Lone Survivor

Zwischen Leben und Tod steht oft nur ein Dosenöffner. Nacht für Nacht musste ich auf der Suche nach Nahrung den ████████ trotzen. Der Scheibenkäse war abgelaufen, die Cracker nicht genug gegen den Hunger und die Konserven mit den köstlichen Bohnen so nah und doch so fern. Lone Survivor (PC/Mac) hat mir gezeigt, wie bedrückend der tägliche Kampf ums Überleben inszeniert werden kann.

Gefangen im eigenen New Yorker Mietshaus muss der möglicherweise letzte Überlebende der Apokalypse durch die Gänge schleichen, um einen Weg in die Freiheit zu finden. Nur Nachts kann er aus seiner Wohnung kommen. Nachts sind die ███████ nämlich ruhiger. Sie können leichter umgangen werden, während er die Schubladen der umliegenden Apartments nach alten Chipstüten durchsucht. Es gibt kein fließend Wasser, keinen Strom im Gebäude. Nur eine flackernde Taschenlampe und ein paar Batterien leisten Gesellschaft. Wenn der Überlebende eine Nacht lang keine Vorräte findet, helfen nur Drogen gegen den Hunger. Immer weiter lässt die Einsamkeit den letzten Überlebenden in sonderbare Träume und Wahnvorstellungen abgleiten.

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Jasper Byrne hat verstanden, was ein Spiel über das Überleben ausmacht: Gnadenlosigkeit und Verletzlichkeit. Lone Survivor bedient sich bei Quellen wie Silent Hill und I Am Legend, versteht aber als eines der wenigen aktuellen Spiele Postapokalypse richtig. Es geht hier nicht um Heldentaten, sondern um Ressourcenmanagement. Er braucht täglich Nahrung und Schlaf, um nicht zusammenzubrechen. Munition für die Schusswaffe ist Mangelware. Speichern lässt sich nur in der Sicherheit des eigenen Apartments. Jeder Ausflug in die Korridore des Mietshauses ist kalkuliertes Risiko. Wie weit kann ich gehen, dass auch noch der Rückweg gelingt? Wie weit muss ich noch gehen, um die Vorräte aufzufrischen? Was geschieht, wenn nichts finde?

Tatsächlich ist “nichts finden” auch das größte Manko von Lone Survivor. Das Spiel selbst wurde in fantastischer Pixeloptik mit einer Reihe stimmiger Filter gestaltet. Die Karte, über die sich der Lone Survivor bewegt, ist allerdings dreidimensional. Nicht immer wird klar, wohin genau der Protagonist des Weges ist, wenn man wie gewohnt zum rechten Bildschirmrand marschiert. Gehe ich den Korridor hoch oder runter? Ein schneller Blick auf die Karte hilft bei der Orientierung. Alleine auf den Gedanken zu kommen, die Karte zu prüfen, wenn man um sein Leben fürchtet, klappt hingegen seltener. Auch wenn wichtige Räume, Hinweise und Ausgänge markiert werden, habe ich mich einige Male verirrt, obwohl der Aufbau des Apartmentgebäudes gar nicht komplex ist.

Und trotzdem kann ich Lone Survivor uneingeschränkt empfehlen. Der Apartmentkomplex wird von Byrnes Sounddesign zum Leben erweckt und bildet den vielleicht erschreckendsten Widersacher des Spiels. Lone Survivor wird damit eines der effektivsten Horrorspiele seit Amnesia. Mit dem Fokus auf Ressourcenmanagement rückt es das Überleben in den Fokus und macht es zu einer Herausforderung, die zwar schaffbar ist, aber Planung und Vorsicht erfordert. Im Gegensatz aber zu komplexen Roguelikes, die sich ebenfalls besonders gut für das Genre eigenen, ist das Spielen von Lone Survivor durch ein leicht verständliches Interface mit nur wenigen Funktionen äußerst einfach. Das führt dazu, dass Lone Survivor zu einem ungemein faszinierenden Erlebnis wird.

Den Dosenöffner habe ich übrigens in Apartment ███ gefunden. Es war einer der seltenen Momente in Spielen, in denen die ungläubige Freude der Hauptfigur meiner eigenen ungläubigen Freude glich. Ich hatte wieder Nahrung, ich fühlte mich lebendig, beinahe sorgenfrei. Es sollte nicht lange währen.

Lone Survivor ist direkt von Jasper Byrne für €7,77 für PC und Mac erhältlich. Alternativ gibt es auch eine “First Aid Edition” für $50,00 mit exklusiven Inhalten wie dem Soundtrack. Eine Demo ist ebenfalls verfügbar.

Mehr Informationen gibt’s auf der offiziellen Webseite.