Majestic Nights: Eine virtuelle Montagsdemo für den Frieden

Majestic Nights

Derzeit finden im gesamten Bundesgebiet regelmäßig Kundgebungen und Demonstrationen statt. Unabhängig vom tatsächlichen Wochentag nennen sie sich Montagsdemos oder Montagskundgebungen. Es treffen sich jeweils die lokalen Wirrköpfe, die vom Frieden reden, eigentlich aber nur gegen die Inhalte ihrer frei erfundenen Verschwörungsideologien demonstrieren: Gegen Chemtrails beispielsweise, oder dagegen, dass die Bundesrepublik gar kein Staat ist, sondern eine GmbH. Menschen wie Xavier Naidoo finden das gut. Vernünftige Menschen nicht. Sie machen sich darüber lustig wie Epiphany Games mit Majestic Nights.

Majestic Nights spielt in einer alternativen Version der 90er-Jahre. Darin entspricht jede denkbare Verschwörungstheorie der Wahrheit: Amerikanische Astronauten sind nie auf dem Mond gelandet, die CIA kontrolliert und überwacht unseren Alltag. Gespräche werden grundsätzlich mit Phrasen geführt wie „Das willst du gar nicht wissen“ oder „Wenn ich dir das erzählen würde, müsste ich dich töten“. Das Spiel ist episodisch aufgebaut, jeder Abschnitt der Geschichte kann einzeln erworben werden. Wenn dieser Artikel erscheint, sind bereits der erste Teil und eine Art Episode 0, soll heißen: ein Prequel, erschienen. Der Spieler verkörpert einen gewissen John Cardholder, seines Zeichens … ja, was eigentlich? Majestic Nights will seine Geschichte auch gar nicht offenbaren – alles ist irgendwie mysteriös, jedes Gespräch beinhaltet diverse Geheimnisse, die nie aufgeklärt werden. Darüber könnte ich gerne hinwegsehen. Über den Rest des Spiels leider nicht.

Majestic Nights

Majestic Nights ist im Wesentlichen eine Mischung aus isometrischem Schleich- und Schießspiel und Adventure. Ich spreche mit Personen, sammle Hinweise für irgendeine Verschwörung, deren Inhalt ich nicht kenne. Ich vermeide den Kontakt zu sogenannten Suits, Agenten im Anzug, die mir aus unbekannten Gründen ans Leder wollen. Im Schatten kann ich nicht gesehen werden, im Licht dagegen eigentlich schon. Eigentlich, weil die künstliche Intelligenz meine Anwesenheit nicht unbedingt bemerkt. Wirklich, ich habe noch nie derart dumme Gegner erlebt. Entdeckt mich doch mal ein Agent, passiert für gewöhnlich folgendes: Ich laufe weg, der Agent zieht seine Waffe und feuert in Luftlinie auf meine Figur. Egal, was dazwischen ist. Und er hört nicht auf. Peng, Peng, Peng. Dutzende von Schüssen in ein Sofa, eine Wand, ein Bücherregal.

Majestic Nights

Auch die Missionsziele des Spiels sind nicht immer ganz klar. Zu Beginn soll ich aus einem Haus entkommen, als ich im Freien stehe passiert jedoch nichts. Um das Missionsende zu erreichen, muss ich stattdessen bis an den rechten Rand des Bildschirms laufen. Der Linke funktioniert nicht. Das ist umso problematischer, weil man auf der Suche nach dem Ausgang immer wieder stirbt – woraufhin das Drama von vorne beginnt: Checkpoints liegen bisweilen quälend lang auseinander. Die unvermeidbare Folge sind Wutanfälle und das resignierte Wiederholen der immer gleichen Dialoge. Hinzu kommen diverse Bugs, die bisweilen auch zum Ableben des Protagonisten führen. Überhaupt, die Bugs: Textfetzen fliegen aus dem Bildschirm, Gegner schweben über den Boden, Leichen versinken in selbigem, Treffer mit der Pistole werden nicht gezählt, obwohl sie – zumindest nach allem, was auf dem Bildschirm sichtbar ist – durchaus treffen.

Majestic Nights

Ach, Majestic Nights, was hätte aus dir werden können? Die Prämisse deiner bizarren Welt ist wunderbar, dein Soundtrack ist ein so depressives wie psychedelisches 90er-Jahre-Revival. Aber als Gesamtkonzept funktionierst du einfach nicht. Ich würde dich so gerne mögen, aber du bist kaputt.