Retrospektive: Kirby

Zu Weihnachten wünschte ich mir einen Nintendo DS. Stattdessen habe ich einen Pullover bekommen. Auch gut – möglicherweise dachten meine Eltern, ich sei zu alt für diesen Quatsch. Um ihnen das Gegenteil zu beweisen, besuchte ich am Morgen des 27.12. den Videospielehändler meines Vertrauens und beschenkte mich selber. Ha! Um meinen Kauf abzurunden, stöberte ich durch die Gebrauchtwarenabteilung auf der Suche nach interessanten Spieletiteln. Nach wenigen Minuten der Suche leuchtete mich eine pinkfarbene Verpackung an und quietschbunte Lettern brannten sich in meine Netzhaut. Da ich auf runde und weiche Dinger stehe, stand meine Entscheidung fest: Kirby.

Beim Spielen wurde mir bewusst, wie viel Zeit ich mit der kleinen, fresssüchtigen, pinken Kugel schon verbracht hatte. Der perfekte Moment, um ein wenig in Kirbys Vergangenheit zu wühlen…

1992 erschien Kirby’s Dream Land für den GameBoy und stellte die Spieleentwickler direkt vor ein Problem. Der monochrome Bildschirm des GameBoys ließ es nicht zu, Kirbys charakteristische Farbe im Spiel darzustellen. Immerhin handelte es sich bei diesem Spiel um Kirbys ersten Auftritt, der den Grundstein für eine Reihe von Fortsetzungen legen sollte. Wie viele Entwickler dieser Zeit wollte man das Problem mit Hilfe von Druckdarstellungen auf der Verpackung, der Cartridge und in der Beschreibung lösen. Eine zusätzliche Fernsehwerbung sollte ihr übriges tun.

Masahiro Sakurai, der Erschaffer von Kirby, tendierte zu einer pinken Farbdarstellung. Doch Shigeru Miyamoto bevorzugte gelb als Körperfarbe, was zu Verwirrung im amerikanischem Hauptsitz von Nintendo führte. So wurde die westliche Portierung von Kirby’s Dream Land und die dazugehörige Verpackung, Beschreibung, Fernsehwerbung und Cartridge-Bedruckung mit einem weißem Kirby veröffentlicht. Auf der japanischen Verpackung hingegen war ein pinkfarbener Kirby abgebildet.

Kirby-Logo

Kirby war während der Entwicklung des Spiels nur als Platzhalter gedacht — seine Sprites sollten später durch die des eigentlichen Hauptcharakters ersetzt werden. Dieser hörte auf den Namen ‘Popopo’ und das Spiel sollte ‘Twinkle Popopo’ genannt werden. Doch mit der Zeit begann der Gamedesigner Masahiro Sakurai, der Kirby schon im Alter von 19 Jahren entwarf, das Platzhalterdesign zu bevorzugen und verwarf die ursprüngliche Konzeption. Der Hauptcharakter wurde umgetauft in ‘Hoshi no Kabi’, was übersetzt so viel heißt wie ‘Kirby der Sterne’. Dabei wird oft vermutet, der Name sei eine Anlehnung an den Staubsaugerhersteller ‘Kirby’ und somit eine Anspielung auf Kirby’s markanteste Fähigkeit – seine Gegner und Gegenstände einzusaugen. Auf Fanblogs hält sich auch verstärkt das Gerücht, dass es sich um eine Ehrung des ehemaligen Nintendo Hausjuristen John Kirby handelt. Sakurai kann sich hingegen nach eigener Aussage nicht mehr an den Ursprung des Namens erinnern.

In Kirby’s Dream Land besitzt Kirby schon die meisten seiner charakteristischen Eigenschaften. Sein elastischer Körper ermöglicht es ihm, seine Gegner einzusaugen, auch wenn diese deutlich größer sind als er selbst. Anschließend konnte er diese entweder herunterschlucken oder wieder ausspucken und so als Projektil benutzen. Alternativ konnte Kirby seinen elastischen Körper auch mit Luft füllen und dadurch fliegen. Die ausgestoßene Luft konnte wiederum als Projektil verwendet werden. Viele der in Kirby’s Dream Land verwendeten Gegenstände, Grafiken, Levelbosse und Gegner werden in Folgetiteln immer wieder aufgegriffen, so wie z.B. Kirbys Erzfeind König Nickerchen (engl. King Dedede).

