Superlevel

Indiegame: Q.U.B.E.

Q.U.B.E.

Wer ein gutes Indie-Spiel entwickeln wollte, musste sich bislang auf wenig Schlaf und Fertigmahlzeiten einstellen. Weil ein hoher Aufwand an Zeit und Kosten stets dazu gehört und vor allem unabhängige Entwickler schnell an die Grenzen von Budget, Freizeit und Amokpotential des Publishers stoßen, wurde 2010 der Indie Fund ins Leben gerufen, um unter unzähligen Einreichungen in die förderungswertesten Werke zu investieren. Zwei Jahre später trägt das Projekt in Form eines First-Person-Puzzlers nun endlich erstmals Früchte – im Gewand aus Klinikweiß und Regenbogenbunt.
Gestatten: Q.U.B.E..

Q.U.B.E. steht für Quick Understanding of Block Extrusion und wurde von Toxic Games, einem Team aus studierenden Hobby-Programmieren, mit dem Unreal Development Kit gebastelt. Gegner gibt es nicht, folglich auch keine Schusswaffen oder Brutalität in jeglicher Form. Wichtigste Spielmechanik und zentraler Inhalt ist stattdessen das Verschieben bunter Formen.

Wer den 3D-Puzzler zum ersten Mal startet, findet sich inmitten eines riesigen, hellen und kalten Raumes wieder. Die First-Person-Kamera auf karge, weiße Wände und rätselhafte Aufgaben gerichtet, denkt man sich: “Kenne ich das nicht alles irgendwoher? Äh, Portal?” – und ja, Q.U.B.E. und seine Macher machen keinen Hehl aus ihrer Inspiration. Die offensichtlich beim Valve-Hit abgekupferte Optik und Atmosphäre erzeugt entsprechend hohe Erwartungen. Diese werden weitestgehend erfüllt. Zum Glück kommen genügend neue Aspekte hinzu, um Q.U.B.E. zu einem vollwertigen und sehr interessanten Abenteuer zu machen, das ich für eines der erfrischendsten des Jahres (hoho!) halte.

Der Sprung ins Geschehen ist kurz und schmerzlos: Eine mit hübschen High-Tech-Handschuhen ausgerüstete Spielfigur ohne Namen wacht in einem vollkommen leeren Raum auf. Ein Gang führt hinaus, allerdings muss zum Verlassen eine Wand erklommen werden. Mehr Flure führen in mehr Gänge voller Hürden und schnell wird klar: Mit besagtem Handschuh können durch die klassische Jedi-Ritter-Geste farbige Blöcke bewegt werden, um weiter zu kommen. Und weil man inmitten dieses höchst mysteriösen Szenarios keinen blassen Schimmer hat, was eigentlich los ist, bewegt man sich weiter fort.

Qube

Ohne unnötigen Schnickschnack wie einleitende Texte oder Tutorials lernt der Spieler auf eigene Faust das Verhalten der Blöcke kennen, auf die er auf seiner Reise durch die sterilen Hallen stößt. Hindernisse müssen überwunden, Türen geöffnet und Bälle in die passenden Zielvorrichtungen befördert werden. Je nach Farbe können Blöcke auf verschiedene Arten und Weisen manipuliert werden: Rote fahren aus Wand und Boden hinaus und wieder zurück, gelbe formen in Dreierkombination Treppen, blaue können zu Sprungfedern gespannt und grüne verschoben werden. Violette Schalter sorgen für die Drehung eines kompletten Raumabschnittes und erinnern an die beinahe gleichnamige Filmreihe, die wir uns alle mal wieder zu Gemüte führen sollten.

Blocktypen treten erst einzeln und nacheinander, später dann in komplizierteren Kombinationen auf, was für eine sehr angenehme Lernkurve der Mechanik sorgt. Damit auf dem Weg zum unbekannten Ziel für Abwechslung gesorgt ist, leuchten Blöcke zwischenzeitlich in ansonsten vollständig verdunkelten Räumen, werden irgendwann von Hand eingefärbt oder per Stromkabel aktiviert. Das alles läuft ganz ohne Stress: Man kann zwischendurch die Gegend erkunden, den Zustand eines Raumes per Schalter zurücksetzen und sich für Lösungen so lange wie nötig Zeit lassen.

Zugegeben: Q.U.B.E. hat keine Story. Aus wessen Sicht das Spiel erlebt wird, woher die Superhandschuhe kommen und was die Sache mit den bunten Blöcken soll, ist mir noch immer unklar. Nicht, dass jedes Spiel auf vollkommene Auflösung angewiesen wäre, immerhin prangert auch niemand von uns Tetris für spärliche Charakterentwicklung und miese Dialoge an. Es geht um Blöcke, logisches Denken, Problemlösung und die richtige Auffassungsgabe. Klar, ein bisschen Rahmenhandlung würde nicht schaden, doch ist man durchs Entdecken und Bezwingen neuer Räume und Hindernisparcours genug unterhalten, um darüber hinwegzusehen. Hier und da bewegt sich ein Flur auf eine Art und Weise, die Fragen nach einer höheren Gewalt (hallo GLaDOS) aufkommen lässt, doch auch diese bleiben offen. Q.U.B.E. gibt sich stattdessen Mühe, durch seine größte Stärke zu fesseln: Rätsel.

