The Lost Levels: 07/2013
Werte verdorbene Zielgruppe, wo ist die Moral geblieben? Im Juni suchten wir exzessiv nach der Antwort: Neuzugang Nina Kiel kritisierte die deutschsprachige Messebabes-Klickstrecken-Berichterstattung, während ich den durch Steam Trading Cards angefachten Turbokapitalismus zu reflektieren versuchte. Das war Fabu zu viel. Dem Eskapismus fröhnend sprang er in seine 1980er-Mixtape-Traumwelt — zurück zum Damals, als die Welt noch in ihren Fugen war. Kein Wunder, dass auch diesen Monat wieder zu wenig Zeit für einige Spiele-Perlen blieb. Willkommen bei der Juli-Ausgabe von The Lost Levels.
Canopus (PC)
Benjamin Gäbe es einen Preis für den besten Spieleentwickler-Namen, “Klaus von der Landwehr” hätte ihn verdient. “Klaus von der Landwehr” – ein Name wie ein Actionheld der 80er, der sich auf Filmplakaten wunderbar neben Schwarzenegger und Van Damme lesen würde. Doch die 80er sind, trotz Reboots, Remakes und Revivals, lange vorbei. Was macht ein Mensch mit diesem Namen im 21. Jahrhundert? Er entwickelt Weltraumballerspiele! Und wer das Sounddesign des Bord-MGs länger als fünf Minuten erträgt, findet in Canopus vielleicht sogar ein gutes… RÄTÄTÄTÄTÄTÄTÄTÄÄÄÄÄÄÄÄ!
PUK (iOS)
Dom Das extrem hübsche, extrem unkomplizierte und extrem extreme Arcade-Spiel PUK ist bei mir längst zum Pflichttitel für Wartezeiten an der Kaffeemaschine geworden. Nach bewährtem Steinschleuder-Prinzip werden kleine, weiße Pucks vom unteren Bereich der geschmackvoll orange gefärbten Bildfläche auf Zielflächen am oberen Rand geschnipst. Ein rasch ablaufendes Zeitlimit sorgt in 1.000 zufällig ausgewählten Levels für flottes Gameplay mit hohen Ansprüchen an Durchhaltevermögen und Zielwasser. Als Spezialexperte für Symbionten aus schlankem Design und Hockey bleibt mir nichts anderes übrig, als auf die Downloadlinks für iOS und Android zu verweisen. PLOK!
Strength Of The Sword 3 (PSN)
“Enemies watch and analyze your style and skill level and change tactics to counter you.”
Sebastian Leider gab es weder Zeit noch Möglichkeit für uns, dieses Spiel anzutesten. Aber ihr könntet das ja für uns übernehmen. Schnappt euch einfach folgenden Aktivierungscode für den PSN-Store, der sich wie folgt aufbaut: Der erste Vierer-Block ist besteht aus dem Kürzel für eine populäre Computerspielreihe, die zu Deutsch Schwerer Kraftfahrzeugdiebstahl lauten würde, jedoch hat sich nach dem ersten von drei Buchstaben noch ein L dazwischengeschlichen. Der zweite Block liest sich wie LAN6, wobei einer der Buchstaben durch eine ähnlich aussehende Zahl ersetzt werden muss. Zum Schluss gesellt sich die Zahl des Teufels mit dem Konsonanten R hinzu, jedoch müssen zwei bestimmte Ziffern des Satansymbols mit Eins addiert werden. Alles ganz einfach also. Tut uns wirklich leid, dass wir keinen Blick reinwerfen konnten. Wir hatten einfach keine Zeit für solche Kinkerlitzchen.
Wyv and Keep: The Temple of the Lost Idol (PC/Mac/XBLA)
Sebastian Wenn man zum ersten Mal das Pixelantlitz von Wyv and Keep erblicken darf, so ist es nur allzu leicht, einer nostalgisch angehauchten Verliebtheitphase zu verfallen. Vergleiche mit Spelunky sind — was visuelle Aufbereitung und Spieldesign anbelangt — angebracht und sicher auch gewünscht. Alles wirkt ein wenig vollgestopft mit den kuriosesten Todesfallen, und zugleich war ich jetzt schon angetan von dem selbstironischen Humor und der Grafik. Ich klatsche in die Hände, kaufe mir einen aus pygmäischen Fabrikarbeiter-Händen angefertigten Hut und warte dann mal gebannt, dass das kleine Schmuckstück es in die grüne Ampelphase schafft.
