Qora: Spiritueller und schrulliger Wanderweg
Ich stehe vor einem Hügel und betrachte bunte Pixel, die an meinem neuen Haus arbeiten. Die Arbeiten würden noch bis zum Abend dauern, informiert mich der Bauunternehmer, und beginnt, über das heutige Dorffest zu sprechen. Ich wandere gemütlich Richtung Dorf. Leute in allen Farben begrüssen mich mit Geschenken, unter anderem einer Spitzhacke und einem stilistisch fragwürdigen Pullover. Geschichten über das Land und über das Leben in der Gegend werden ausgetauscht. Ein Vater bildet seinen Sohn zum Mechaniker aus. Er möchte später Eiskunstläufer werden. Ein Junge erzählt mir von einem Vogel namens Bungle, den er liebevoll gezähmt und später an seinen Hund verfüttert hat. Qora ist merkwürdig — und zieht mich gerade deswegen noch mehr in seinen Bann.
Im Kern handelt es sich bei Qora um eine spirituelle Geschichte, die den Helden auf eine Reise in eine unbekannte Welt schickt. Visionen der Vergangenheit sind auf dem Weg verstreut und erlauben Einblicke in vergangene Ereignisse und verlorene Zivilisationen. Die oftmals düsteren Vorfälle stehen dabei in starkem Kontrast zur bunten Welt und ihrem Humor. Zeitgleich lassen sich aber auch Geschichten finden, die ins absolut Lächerliche gehen und mich grinsen lassen. Das Resultat ist eine unkonventionelle Mischung, die aber Herz hat und genau darum funktioniert. Auf dem Weg zum Ende des Spiels erfährt man so nach und nach mehr über die früheren Bewohner des Landes und lernt diverse Charaktere kennen. Alles in kleinen Häppchen, um die Neugierde ständig bei Laune zu halten.
Die Stärke von Qora kann auch als eine Schwäche angesehen werden: Das Spiel verlangt viel Geduld. Beginnend mit der simplen Steuerung, die nur aus Bewegungstasten und einem einzigen Aktionsknopf besteht. Schwimmen, laufen, klettern, Steine aus dem Weg räumen… alles läuft mit einem Knopfdruck ab, mit trägen und langsamen Animationen. Nicht selten hält man minutenlang nur eine einzige Taste, um nach rechts zu gehen. Aber genau diese Gemütlichkeit erlaubt es, die Kulisse mit all ihren Details zu genießen. Grüne Wiesen, Überreste von Tempeln, Steppen – Qora zaubert fabelhafte, abwechslungsreiche Welten auf den Bildschirm. Der simple Soundtrack passt sich perfekt dieser Szenerie an – fröhlich und spielerisch im Dorf, melancholisch und mysteriös in den Ruinen einer vergangenen Zivilisation. Oder er stoppt bewusst für einige Sekunden, um durch Stille eine Spannung aufzubauen. Perfekt.
Qora ist ein zweistündiges Abenteuer, das Humor, Drama und Neugierde gekonnt vermischt. Ähnlich wie Journey oder Stranded schickt es den Spieler auf eine kurzweilige Reise in eine Welt, die man selbst nach dem Ende wieder besuchen möchte. Wer über Geduld besitzt und bereit ist, sich im grandiosen Soundtrack und der Atmosphäre vom Spiel zu verlieren, dem sei die Reise wärmstens empfohlen. Ich persönlich habe jede Sekunde genossen und werde demnächst wieder in diese Welt eintauchen, um die letzten verpassten Geschichten und Enden zu finden. Und mich wieder von den wunderschönen Hintergründen verzaubern zu lassen.
Ein Kommentar zu “Qora: Spiritueller und schrulliger Wanderweg”
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<3