Intrusion 2
Die Suche nach dem Three Wolf Moon Shirt unter den Videospielen ist vorbei. Intrusion 2 lässt sich ungefähr zehn Minuten Zeit, ein gewöhnlicher 2D-Shooter mit Metal Slug-Gedenkbonus zu sein. Dann gibt es dem austauschbaren Helden mit wehendem Schal einen gigantischen Reitwolf, um gegen fliegende Roboterdrachen zu kämpfen.
In einem vieldiskutierten Interview hat der 2K Boss Christoph Hartmann vor Kurzem für Fotorealismus argumentiert, um Spiele aus primitiven Schießbuden in Hochkultur zu verwandeln. Intrusion 2 ist Antithese und gleichzeitiger Beweis für die Blödsinnigkeit dieser Argumentation. Fotorealismus bringt Spiele nicht voran — Roboter und Laserwölfe schon.
Der Intrusion-Macher Aleksey Abramenko schert sich nämlich einen Dreck um Emotionen und Hochkultur. Oder falls er das tut, verbirgt er es unter einer gewaltigen Schicht pubertärer Actionfilm-Fantasien. Intrusion 2 ist nicht nur ein Spiel, das kein Problem mit Reitwölfen hat, es enthält unter anderem: Eine Schlittenfahrt mit Kampf gegen Snowboard-Ninjas, einen Cyborg, der mit einer Diskokugel Höhlen zum Einsturz bringt und Duelle zwischen schwertschwingenden Mechs.
Unterstützt wird das von einer Physik-Engine, die ungefähr genauso viel hilft wie behindert. Weil alle möglichen Objekte im Spiel geschubst, zerschossen und gerollt werden können, ist es möglich, mit einer Lawine gegnerische Außenposten zu vernichten oder mächtigen Robotern Greifarme abzureißen. Gleichzeitig missachtet Intrusion 2 aber auch die erste und wichtigste Regel der Spiel-Physik: Wenn die Welt zerstörbar ist, dann braucht es Werkzeuge, um sie zerstören zu können. Statt von Anfang an Chaos anzurichten, müssen Wachtürme Stück für Stück mit einer langweiligen Pistole zerschossen werden. Erst später kommen Explosivwaffen hinzu, die Gebrauch von der Physik machen.
Trotzdem ist Intrusion 2 das seltene Beispiel für ein Spiel, das versteht, was es gut macht. Es versucht gar nicht erst, eine Geschichte zu erzählen oder überhaupt besonders viel Sinn zu machen. Es handelt davon, auf einem Wolf reitend, Roboter in Stücke zu zerfetzen und Abramenko möchte, dass es jeder Spieler versteht. Das geht so weit, dass die beeindruckenden Bosskämpfe gegen Cyborgs und Riesenroboter clever in Zwischenstufen unterteilt werden.
Wer etwa im Kampf gegen einen futuristischen Truppentransporter zwar ein Triebwerk zerschießt, danach aber von den Mech-Fäusten des Gefährts zerquetscht wird, muss nicht das ganze Spiel neu beginnen, sondern kann direkt an einem Zwischenspeicherpunkt weitermachen. Wo sich Contra oder Metal Slug verschlossen geben, zeigt Intrusion 2 auch Versagern das gesamte Spiel. Wer allerdings auf Highscores Wert legt, kann dennoch den Versuch unternehmen, sich möglichst unbeschadet durch die Bossgegner zu schießen.
Damit hat sich Intrusion 2 wie eine ausfahrbare Lasermechklaue in eine Portion meiner Vorstellung gebohrt, die ich seit der Prä-Pubertät verloren geglaubt habe: Wölfe! Laser! Mechs! Snowboard-Ninjas! Das ist es, was ich mir unter Videospielen immer vorgestellt habe, bevor ich mit der Realität konfrontiert wurde — und dafür liebe ich Intrusion 2.