Magicmaker: Zauberei nach dem Baukastenprinzip

Magicmaker

Die freie Wirtschaft hat Berufe entstehen lassen, die ein besonders geheimnisvolles Flair umgibt. Jobs im Marketing und in der Werbung etwa: Da sitzen Menschen wochenlang an ihren Schreibtischen, lassen ihre Köpfe rauchen und entwickeln dann Slogans wie „Meika macht das Würstchen“ oder „Wir leben Autos“ – Stilblüten, mit denen diese Leute sehr viel Geld verdienen, nicht zuletzt weil niemand so genau beurteilen kann, ob sie sich nun positiv auf den Umsatz auswirken oder nicht. Schließlich spielen dafür auch zahlreiche andere Faktoren eine Rolle. Jemand, der nicht in der gleichen Branche arbeitet, hält diese Jobs für unbegreifbar, vermutet komplexe Vorgänge rund um die Entwicklung solcher Sprüche. Die Wahrheit ist oft allerdings, dass jemandem beim Duschen etwas eingefallen ist und der Rest der Firma auch keine bessere Idee hatte. Pragmatismus macht das Würstchen. Ähnlich wie beim Marketing ist es auch bei der Magie. Da vermuten alle, es handele sich um übernatürliche Fähigkeiten, um Hexenwerk, Zauberer gelten als mit dem Teufel im Bunde. Geht es nach den Entwicklern von Tasty Stewdios ist auch das nicht wahr. In Magicmaker zeigen sie Magie von ihrer praktischen Seite: simpel, an individuelle Bedürfnisse anpassbar, Baukastenprinzip.

Eine ausufernde Geschichte gibt’s nicht. Die Wirtschaft schwächelt und der arbeitslose Protagonist heuert bei einer Art Zeitarbeitsfirma an, die dafür zuständig ist, die örtliche Zaubererschule zu bewachen. Als eine Art Bodyguard im Hogwarts-Wachdienst findet der Spieler schnell heraus, dass eine Widersacherin plant, die Schule zu zerstören. So simpel wie die Geschichte mutet zunächst auch das Spielprinzip an: Die Welt ist in verschiedene zweidimensionale Levels aufgeteilt. Jeder Charakter hat einen Zauberstab, zwei Slots für Sprüche und ein magisches Artefakt, die für jedes Level neu festgelegt werden können. In jedem Level gibt es spezifische Ziele: ein Boss muss besiegt werden, magische Artefakte eingesammelt. Gesunde Videospiel-Hausmannskost. Magicmaker spielt seine entscheidende Stärke an anderer Stelle aus: Die Zaubersprüche lassen sich nach frei zusammenbauen.

Magicmaker

Zu Beginn gibt es nur einen einfachen Zauberstab ohne zusätzliche Effekte. Nach und nach lassen Gegner magische Bausteine fallen, die verwendet werden können, um neue Sprüche zu kreieren: Giftige Eis-Laserstrahlen, Feuerbälle, die durch Wände fliegen und explodierende schwarze Löcher entstehen lassen. Die Zahl der Zaubersprüche ist schier endlos – die Entwickler selbst sprechen von 2.193.360 Kombinationsmöglichkeiten. Natürlich wird diese Zahl nie jemand nachprüfen und in der Praxis spielt es nun wirklich keine Rolle, ob es so viele sind oder nur 1.280. Spannend wird das Zauberspruch-Baukastenprinzip vor allem, weil sich Magicmaker mit jedem Spruch anders spielt. Mal reicht es, auf einen Knopf zu drücken und zu warten bis die Gegner das Zeitliche segnen, ein anderes mal ist genaueres Zielen erforderlich, die Wirkung dafür aber umso größer. So lässt sich Magicmaker auch an die Vorlieben des Spielers anpassen.

Magicmaker

Seine Stärken versteckt Magicmaker leider hinter einer etwas dröge wirkenden Oberfläche. Die Grafik kommt zweckmäßig daher und die Steuerung ist gewöhnungsbedürftig. Während die Zaubersprüche mit der Maus platziert werden, dient die andere Hand allein dazu, die Figur zu steuern – laufen und springen gleichermaßen. Ein paar Mal fühlte ich mich als verknoteten sich meine Finger zu einer homogenen Fleischmasse. Gut, dass Geschick in Magicmaker nur eine untergeordnete Rolle spielt – viel wichtiger ist, dass die selbstgebastelten Zaubersprüche gut funktionieren. Die Spielfigur selbst entwickelt sich dabei nicht weiter, die Zahl der Lebenspunkte bleibt stets bei 100. Wem das Durchspielen der etwas kurz geratenen Kampagne nicht reicht, hat danach noch die Möglichkeit, sich im freien Modus in zufallsgenerierten Levels auszutoben und neue Spruchkombinationen auszuprobieren. Unbeteiligte Zuschauer werden staunen, wenn der seelenfressende Superlaserstrahl den halben Bildschirm zerfetzt – unwissend, dass ein paar Klicks genügt haben, um den Spruch zu erschaffen. Zauberei ist eben kein Hexenwerk.