Interview: Michael Rose (Indie Royale)
Mit Indie Royale hat seit letzter Woche das Humble Indie Bundle in Sachen exzellenter Indie-Game-Pakete Konkurrenz bekommen. Zusammen mit der Downloadplattform Desura versuchen indiegames.com mit Bundle-Promotions weniger bekannten Indies zu Ruhm, Geld und endlich, endlich Heizung im Büro zu verhelfen.
Statt wie beim Humble Bundle auf Wohltätigkeit und Pay-What-You-Want zu setzen, versucht es Indie Royale mit einem unüblichen System: Der Preis ist zuerst niedrig, steigt mit jedem Käufer und fällt wieder, wenn freiwillig eine größere Spende dagelassen wird. Mit Erfolg: Das erste Bundle mit Spielen wie Gemini Rue und Sanctum wurde über 30.000 mal verkauft. Wir haben uns daher Michael Rose, Indiegames.com-Redakteur und Autor von 250 Indie Games You Must Play geschnappt, um mit ihm über Indie Royale, Bundle-Promotions, Steam und Desura gesprochen.
Mike, wie bist du bei Indie Royale gelandet?
Ich bin der Organisator! Ich kenne durch meine Arbeit bei indiegames.com eine Menge Spieleentwickler, ich bin also der Typ, der bei Entwicklern Interesse an Indie Royale weckt und sie ins Programm aufnimmt.
Warum überhaupt Indie Royale?
Mein Boss, (der Leiter des Independent Games Festival) Simon Carless, und ich haben gemerkt, dass indiegames.com inzwischen ziemlich wichtig geworden ist, wir aber noch mehr tun könnten, um der Indie-Szene zu helfen. Warum also nicht? Wir wollten eine Bundle-Promotion ausprobieren, um Leute auf Spiele zu bringen, die sie sonst nicht spielen würden.
Euer Preissystem wurde ja erstmal ein wenig verwirrt aufgenommen. Wie kamt ihr darauf?
Oh, wir waren auch ziemlich verwirrt! Na, wir dachten einfach, wenn wir schon mit Indie Royale Experimente machen, dann können wir auch gleich irgendein irres Bezahlsystem einführen. Wir wollten nicht einfach Pay-What-You-Want machen, aber mochten die Idee, dass der Preis über die Zeit steigen und wieder fallen kann. Der Preis blieb aber konstant niedrig, weil viele Leute immer wieder mehr als den Mindestpreis bezahlt haben. Ich dachte, es würde viel mehr auf und ab gehen.
Hast du eine Ahnung warum? Was macht die Bundles so erfolgreich, dass Leute sogar mehr als das Mindeste dafür ausgeben wollen?
Ein Teil davon sind natürlich die niedrigen Preise. Im Grunde genommen machen wir Spielern doch ein Angebot, das sie nicht ablehnen können (lacht). Bei dem Preis müssen sie quasi zugreifen – und dann merken, dass es tatsächlich großartige Spiele sind und, oh Gott, warum habe ich das nicht früher gespielt!?
Aber wenn es um’s Kaufen geht, merken die Leute, dass sie damit den Entwicklern wirklich helfen. In unserem ersten Bundle haben einige der Spieleentwickler mehr Publicity und mehr Spieler gesehen, als in der gesamten Zeit davor, die das Spiel erhältlich war. Jetzt gibt es über 30.000 Spieler, die ihre Games spielen und das nächste Mal, wenn sie etwas veröffentlichen, werden es umso mehr Leute spielen. Das hilft enorm! Und die Entwickler, mit denen wir zusammenarbeiten, sind ja auch keine großen Teams. Nimbus wurde von ein paar Jungs gemacht und Gemini Rue von Joshua Nuernberger allein! Solche Aktionen sind riesig für diese Entwickler!
Publicity mal ausgenommen: Macht es Sinn für Entwickler, bei euch mitzumachen?
Absolut, die Einnahmen werden zwischen den Organisatoren, also indiegames.com und Desura, und den Entwicklern gleich aufgeteilt. Wir haben auch eine Menge toller Spiele in der Hinterhand, darunter einige Überraschungen. Seit dem ersten Bundle haben wir eine irrsinnige Anzahl an Mails von Entwicklern, die auch mitmachen wollen. Falls wir unsere angepeilten Verkaufszahlen erreichen sollten, werden wir mit Indie Royale einige Entwickler sehr glücklich machen.
Wie stellt ihr sicher, dass ein Bundle erfolgreich ist? Wie mischt ihr die Spiele?
In den ersten paar Aktionen wollen wir immer ein bekannteres Indie-Game anbieten, um Leute auf uns aufmerksam zu machen. Im ersten Bundle waren das z.B. Sanctum und Gemini Rue als Ex-IGF-Finalist. Und ansonsten versuchen wir einfach eine gute Mischung hinzukriegen, damit wir nicht etwa nur Plattformer oder Strategiespiele haben.