Qube

Einen so hübsch und sauber aussehenden Titel wie diesen ohne großes Design-Budget (vor allem aber auf UDK-Basis, also mit Beschränkung auf Drag & Drop und einfache Scriptsprachen) zu entwickeln, halte ich für eine reife Leistung. Die sehr klare Linie, der Soundtrack zwischen bedrückenden Ambient-Klängen und pumpenden Beats sowie der permanent abwechslungsreiche Ablauf der Puzzles wissen auch ohne eine einzige eingesprochene Zeile Text zu begeistern. Den Abspann sieht man leider schon nach vier bis fünf Stunden Spiellänge, allerdings ziehe ich kurze Spielzeiten einem künstlich in die Länge gezogenen Erlebnis weitaus vor. Ein nachgelieferter Level-Editor zum Basteln eigener Rätsel wäre hier vielleicht gar keine schlechte Idee.

Dass ein 3D-Puzzler auf der Erfolgswelle eines Portal mitreiten will, ist ebenso klar wie die Tatsache, dass Q.U.B.E. in Sachen Produktionswert und Spieltiefe nicht ans Niveau eines millionenschweren Projekts heranreicht. Was mich als jemand, der in den meisten Puzzle-Spielen nach wenigen Minuten versagt, an diesem Spiel reizt, ist schwer zu sagen. Die Möglichkeit, sich Rätsel zu Fuß und in räumlicher Umgebung genau anzusehen? Der erfrischende Mangel an Krieg, Aliens, Zombies und Level-Systemen, die mir alle zum Hals raushängen? Auch ohne “1337 Skillz” wie äußerst präzises Zielen ans Ziel zu kommen? Eine etwas zu groß geratene Sympathie zu Indie-Spielen, die endlich wieder so richtig Bestätigung findet? Ich glaube, ein bisschen von allem.

Update: Manu war übrigens so nett, mich für eine Folge seines Podcasts (iTunes) einzuladen, um ein bisschen mit mir über Q.U.B.E. zu plaudern. Die seltene Gelegenheit, mich im totalen Koffeinschock nervös herumstottern zu hören!

Q.U.B.E. ist über Desura und Gamersgate für PC erhältlich, seit heute gibt es ebenfalls eine Steam-Version. Wer bis dann hier (konstruktiv) kommentiert, kann mit etwas Glück einen von vier Steam-Codes abgreifen. Glückwunsch an Lisa, ODog, mnz und sozpaed, euer Leben ist ab jetzt ein kleines bisschen blockiger! Mehr Informationen gibt’s auf der offiziellen Website und in der Indie DB.

25 Kommentare zu “Indiegame: Q.U.B.E.”

  1. Dom
    1

    This was a triumph,
    I’m making a block here,
    HUGE SUCCESS!
    It’s hard to overcome
    those walls in white paint

    Quick Understanding
    of Blocks is a game
    That is
    real neat
    For the brains of all of us
    except the ones who are dumb.

    So I’m moving shapes
    and there’s puzzling to do
    Fabu sure wouldn’t mind
    if I share this song with you
    and there’s riddles to be solved
    All your brains will be dissolved
    by a game that is one of its kiiiiiind.

    ♪ ♫

  2. Fabu
    2

    ☛ ☐

  3. laZee
    3

    Der cleane Look gefällt. Und seit Minecraft lösen Blöcke bei mir auch ne Sogwirkung aus :D

  4. Theresa
    4

    Portal mit Bloecken? Klar, immer nur her damit! xD

  5. Rosenberg
    5

    Unnötig zu erwähnen das ich hier sicherlich keinen Kommentar hinterlasse.

  6. Karsten
    6

    Letztes Jahr sind schon viele, tolle Indie-Games herausgekommen, die auch Core-Gamer wirklich begeistern konnten, schön, dass es 2012 gleich so weiter gehen könnte. Ich bin gespannt.

  7. Swissendo
    7

    ” Um 19 Uhr ist Release der Steam-Version” -- Dieser Satz erlöste meinen Steam-Client und die F5-Taste, ich danke euch!

  8. Schneelocke
    8

    Ich freue mich immer auf Spiele die durch ihre Mechanik und ihrer Idee begeistern und die man auch noch Spieleveteran ( und damit meine ich explizit das Alter) spielen kann. Gefühlte 50 Jahre Egoshooter sind genug.

  9. ODog
    9

    Wow, das Jahr hat gerade erst angefangen und schon gleich ein Indiekracher vor der Tür. Hat sich natürlich viel von Portal abgeguckt und hätte es ne Story, dann wärs wahrscheinlich noch mehr Portal, vielleicht also besser so… Ich freu mich auf heut Abend, muss ja Weihnachtsgelder verprassen :D (Außer latürlich, superlevel ist mal wieder großzügig zu mir ;) )

  10. jay
    10

    konstruktiv schmonstruktiv!