Kirby’s Dream Land ist mit über 5,1 Millionen verkaufter Einheiten der zahlenmäßig größte Verkauferfolg der Spieleserie. Mit dem Erfolg stieg auch der Bekanntheitsgrad der Entwicklerfirma ‘HAL Laboratory, Inc.’. 1980 gegründet, entwickelte die Firma, deren Name eine Anlehnung an den HAL 9000 Computer aus dem Film ‘2001: A Space Odyssey’ ist, bevorzugt für das MSX System und das Commodore VIC-20. Durch eine Neuorientierung hin zu Nintendo und die Erschaffung des Kirby-Franachise gelang es der Firma, ihren Ruf zu festigen. Neben der Kirby-Reihe ist HAL Laboratory, Inc. auch für die Super Smash Bros-Serie verantwortlich. HAL Laboratory, Inc. entwickelt ausschließlich für Nintendo.

HAL Laboratory, Inc.

1993 erschien Kirby’s Adventure für das NES. In Kirby’s Adventure wurde es Kirby erstmals ermöglicht, die Eigenschaften der eingesaugten Gegner zu assimilieren. So konnte sich Kirby in einen Stein verwandeln oder als Schwertkämpfer seinen Gegnern das Leben schwer machen. Die insgesamt 20 zu Verfügung stehenden Fähigkeiten erweiterten das Spiel erheblich, im Vergleich zum Vorgänger. Viele der Eigenschaften konnten genutzt werden, um versteckte Wege freizulegen. Auch konnte Kirby absolvierte Stages immer wieder besuchen, um mit den neu erworbenen Eigenschaften Schalter und geheime Orte zu finden. Minispiele erhöhten zusätzlich die Spielzeit und konnten genutzt werden, um Punkte und Extraleben zu gewinnen. Der aufgeweckte Gamer wird somit schon einige Parallelen zu diversen Mario-Titeln feststellen. Kirby’s Adventure zählt zu einem der letzten veröffentlichten NES-Spiele und ist zusätzlich eines der wenigen, das über einen deutschen Bildschirmtext sowie eine Speicherfunktion verfügt. Trotz des hohen Alters des NES verkaufte sich Kirby’s Adventure rund 1,7 Millionen Mal.

Den zweitgrößten Verkaufserfolg der Kirby-Reihe sollte 1995 dem direkten Nachfolger von Kirby’s Dream Land zuteil werden. Kirby’s Dream Land 2 für den Gameboy verkaufte sich insgesamt 2,3 Millionen Mal. Die Möglichkeit mit anderen befreundeten Charakteren zu interagieren und diese sogar zu steuern wird einer der Gründe für den großen Erfolg gewesen sein.

Kirby Super Star

1996 erscheint Kirby’s Fun Pak (bzw. Kirby Super Star in den USA) und brachte einige wichtige Neuerungen für das Franchise mit sich. Viele der Grafiken und Figuren als auch der Hauptcharakter Kirby wurden überarbeitet, um die Rechenpower des SNES voll nutzen zu können. So wurde Kirbys Heimat Pop Star bunter und detailreicher. Neue Gegner wurden erschaffen, wodurch auch die Zahl der Eigenschaften, die Kirby aufnehmen konnte, stieg. Insgesamt wirkt alles runder und süßlicher. Dieser Stil galt von nun an als Grundlage für alle Folgetitel. Zusätzlich war es möglich, nicht nur die Eigenschaften des geschluckten Gegners zu übernehmen, sondern aus dieser auch einen Helfer zu kreieren, der wahlweise von der CPU oder einem Mitspieler gesteuert werden konnte. Die einzelnen Angriffspattern, die mit den unterschiedlichen Eigenschaften einhergehen, wurden ebenfalls erweitert. Kirby’s Fun Pak bietet bis zu 6 nicht zusammenhängende Hauptspiele sowie 2 Minispiele. Der Textanteil ist für ein Kirbyspiel ungewöhnlich hoch. Kirby’s Fun Pak zählt zu den beliebtesten Spielen der Kirby-Reihe und wurde von Nintendo 2008 mit einem Remake (Kirby Super Star Ultra) für den DS geehrt.

