PC-Neuauflage von Final Fantasy VII
Schon seit Jahren wünschen sich viele Final Fantasy-Fans eine Neuauflage des siebten Teils, der 1997 in Japan veröffentlicht wurde. Ende Juni 2012 gab es dann plötzlich Gerüchte, dass tatsächlich eine Steam-Auflage in Arbeit wäre. Wenige Tage darauf dementierte Square Enix-CEO Yoichi Wada diesen Gedanken strikt: Ein Final Fantasy VII-Remake würde das gesamte Franchise in die Knie zwingen. Aus schien der Traum.
Doch Anfang Juli wurde diese Webseite der Spielewelt präsentiert und ließ mein Herz höher schlagen lassen. Kein Remake, sondern eine Neuauflage.
Das zehnjährige spielvernarrte Kind Sebastian lächelt breit. Der 19-jährige Frisch-Abiturient Sebastian versucht sich am achten Durchlauf. Der 21-jährige Medienwissenschaftsstudent Sebastian schreibt an seiner Hausarbeit zum Verhältnis von Mainstream und Kunst in Computerspielen. Der mittlerweile 23-jährige Sebastian hingegen beginnt in seinen Erinnerungen herumzukramen und fragt sich, ob die Neuauflage seiner Nostalgie überhaupt standhalten kann.
Im zarten Alter von zehn Jahren versprach mein Onkel Jörg Langer mir ein Computerspiel zu kaufen. Gemeinsam gingen wir zum ansässigen Media Markt. Eigentlich bat ich den Service-Mitarbeiter damals um ein lustiges Abenteuerspiel, das am besten zwischen Floyd: Es gibt noch Helden und Simon the Sorcerer rangieren sollte. Dieser gute Herr schien nur auf Kohle aus zu sein und riet uns zum Kauf der PC-Version von Final Fantasy VII. Den Originalpreis habe ich nicht mehr im Kopf, aber er dürfte zwischen 50 und 80 D-Mark gelegen haben. Onkel Jörg — der eigentlich gar nicht mein Onkel war, sondern der Sohn der Cousine meines Vaters mütterlicherseits oder so ähnlich — war skeptisch, schaute mir dann aber in die flehenden Rehäuglein und ließ sich doch dazu breitschlagen die Geldscheine rauszurücken.
Das werde ich ihm nie vergessen.
Neue Gedanken und Ideen sprangen nach dem ersten Durchspielen zwischen meinen Synapsen hin und her. Ich lernte den Lebensstrom (alternativ: die spirituelle Interpretation der Gaia-Hypothese) kennen. Ich erlebte zum ersten Mal in einem digitalen Spiel den endgültigen Tod einer Hauptfigur. Ich begleitete Charaktere mit Identitätsängsten und kam so erstmals mit einer Art existenzialistischen Philosophie in Berührung. Jahrelang pulsierte das alles und noch viel mehr in meinen Gehirnzellen herum. Doch nicht nur die Narration, sondern auch das Gameplay und Gestaltung wussten mich damals zu begeistern. Auf meinen Reisen zwischen den einzelnen Orten verlor ich mich oftmals in der einzigartigen Hintergrundmusik. Ich verbrachte Stunden damit meine Charaktere und die Materia-Substanzen — an die einzelnen Figuren koppelbare ‘Energie’-Kugeln, mit denen sich je nach Art beispielsweise Zauberangriffe starten und Statuswerte verändern lassen — hochzuleveln. Die Lust an diesem Spiel brach bei mir nie ab. Auch als ich bereits 19 Jahre alt war, nahm ich mir nochmal die Zeit für einen kompletten Durchlauf. Immer wieder gab es neue Kleinigkeiten zu entdecken.
Als ich 21 Jahre alt war, entschloss ich mich mein Studiennebenfach von Literatur- auf Medienwissenschaft zu verlegen. Ich schrieb meine erste Hausarbeit in einem Seminar zu alternativen Computerspielkonzepten zu der Frage, ob nur die Computerspiele Kunst sein könnten, die sich explizit als Art Games präsentieren, oder ob auch Mainstream-Titel dazu in der Lage wären. Ja, Final Fantasy VII war und ist für mich Kunst. Ich argumentierte, dass dieses Spiel supramedial ™ wäre, dass es seinen eigenen Rahmen als Medium in Frage stellen und Konsequenzen über den Rezipierungsmoment hinaus entfalten würde. Das Auffinden des Safe-Codes in der Nibelheimer Villa galt für mich als ein zur Aktion auffordernder Regelbruch, der schon erwähnte endgültige Tod als ein Zusammenbruch des Interaktivitätskonzepts und Grafik- wie Textfehler führten für mich zu einem unvollständigen Spielergebnis. Diese Interpretation mag zu akademisch, zu hochtrabend und zu spekulativ klingen — aber es waren meine Gedanken. Ich liebte dieses Spiel noch immer.
Ich weiß nicht, ob Achievements, ominöse Charakterboosts, Cloud-Speicherung und geringe Grafikverbesserungen mein Spielerlebnis von Final Fantasy VII verbessern können. Vermutlich werden sie das nicht. Aber ganz sicher habe ich damit nochmal einen Grund den Zehnjährigen in mir aufleben zu lassen. Ich will zurückfallen in die Atmosphäre, die zwischen dem cyberpunkartigen Midgar und mir entstand. Ich möchte noch einmal dem tragischen Antagonisten Sephiroth hinterherjagen. Ich möchte mich noch einmal so verlieren wie damals.
Daher freue ich mich auf die Neuauflage, und ihr euch hoffentlich mit mir.