Steam spielt aber auch eine riesige Rolle. Wir versuchen, so viele Spiele wie möglich auch auf Steam anzubieten. Wenn ein Bundle keine Steam-Keys hat, dann hast du eine ganze Menge Leute, die dir sagen: „Ich kauf den Mist nicht! Das macht keinen Sinn! Ich brauche meine Spiele auf Steam!“. Darum müssen wir sichergehen, dass zumindest ein oder zwei Spiele im Bundle auch auf Steam sind. Das ist natürlich keine Bedingung für Entwickler, die mit uns zusammenarbeiten wollen! Viele kleinere Spiele gibt es einfach nicht auf Steam, und genau diese Spiele sind es ja, die wir unterstützen wollen.
Das ist eine merkwürdige Situation mit Steam, vor allem weil es dazu führt, dass fantastische Spiele wie Deepak Fights Robots somit eine kleinere Chance haben, bei euch im Bundle aufzutauchen. Das ist schade.
Naja, das ist doch genau die Richtung, in die sich Mainstream-Gaming bewegt, oder? Ich würde persönlich gerne ein wenig mehr sinnvolle Konkurrenz für Steam sehen. Ich wüsste nur nicht wer das sein sollte. Steam braucht ja keine Konkurrenz, Valve sind fantastische, nette Leute. Die ganzen Sales, die sie machen, sind unendlich hilfreich, aber es wäre gut, wenn Spieler eine etwas freiere Wahl der Plattform hätten.
Desura – und ich sage das nicht nur, weil wir mit Desura zusammenarbeiten – ist ziemlich gut. Alle Entwickler, die ich danach gefragt habe, waren sehr glücklich damit. Es wäre schön, wenn ein paar mehr Leute es nutzen würden. Aber es wird trotzdem noch eine Weile brauchen, um wirklich Druck auf Steam zu machen.
Eines der nächsten Bundles wird ein Alpha Fund Bundle sein. Ist die Unterstützung von Entwicklern bei der Produktion ein Bereich, den ihr stärker ausbauen wollt?
Das war eine der Sachen, die uns bei der Gründung sehr wichtig waren. Alpha Funding wird ja jetzt langsam “eine große Sache” durch Spiele wie Minecraft und Project Zomboid. Ich liebe die Idee! Nicht nur kriegt man sofort einen spielbaren Prototyp wenn man Geld “anlegt”, man kann auch noch den Hipster raushängen lassen und sagen: “Hey, ich kannte das Spiel schon vor 2 Jahren oder so…”
Indieentwicklern hilft das immens. Wenn du ein Spiel machen willst, aber kein Geld hast, dann ist das vielleicht einer der besten Wege, um sicherzugehen, dass du für längere Zeit an deinem Spiel arbeiten kannst. Ich hoffe sehr, dass da noch mehr geht. Desura hat übrigens auch ein eigenes Alpha Funding Programm, es dürfte das einzige seiner Art sein. Ich würde echt gerne sehen, wie gut oder schlecht das für Spieleentwickler funktioniert.
Was es bisher kaum gab, waren Indie Bundles für mobile Plattformen. Wie kommt’s?
Um ehrlich zu sein, haben wir uns damit auch noch nicht beschäftigt. Aber Indie Royale ist ein riesiges Experiment für uns und… wer weiß… vielleicht versuchen wir es ja mal mit einem iPad-Bundle. Im Moment konzentrieren wir uns allerdings auf den Personal Computer.
Gab es Kommentare vom Humble Bundle? “Verschwindet aus unserem Bundle-Business!”?
Nein, nein! (lacht) Wir haben doch das gleiche Ziel: Wir alle wollen, dass Indie-Games riesig werden! Und wir konzentrieren uns auch auf verschiedene Spiele. Das Humble Bundle macht eher Aktionen mit “High Profile Indies”, mit bekannten Namen also. Wir wollen eher den Nischentiteln helfen. Am Ende kommt es doch nur darauf an, dass mehr Indie-Games gespielt werden!
Was kommt als Nächstes für euch?
Mehr Bundles, immer mehr Bundles und dann noch mehr… until it all dies horribly in a fire!
Vielen Dank für das Gespräch, Mike, und viel Glück mit dem aktuellen Bundle!
Seit gestern ist das neue Indie Royale Bundle erhältlich. Dabei sind Nifflas NightSky, Weltuntergangssimulator Fate of the World, Geometry-Wars-Epigone Scoregasm sowie die besten Adventure-Games der Neuzeit Ben There Dan That und Time, Gentleman, Please. Grund für zehntausende Nutzer zum Start des zweiten Bundles gleichzeitig auf F5 zu hauen und Indie Royale damit in die Knie zu zwingen. Der Rauch hat sich gelegt, neue Server wurden dazu geschaltet, Bundles können wieder gekauft werden.