Interview mit SchildaGames, Teil 2

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Zeig’ mir mal wo’s langgeht, Baby!

Nach der überwältigenden Resonanz auf den ersten Teil unseres Interviews mit der Softwareschmiede SchildaGames, folgt hier also der versprochene zweite Teil. Gesprächspartner war und bleibt Präsident Heinrich, das Thema lenkten wir geschickt auf ein inhouse-Patent, mit dem sich der Laden nach eigenen Aussagen dumm und dusselig verdient.

Sorry übrigens für die leichte Verspätung, aber wir hatten Probleme mit gehexmuxten Videotondateien (fragt lieber nicht), was uns leider erst auffiel, als wir den transkribierten Text ins überforderte Korrekturbüro schickten.

Auch egal. Teil zwei also, über Minimaps, GPS und die Mehrzahl von Kompass.

Superlevel: OK, anderes Thema. Ihr seid ja auch ganz dick im Geschäft in Sachen Middleware.

Heinrich Horst: Ja. Wir haben zum einen die SchildaEngine, die bei Games wie Nuke Dukem Fornever zum Einsatz kommt, und dann natürlich unseren kleinen Geldesel, hihi — die Hänsel&Gretel-Libraries.

Das ist dieses System, welches Entwicklern erlaubt, auf eine Minimap zu verzichten.

Genau. Stattdessen wird auf Knopfdruck ein Pfad zum nächsten Ziel angezeigt. Wie die Brotkrumen in diesem Märchen.

Das ist mittlerweile recht verbreitet, oder?

Ja, und wir sind mächtig stolz darauf. IA hat das gemacht bei Dead Face, und Opisoft bei Prince from Iran. Und jetzt haben Antivision das bei diesem Superhelden-Spiel drin und verwenden es wohl auch in Mehdorn Combat 2, genau wie IA in Rock Night 4.

Angeblich kommt es auch ins nächste CBA, aber dazu darf ich natürlich nichts sagen, zumal da auch noch der Entwickler wechselt.

Achso, klar: In Fatal II steckt es ebenfalls.

Peter Millineux soll auch an der Entwicklung beteiligt gewesen sein.

Das Gerücht kenne ich, aber da ist nichts dran. Das ist Käse, um es mal auf den Punkt zu bringen. Blödsinn. Quatsch. Peter… Herr Millineux war bloß extrem fasziniert von den Möglichkeiten, hat das System in seinem Spielchen da verwendet und dann… Ihr kennt doch seine Vorträge. Da darf man nicht alles ganz so ernst nehmen.

Das ist eine hauseigene Sache, das kommt von uns. Ich kann die Rechnung an Lionbed holen, falls es interessiert, hahaha.

Ha! Haha!

Ne, mal Spaß beiseite. Das ist ganz alleine auf unserem Mist gewachsen.

Apropos Mist: Wie kamt Ihr überhaupt auf die Idee mit den Brotkrumen, und was zahlt Ihr den Studios, damit die Euer System verwenden?

Zahlen? Wir? Ha. Zahlen… wir verdienen uns, ja, dumm und dusselig an Hänsel&Gretel, ganz klar. Die Spieler wollen das, und die Entwickler folgen bloß dem Ruf der… der… Wildnis, he.

»Immersion« ist das Wort. Das Zauberwort. Das Wort der Gegenwart, sozusagen. Fullscreen-Karten, Minimaps, Pseudo-GPS-Anzeigen in einblendbaren Handy-Displays — ich bitte Euch! Das sind Relikte aus 8-bit oder 16-bit Tagen, oder meinetwegen auch später, aber das ist doch nicht mehr zeitgemäß.

Nicht mehr zeitgemäß?

Richtig. Der Spieler will doch heute viel stärker eintauchen in die Welt, das Erlebnis, den Charakter, die Geschichte. Am besten, der Schirm zeigt ausschließlich Welt und sonst gar nichts. Also, klar, den Charakter und Gegner und Waffen und so, aber doch bitte keine Gesundheitsanzeigen oder Punkte oder sonstwas. Und eben keine Karte.