Mit der Zeit erschienen einige weitere Kirby-Titel. So veröffentlichte Nintendo 1997 Kirby’s Dream Land 3 für den SNES. Allerdings verlor zu dieser Zeit das SNES dank dem N64 immer mehr an Bedeutung, wodurch der Titel in Europa gar nicht erst veröffentlicht wurde. Fehlende Innovationen und das im Vorjahr erschienende Kirby’s Fun Pak sorgten dafür, dass „Kirby’s Dream Land 3“ hinter den Erwartungen zurückblieb. 2000 erschien Kirby 64: The Crystal Shards, das erste und einzige Kirby-Spiel für den N64. Zwar erfolgte die Darstellung der Umgebung und Charaktere dreidimensional, allerdings kann sich Kirby wie in den Vorgängerspielen weiterhin nur auf festen Wegen bewegen. Die einzige wirkliche Neuerung ist die Möglichkeit, verschiedene Eigenschaften der aufgesaugten Gegner zu vermischen und so neue Fähigkeiten zu kreieren. Trotz der späten Veröffentlichung und einiger kleiner Schwächen verkaufte sich der Titel rund 1,7 Millionen Mal.

Mit Kirby: Schatten bedrohen Traumland, das 2002 für den GameBoy Advance veröffentlicht wurde, feierte HAL Laboratory, Inc. einen großen Erfolg. Es handelt sich dabei um ein Remake von Kirby’s Adventure, anlässlich zum 10jährigen Jubiläum. Die Grafikpalette orientierte sich maßgeblich an Kirby’s Fun Pak und verbesserte diese. Ein simultaner Mehrspielermodus rundete das Spieleerlebnis ab. Mit 2,1 Millionen verkauften Einheiten gingen mehr Cartridges über die Ladentheke als 1993 beim Original.

Die Titel Kirby & die wundersame Spiegelwelt (2004, GBA) und Kirby: Mausattacke (2006, DS) konnten an diesen Erfolg nicht mehr anknüpfen. Beide Titel wurden allerdings auch nicht von HAL Laboratory, Inc., sondern von Flagship entwickelt. Dieses Unternehmen ging jedoch am 1. Juni 2007 pleite.

Im kommendem Jahr soll ein weiteres Kirby-Spiel für die Wii erscheinen. Das Game wurde erstmals 2004 unter dem Arbeitstitel Hohsi no Kirby vorgestellt und war ursprünglich als GameCube-Titel geplant. Ähnlich wie in Kirby 64: The Crystal Shards wird das Spiel in einer dreidimensionalen Umgebung angesiedelt sein, während sich Kirby aber nur auf festen Wegen, ähnlich einem 2D-Jump’n’Run, fortbewegen kann. Das Spiel soll bis zu 4 Spieler unterstützen.

Obwohl Gamedesigner Masahiro Sakurai nicht an allen Kirby-Titeln beteiligt war (z.B. nicht an Kirby’s Dreamland 2 & 3), legte er doch durch das simple Design des Spielecharakters den Grundstein für ein groß angelegtes Franchise. So lässt sich fast die Hälfte aller Kirby-Spiele anderen Genres als dem des Jump’n’Runs zuordnen. Kirbys kugelähnliches Äußeres machte ihn schnell zum Star eines Flipper-Spiels (Kirby’s Pinball Land, 1993, GB), einer Breakout-Variante (Kirby’s Block Ball, 1995, GB) oder eines Golf-Games (Kirby’s Dream Course, 1994, SNES). Es erschienen auch einige Titel im Tetris-Stil (Kirby’s Star Stacker, 1997, GB; Kirby no Kirakira Kids, 1998, SNES), ein Fun-Racer (Kirby Air Ride, 2003, GameCube) und ein Malspiel (Kirby: Power-Malpinsel, 2005, DS). 2000 erschien außerdem noch eine Variante für den GameBoy Color, bei dem Kirby in Kugelform durch ein Labyrinth mit Hilfe eines in der Cartridge eingebauten Kippsensors gesteuert werden musste.

All diese Spiele waren nicht von besonderem Erfolg gekrönt, festigten sie aber dennoch Kirbys Position in der Spielewelt. Animes und Comics folgten. Der Erfolg der Kirby-Spiele ist zu einem auf die (für die damalige Zeit) ungewöhnlichen Eigenschaften des Hauptcharakters zurückzuführen, zum anderem auf schnelle Zugänglichkeit des Spielprinzips. Sakurai entwarf Kirby gezielt als eine Spielfigur für Kinder und Jugendliche. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass nahezu alle großen Kirby-Abenteuer mit einem Minimum an Text auskommen. Die Möglichkeit, die Fähigkeiten seiner Gegner zu übernehmen, war für damalige Verhältnisse auch relativ ungewöhnlich. Der sich daraus ergebende Variantenreichtum der späteren Spieletitel, der stellenweise nichtlineare Spielverlauf und die detailreiche, surrealistische und selbstverliebte Grafik machte die Reihe aber auch für ältere Spieler interessant.

Abschließend etwas… ähm… unkonventionell eingespielte Musik aus dem Kirby-Universum…