Totem's Sound: Vom Umgang mit dem Fremdartigen

Totem's Sound

Der norwegische Ethnograph und Forschungsreisende Johan Adrian Jacobsen bereiste im Auftrag der Humboldt-Stiftung von 1881 bis 1883 die Nordwestküste Amerikas. Sein Ziel war es, rituelle Gegenstände aber auch Dinge des täglichen Gebrauchs der indigenen Bevölkerung aufzutreiben, um diese dann dem Berliner Museum für Völkerkunde zur Verfügung zu stellen. Lose auf seinen Aufzeichnungen basiert nun ein Spiel – Totem’s Sound.

Die Entwickler, die allesamt aus der österreichischen Künstlergruppe gold extra stammen, zeigen darin einen Tag im Leben Jacobsens während seiner Amerika-Expedition. Er spricht mit den Einheimischen, freut sich mit dem örtlichen Geistlichen über die Fertigstellung der Kirche und natürlich geht er auch auf die Suche nach allerlei Dingen, die das Volk im fernen Berlin gerne im Museum bestaunen würde – eine Ritualmaske beispielsweise, oder ein Kanu. Einfach ist das nicht immer, denn die Einheimischen wollen Gegenleistungen. Und weil der Kapitalismus bei ihnen längst angekommen ist, geben sie sich bei der Wahl der Zahlungsmittel nicht mehr mit Tabak und Räucherwerk zufrieden. Sie wollen harte Devisen, die jedoch glücklicherweise im Überfluss vorhanden sind.

Die Kritik an der Zuschaustellung dessen, was Kolonialisierung und Christianisierung von den indigenen Kulturen Amerikas übriggelassen hat, funktioniert bei Totem’s Sound hauptsächlich über Sarkasmus. Wenn es Jacobsen gelingt, einen der begehrten Gegenstände zu finden, hat er – und hat der Spieler – dafür meist schon mehrere Bären oder Wölfe erschossen. Bringt er das Artefakt schließlich in seinen Besitz, präsentieren die Entwickler diese Errungenschaft über eine Werbeeinblendung, wie man sie sonst nur aus den TV-Shoppingkanälen kennt.

Totem’s Sound ist nicht nur ein Spiel, sondern Teil eines Kunstprojekts. Im ethnologischen Museum Berlin wird es noch bis 8. Februar 2015 zusammen mit einer Augmented-Reality-Installation ausgestellt. Mit einem Tablet können sich die Besucher durch die Sammlung bewegen und erfahren so auf dem Bildschirm, woher die jeweiligen Ausstellungsstücke stammen. Sowohl Installation als auch Spiel beleuchten die Entstehung der Sammlung und die Rolle Jacobsens. Schließlich hinterfragen die Künstler auch unseren Umgang mit dem Fremden und Fremdartigen.