7 Grand Steps (PC/Mac)
Dennis Meine erste Begegnung mit 7 Grand Steps hatte ich im überlaufenen IGF-Pavillion auf der GDC. Der Grafiker William Stoneham, ein zerzauster älterer Mann mit Rauschebart und irrem Blick, machte mich aufmerksam auf das Projekt des kleinen Studios Mousechief. In 7 Grand Steps steuert man die Geschicke einer Familie in der Antike. Entscheidungen müssen getroffen werden über das Wohl der Kinder, über Aufstände, Regierungen und Töpfereien. “Und pass auf die Krokodile auf!“, sagt Stoneham und kichert wirr. Richtig, Krokodile. Denn eigentlich ist 7 Grand Steps ein digitalisierter, mechanischer Spielautomat, der über das Einwerfen von Münzen gesteuert wird. Emergente Narrative, sagen die Designer William Stoneham und Keit Nemitz — ich sage: Das merkwürdigste… Dings seit langem.
XCOM: Enemy Unknown (iOS)
Dennis XCOM: Enemy Unknown ist das beste Rundentaktikspiel der letzten Jahre und jeder, der das Gegenteil behauptet, hat nicht im Iron-Man-Modus den besten Scharfschützen des Teams an einen Streifschuss eines Thin Mans verloren, hat nicht mitgefiebert als das jüngste Teammitglied die Frau an der schweren MG unter feindlichem Beschuss wiederbelebt hat. Für 17,99 Euro gibt es diese Taktikgefechte jetzt auch auf iOS-Geräten. Warum hänge ich nicht in der Hängematte und fiebere um das Leben meiner Anti-Alien-Einheit? Weil ich die Steuerung auf iOS teilweise noch nerviger und friemeliger finde als auf dem PC. Weil Kämpfe über mehrere Höhenebenen noch umständlicher wirken als vorher, weil es auf Marcus iPad Mini ohne Grund abstürzt und weil ich meinen Soldaten nicht mehr mit pinken Rüstungen individualisieren kann. XCOM auf iOS ist kein schlechtes Spiel, es ist sogar immer noch ein exzellentes Spiel. Ich weiß nur, dass es sehr viel besser spielbar ist auf PC, Xbox und Playstation.
Deep Dungeons of Doom (iOS/Ouya)
Dom Dass es Genre-Klischees im Übermaß wiederkäut, sollte man Deep Dungeons of Doom allerspätestens beim Anblick seines großartigen Namens verzeihen. Die Kollaboration der Schöpfer von Out There Somewhere und dem Surgeon Simulator kommt im Mantel ansehnlicher Pixel-Animationen und mit nettem Humor daher. Seine Dungeon-Crawler-Vorbilder kondensierten die Macher zu Two-Button-Kämpfen, in denen Stockwerk für Stockwerk Monster geplättet und Kisten geplündert werden. Es ist im Herzen ganz Roguelike, doch bietet DDD nach gescheiterten Kreuzzügen den kostspieligen In-App-Kauf zurück ins Leben an. Inhaltlich mag es nicht wirklich deep sein, doch bietet es immerhin einige Stunden kostenlosen Schnetzel-Spaß.
Die hier aufgeführten Spiele sollten ursprünglich in einzelnen Artikeln besprochen werden, doch leider kam es aus Zeitgründen nicht dazu. In der monatlichen Serie The Lost Levels präsentieren wir diesen ‘Überschuss’ in Kurzform, damit die geleistete Vorarbeit nicht umsonst war. Außerdem wäre es schade, euch die geplanten Themen gänzlich vorzuenthalten.
Ein Kommentar zu “The Lost Levels: 07/2013”
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7 Grand Steps finde ich toll. Eins dieser Spiele an denen ich ohne guten Grund ewig Spielen könnte. Schade das es nicht nach 15$ aussieht.