Ich sag’ ja immer: Das beste Spiel ist immer noch das Spiel, das mich voll und ganz eintauchen lässt. Das sag’ ich immer. Und das meine ich insbesondere im Hinblick auf Karten und Kompasse. Kompässe. KompIEH?!? Ha.

Hab ich im echten Leben immer eine Karte über meinem Kopf schweben? Nein. Na also!

Aber das ist doch ein eher, sorry, dümmliches Argument. Wir haben doch auch sonst nichts aus dem Spiel im echten Leben, und so eine Karte ist doch schon sehr hilfreich.

Das mag zutreffen, aber… ich will es andersherum versuchen: Wozu verwendet der Spieler denn die Karte oben rechts oder unten rechts… links… auf dem Bildschirm, hm?

Um zu sehen, wo er sich befindet, wo er hinkann, wo er hinmuss. Um Ziele zu identifizieren oder die Umgebung grob abschätzen zu können. Ohne viel herumlaufen zu mü…

OK, OK, seht Ihr — das sind immer… IMMER die gleichen Argumente. Ich höre immer nur die gleichen Sachen, niemals irgendetwas neues, aufregendes. Etwas, das mich vom Hocker reißt, das mir unmissverständlich klarmacht: JA, so und nicht anders.

Es sind immer die gleichen Argumente. Immer nur dasselbe.

Gejammere!

»Oh, ich weiß nicht, wo ich hinmuss« — das ist doch absurd. Wenn der Spieler nicht weiß, wo er hinmuss, dann hat doch der… der Entwickler… der Leveldesigner… dann stimmt doch schon etwas grundsätzliches nicht mit dem Spiel.

Und das ist doch dann beim besten Willen nicht unser Problem!

Aber mit Eurem System… das dient doch ausschließlich der Wegfindung. Und tötet ganz nebenbei das letzte bisschen Spannung.

Ich… ich verstehe die Frage nicht. Wie ist die Frage?

Mit Eurem System, mit Hänsel&Gretel, das ist doch gerade dazu da, dem Spieler zu zeigen, wo er langmuss. Er muss den Weg noch nicht mal mehr suchen,.

Ja. Und?

Wo ist denn der Vorteil zu einer Karte?

Also… der Spieler bekommt z.B. nicht die ganze Zeit vorgehalten, dass er falsch läuft. Frust schön und gut, hin und her, aber man muss es ja nicht übertreiben, he? Der Spieler kann sich stattdessen ganz aktiv, selbständig, aus eigenem Antrieb dafür entscheiden, OB er ÜBERHAUPT sehen WILL, wohin er zu gehen hat.

Auf Knopfdruck?

Richtig. Auf Knopfdruck. Diese Extra-Hürde haben wir im übrigen ganz bewusst eingebaut, weil es sonst zu… einfach, oder sagen wir: offensichtlich ist, wo das nächste Ziel, die nächste Aufgabe liegt.

Wenn man das immer anzeigen würde, dann wäre… dann wäre ja… die Spannung… Und es sieht cool aus! Diese Linien oder so, die den Boden entlanghuschen. Das ist doch super. Habt Ihr Dead Face gesehen? Dieser blaue Strahl, und dazu das »Bliep-di-di-bliep« — umwerfend. Ich könnte stundenlang nichts anderes machen, als diesen Knopf zu drücken.

Ja, wir auch.

Es ist ja auch nicht so, dass wir kein eingebautes Kartensystem hätten, nicht wahr? Man muss doch meist bloß START drücken und dann vielleicht noch zur Karte wechseln und ein bisschen hoch- und runterscrollen, rein- und rauszoomen, und dann hat man das doch auch.

Wem das zu viel Aufwand ist, der sollte Filme gucken oder, haha, Hörspiele anmachen, haha.

Im dritten Teil des Interviews beantwortet der liebe Herr Horst sämtliche Leserfragen, die wir im Vorfeld erhalten haben. Kann etwas dauern. Hexmuxvideoton, Ihr wisst schon.