Random Encounters: Girlvania

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Die passive Partnerin ist ein in Sexspielen weit verbreitetes Ideal. Seine offensichtlichste Form nimmt es in den sogenannten “Poke the Doll”-Spielen an, in denen die einzige Aufgabe darin besteht, einer puppenähnlichen Frau über kontinuierliche Stimulation zum Orgasmus zu verhelfen. Diese erfolgt gemeinhin mit den freischwebenden Händen eines ansonsten unsichtbaren Avatars – oder mit einer Auswahl phallischer Gegenstände, darunter Dildos, Buttplugs, Bananen… Hanteln… und… äh, Energy Drinks. Strohhalme inklusive.

Das 2014 veröffentlichte Girlvania: Summer Lust entfernt sich von sämtlichen Penetrationskonventionen und ermöglicht es dem geneigten Sexspielconnaisseur, seinen kompletten Wocheneinkauf in den Körperöffnungen williger Damen unterzubringen. Karotten werden ebenso lüstern empfangen wie Stiel- und Softeis, jüngst geleerte Bierflaschen oder Stilettos. Nachdem man per Mausklick einen Platz sowie eine von zahlreichen möglichen Posen für die Spielgefährtin ausgewählt hat, lassen sich die vorgenannten Gegenstände in Vagina, Anus oder Mund einführen, sofern diese Bereiche gerade sichtbar sind.

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Der Penetrationsprozess selbst fällt ausgesprochen simpel aus, da er sich auf das vor- und zurückbewegen der Maus beschränkt. Variiert werden kann lediglich die Geschwindigkeit, die jedoch kaum Einfluss auf die ohnehin spärlichen Reaktionen der Partnerinnen hat. Allein im Falle völlig zügellosen Stocherns ertönt ein knappes “autsch”, das schnell wieder verklingt und ersetzt wird durch Bitten, Betteln und Verweise auf das jeweils stimulierte Körperteil.

Mehr Resonanz gibt es lediglich im “Education”-Modus, in dem man sich mit der Spielmechanik vertraut machen und den Damen Schritt für Schritt mit unterschiedlichen Methoden Befriedigung verschaffen soll. Glückt die Mission, werden neue Spielinhalte freigeschaltet, so etwa die zunächst nicht anwählbaren Damen und Kleidungsstücke – jedenfalls in der Theorie. Aus ungeklärten Gründen stand dieser Modus in meiner Testversion nicht zur Verfügung, sämtliche Optionen waren direkt verfügbar. Das ist bedauerlich, da ein solches Tutorial eine interessante Methode sein könnte, um ein zumindest rudimentäres Praxiswissen zu vermitteln, an dem es dem Spiel sonst durchweg mangelt.

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Die Frauen reagieren gleichermaßen ekstatisch auf nahezu alle ausgeführten Aktionen, sodass es Girlvania am Realitätsbezug und vor allem auch an Herausforderungen fehlt. Ständige Rückbestätigungen zu erhalten, mag anfangs noch angenehm erscheinen, dieser Effekt verpufft aber sehr bald, wenn deutlich wird, dass die positiven Reaktionen unabhängig von den eigenen Fähigkeiten zutage treten. Um ein vielfaches befriedigender wäre es, wenn sich das Gefühl einstellte, der Partnerin durch sorgfältig ausgewählte Aktionen und variierende Geschwindigkeiten tatsächlich Freude zu bereiten. Das sollte auch mit einer einfachen Spielmechanik durchaus machbar sein.

Nun ist Girlvania ein klassisches Sexspiel und hat damit vor allem den Genuss der Spielenden im Blick, daher erscheint es plausibel, dass dezidiert kritische Resonanz ausbleibt und das Geschehen nicht durchweg realitätsnah ist. Die wenigsten Menschen wollen sich beim erotischen Eskapismus Gedanken über Infektionen und Verletzungsgefahren machen, daher wird die Möhre kurzerhand kondomfrei in die Vagina gestopft. Wenig plausibel erscheint hingegen das völlige Fehlen von Gleitmittel. Eine hohe Präsenz von Körper- und sonstigen Flüssigkeiten kann außerordentlich erotisch wirken und wäre schon deshalb wünschenswert. Aufgrund des Fehlens gleitender Substanzen verzerrt sich das Gesicht indes nicht ekstatisch, sondern schmerzvoll, während man der Holden eine leere Bierflasche, Dose oder gar eine Hantel in Mund oder Anus schiebt – und das oftmals viel zu tief.

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Wenn die Reaktionen der weiblichen Kundschaft so signifikant von jenen der spielinternen Frauen abweichen, läuft definitiv etwas schief. Anstatt genussvollen Stöhnens ertönte aus meinem Mund vor allem schmerzvolles Zischen, und das konstant. Dass Girlvania trotz seines Themas kein Spiel für Lesben, sondern vielmehr eines über Frauen ist, die ihre Sexualität für heterosexuelle Männer inszenieren, wird nicht nur hier deutlich. Während die Damen in den optionalen Zweier- und Dreier-Sitzungen verrenkt ihre Vaginen aneinanderreiben, liegt der Fokus nicht auf ihrem Genuss – er liegt ausschließlich auf jenem des Betrachters. Der kann denn auch per Kameramodus Fotos schießen, Licht und Filter variieren und die Kreationen in einer Galerie sammeln. Oder sich beim aktivierten Automatikmodus entspannt zurücklehnen und beobachten, wie sich die Damen ohne sein Zutun gegenseitig befriedigen.

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Trotz einer Fülle von Posen, Partnerinnen, Umgestaltungsmöglichkeiten und immerhin drei verschiedenen Szenen fühlt sich Girlvania überwiegend kalt und leer an. Diese Leere spiegelt sich in den Augen der Frauen wie auch in der kargen Einrichtung des Strandhauses wider. Die Kälte verbleibt durch die stete Distanz zum Geschehen im Raum, durch die aalglatten Oberflächen von Wänden und Körpern, die man nur mit ihrerseits körperlosen Händen an ganz bestimmten Stellen berühren darf.

Unter den “Poke the Doll”-Spielen, die bislang fast durchweg an genau diesen Problemen kranken, dürfte Girlvania: Summer Lust dennoch eines der besseren sein. Die Grafik ist – abgesehen von den furchtbar kantigen Haaren – in Ordnung und alle vier Modelle weisen wichtige Details wie hochauflösende Hauttexturen und dehnbares Gewebe auf. Auch darüber hinaus ist das Spiel verhältnismäßig komplex, was insbesondere deshalb erstaunt, weil lediglich zwei Personen an seiner Entwicklung beteiligt waren. Ob man an dem Titel Gefallen findet, hängt vor allem von persönlichen Vorlieben ab. Wer sich nicht für ein Weiblichkeitsideal begeistern kann, das sich in seiner Ästhetik überdeutlich auf Puppen bezieht, wird mit den vier nahezu identischen Partnerinnen nicht viel anzufangen wissen. Kann man dieser Optik hingegen etwas abgewinnen und sich auch mit der repetitiven Spielmechanik anfreunden, lohnt sich womöglich zumindest der Blick auf die kostenfreie Demo-Version.