt ihm nun höflich ein freundliches Männlein entgegen. Es scheint ihm etwas zuzurufen, aber unter dessen schweren Helm – das Männlein ist vermutlich Motorradfahrer oder Astronaut – erreicht unseren McPixel leider kein Wort. Erst jetzt wird McPixel gewahr, dass er noch immer diese wuchtige Bombe mit zischender Lunte bei sich trägt. Um dem gutgütigen Wesen den freundlichen Gruß zu erwidern, legt er die Bombe vorsichtig neben sich ab und schürzt die Lippen zum Ruf.
Doch, –fotzdonner! – dieses verfluchte Interface kennt weder „rufen“ noch „winken“, sondern führt einzig diesen vermaledeiten lowkick aus, der die soeben abgelegte Bombe direkt vor die Füße des winkenden Männleins bugsiert, das darauf von einem gleißenden Feuerball verzehrt wird.
Gerade will sich McPixel schuldbewusst in Gram winden, da erreicht in die Nachricht „Stage cleared“ und er verlässt vergnügt das Level.
McPixel, Sam, Frodo und Gollum, eine von Sarumans Bomben und eine Strähne von Galadriels Haar auf dem Schicksalsberg. Sicher hatt Sam auch noch irgendwas zu Essen dabei.
Harhar, ihr seid großartig <3
Fl0rian kriegt McPixel, alle anderen explodierende Eiertritte!