Tox: Drogenstars gegen Comics
Ich weiß, Witze über Drogen sind abgedroschen. Nur Hinterwäldler fragen sich noch, was jemand, der bunte Bilder malt, wohl geraucht haben mag. Nur, wer Schnelligkeit als Bedrohung empfindet, erklärt, dass jemand, der etwas in Windeseile erledigt, wohl auf Speed sei. Nur, wer noch nie mit Kater in den Spiegel gesehen hat, behauptet, jemand sähe aus wie auf Crack. Und nur Leute, die mit einem ernsthaften Cold Turkey zu kämpfen haben, schreiben Sätze mit vielen Kommata. Jener Cold Turkey ist übrigens auch eine der Hauptbedrohungen in Tox, einem feinen Roguelike-Puzzle-Spiel, das der niederländische Entwickler Daan van Yperen für die Seven-Day Roguelike Challenge schuf.
Als drogenabhängige/r Protagonist/in finde ich mich darin gleich im ersten Bildschirm im 20. Stockwerk eines dystopischen Gefängnisses wieder, in dem es vor Schlägern, Waffen, auslaufendem Giftmüll und Drogen nur so wimmelt. Mein Ziel ist mutmaßlich das Erdgeschoss, allerdings gestaltet es sich schon schwierig, die ersten paar Räume zu überstehen. Im Kampf gegen die anwesenden Gangmitglieder schwindet meine Gesundheitsanzeige rapide und nur ein paar Spritzen sind in der Lage, mich wieder in Wettkampfform zurückzuversetzen. Gleichzeitig muss ich aber auch darauf achten, nicht an einer Überdosis zu sterben. Besonders glücklich kann ich mich schätzen, wenn ich auf dem Boden ein paar verstreute Tabletten finde, dann nämlich verwandelt sich der Knast in einen Lovecraft’esquen Albtraum aus violettem Schleim, Mäulern im Fußboden und Tentakeln – das macht alles gleich viel einfacher.
Geschickte Spieler sollten versuchen, sich eine Schrotflinte zu schnappen und ihren Charakter an ein paar weniger starken Schlägern aufzuleveln. Allerdings ist auch das nicht unbedingt eine Gewinnerstrategie, denn jedes Level ist zufallsgeneriert und in seinem aktuellen Zustand spuckt das Spiel auch allzu gern unschaffbare Szenarien aus, in denen ich nur die Wahl zwischen einem schnellen Drogentod oder einem Ende als Opfer einer Schießerei habe. Das ist schade, weil die Grundmechanik in Kombination mit der comichaften Pixelgrafik von Flaterectomy durchaus zu begeistern weiß. Spaß macht mir Tox aber trotzdem – wie bei jedem guten Roguelike will ich einfach die Hoffnung nicht aufgeben, dieser Hölle vielleicht doch noch eines Tages zu entkommen.