  11. TiTUS
    11

    *kreisch* AHHH!!! Ich will auch einen Steam-Code! :D

  12. weidhas
    12

    Blöcke sind das Spielzeug der Hipster von morgen und daher will ich einen Steam Code! Aus Basta, keine Diskussion!

  13. joch_n
    13

    *Jedi-Geste* These aren’t the blocks you are looking for.

  14. Wollmilchkuh
    14

    Aloha,

    als der Steam Release im Dezember verschoben wurde habe ich mich schon ein wenig geärgert (war aber die richtige Entscheidung und Valve hatte den Entwicklern ja auch dazu geraten). Umso mehr freue ich mich es heute Abend endlich zocken zu können.

    Nach den doch eher positiven Meinungen bisher (ausgenommen der “ZOMFG Portal-Klon” Schreihälsen), hoffe ich nur das es nach dem Weihnachts-Sale nicht untergeht.

    Fehlende Story? Habe ich glaube auch kein großes Problem mit, wenn der Rest stimmt. Besser so als langweilig.

    Nebenbei erwähnt finde ich es echt Klasse, dass keine “Waffe” zum Einsatz kommt (hat mir schon bei Void https://www.digipen.edu/?id=1170&proj=23876 gefallen).

    Grütze

    PS: Ich nehme dann mal nicht bei der Verlosung teil, da es eh auf meiner Kaufen Liste steht.

  15. Nharox
    15

    So fängt das Jahr schon mal gut an. Freue mich immer wieder auf neue und interessante Spiele (vorallem bei dieser Shooter Generation). Außerdem finde ich es faszinierend wie Indie Developer es locker schaffen mit den Großen mitzuhalten. :P

  16. sozpaed
    16

    @schneelocke: ich würde deinen Shooter Bash gerne präzisieren indem ich ein “schlechte” vor das EGO-Shooter setzen würde… Mir wäre es auch mal recht, wenn die Indieentwickler ihre Kreativität noch mehr in das Genre Shooter stecken würden, damit der Markt sich weiterentwickelt… Oder andersrum: AAA Entwickler und Publisher klaut doch wenigstens mal vernünftig von den Indies ;-)

  17. mnz
    18

    Sieht äußerst interessant aus. Aber ich denke mit dem UDK geht ein bisschen mehr als Drag&Drop :F

  18. Hardhat
    19

    Kaum zu glauben wie viele Indiegames in letzter Zeit auftauchen. Freue mich schon auf viele neue Games in 2012.
    Q.U.B.E. sieht auch sehr gut aus. Erinnert an Portal, was aber nichts schlechtes heißt. Auch wenn es vielleicht qualitativ nicht an Spiele mit viel Budget in der Entwicklung rankommen mag, glaube ich schon, dass man hiermit so einige Stunden Spaß haben kann.

  19. suppe
    20

    Ich finde dieses “sich auf das Wesentliche beschränken” Ding voll super und kommentiere natürlich nur um einen Code zu ergattern. Und so.

  20. Lisa H.
    21

    Im Prinzip genau das was man sowieso bei größeren Logikrätseln (also Puzzlen) machen sollte, um sie zu lösen: Sich mitten hineinbegeben. Also aus der perspektive einer Ratte in einem Labyrinth. Oder einer Legofigur in einer Legowelt. Wir haben genau das letzte Woche in Mathe in der Schule diskutiert: Sich visuell in die Rätsel hineinbegeben.
    COOL !

  21. Dom
    22

    Die Codes sind raus, gewonnen haben Lisa, ODog, mnz und sozpaed. Viel Spaß beim Spielen und danke fürs Kommentieren!

  22. Lisa H.
    23

    Whau! Danke! Wir zocken das Spiel nun in der Schule, dank des CODES. DANKE!

  23. Christoph
    24

    > (vor allem aber auf UDK-Basis, also mit Beschränkung auf Drag & Drop und einfache Scriptsprachen)

    Ganz steile These -- der Umfang des UDK entspricht so ziemlich dem, was du kriegst, wenn du die Unreal Engine für einen riesigen Haufen Währungseinheiten von Epic lizensierst. Den Unterschied machen dann eher die Leute, die damit arbeiten -- wer 40 entsprechend geskillte Vollzeitprogrammierer und einen Finanzstarken Publisher hat, macht daraus eben ein Spiel wie Batman: Arkham City oder Mass Effect, denen man die Engineherkunft nicht sofort auf den ersten Blick ansieht und die sich spielerisch doch ordentlich vom Ursprung unterscheiden -- oder eben Gears of War, das genau den gleichen Farbmatsch wie UT3 bietet. Drag and Drop ist da nur die zugängliche Benutzungsoberfläche, der superbequeme, gummierte Griff des Hammers, wenn man so will.

    Ansonsten: Sehr gut geschrieben, jetzt bin ich auch scharf drauf.

  24. Dom
    25

    <3

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