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w00t zum Sonntag: VR Troopers

Was passiert, wenn ein Social Network einen Entwickler von Virtual Reality-Headsets kauft? Siegt der Zynismus, oder müssen wir morgen mit unseren längst vergessenen Schulfreunden virtuell kopulieren? Das heutige w00t zum Sonntag bietet einen Pressespiegel zur Übernahme von Oculus VR durch Facebook. Viel Vergnügen bei der Lektüre – und halten sie ihren Kaffee griffbereit.


Am Anfang war der Nerd

Die Erfolgsgeschichte hinter dem Oculus Rift liest sich wie ein klassischer Nerd-Traum. Unzufrieden mit dem Status Quo im Bereich der 3D-Headsets, bastelt der Enthusiast Palmer Luckey kurzerhand seine eigene Lösung, die alles vorhandene bei weitem übertraf. Wired fasste die Geschichte hinter dem Oculus Rift im letzten Dezember zusammen:


Oculus Primed: Meet the Geniuses Who Finally Mastered Virtual Reality

“There are a number of hurdles to creating a seamless virtual experience. Tracking, resolution, motion blur; sometimes it seems like the list never ends. But underneath them all is the most visceral obstacle of all. It’s the one that makes people feel dizzy, or hot, or nauseated. It’s latency.”

Wired

Erstaunlich ist vor allem, in welchem Tempo das Oculus Rift von der Entwicklercommunity angenommen wurde. Die Kickstarter-Kampagne im Jahr 2012 erzielte das Zehnfache der angepeilten Summe und schloss mit fast 2,5 Millionen Dollar.

Oculus Rift

Eine unüberschaubare Anzahl an Spielen, Demos und weiteren Projekten widmen sich seither dem Oculus Rift – und das, obwohl sich das 350$-Gerät immer noch in einer Konzept- und Entwicklungsphase befindet. Luckeys Hardware hatte offenbar einen Nerv getroffen und für viele war klar: Oculus Rift wird das nächste große Ding im Spielemarkt.


Eyeing the virtual frontier: the Oculus Rift games that reinvent play

“Yet it’s all the unknowns surrounding VR that remain the most exciting thing about it. The new console generation was revealed to a muted response because it was exactly what we thought it would be: more social, more connected, and packed with more particles and pixels than ever. With virtual reality almost ready to start leading the way, the future of videogames has become unpredictable for the first time in a little under a decade.”

Edge

$ellout!

Und dann, plötzlich:

Facebook akquiriert Oculus VR – und das Internet explodierte (wieder einmal). Oculus’ Kickstarter Seite, Twitter, Facebook, Reddit und allen anderen Agenten der öffentlichen Empörung waren in Alarmbereitschaft. Eine gute Analyse der Reaktionen liefert Patrick Klepek auf Giant Bomb:


Facebook, Oculus, and Trust

“All of this adds up. The emotional investment, the distrust of Facebook, the cynicism we have towards companies with billions of dollars. It doesn’t feel like there is much pure in the world anymore. Oculus felt pure. It was a kick ass idea becoming reality.”

Giant Bomb

Unter den empörten Äußerungen findet sich auch ein Statement von Indie-Ikone und Minecraft-Schöpfer Markus “Notch” Persson. Die geplante Oculus-Fassung von “Minecraft” wurde kurzerhand gestrichen:


Virtual Reality is going to change the world

“And I did not chip in ten grand to seed a first investment round to build value for a Facebook acquisition. I have the greatest respect for the talented engineers and developers at Oculus. It’s been a long time since I met a more dedicated and talented group of people. I understand this is purely a business deal, and I’d like to congratulate both Facebook and the Oculus owners. But this is where we part ways.”

Markus Persson

Wie viele Unterstützer der Crowdfunding-Kampagne empfand sich scheinbar auch Persson nicht als einfacher Spender, sondern vielmehr als Teil einer Bewegung. Oculus verkörperte ein Stück Science Fiction und versprach seinen Unterstützern, diese Zukunftsvision aktiv mitzugestalten. Dementsprechend lohnt es sich, noch einmal auf das Wesen des Crowdfunding hinzuweisen.


Dear Kickstarters: Stop complaining about Oculus deal

“Backing a project on Kickstarter is not the same as buying equity. Supporting a project on Kickstarter is not the same as investing in a company. Pre-ordering an item on Kickstarter (which Kickstarter strongly discourages, by the way) is not the same as acquiring shares in that product’s maker. Bottom line: Kickstarter is for donations, not investments.”

CNN Money – Fortune Magazine

Die Zukunft

Es bleibt jedoch Frage: Was um alles in der Welt will ein soziales Netzwerk eigentlich mit einem Zubehörhersteller für Videospiele?


Greetings from Planet Facebook

“But Facebook’s ambition isn’t to have a corner somewhere. Its ambition isn’t to be an app in a grid on your home screen. For tens of millions of people, sharing photos, communicating with your friends and family, and learning about the world around you already happens through the portal of Facebook, but just a handful isn’t enough. Facebook wants to be the internet — hell, in some ways Facebook needs to be the internet — and I don’t believe it will settle for anything less.”

The Verge

Ob hier Facebook eine (vergleichsweise günstige) Wette auf die Zukunft abschließt oder nur Patente und Fachkräfte akquiriert, lässt sich schwerlich bestimmen. Man sollte jedoch in den nächsten Jahren nicht mit einem Produkt zu rechnen, das direkt aus der Übernahme resultiert. Der Logik der Instagram und WhatsApp Käufe folgend, dürfte die Entwicklung des Oculus Rift erst einmal ungehindert fortschreiten. Andererseits wäre es nicht das erste Projekt, das nach dem Kauf durch ein größeres Technologieunternehmen auf Nimmerwiedersehen in den Schubladen der Forschungsabteilungen verschwindet.

Doch nicht alles ist verloren. In der Tradition der US-amerikanischen Technologie-Presse lassen sich auch positive Seiten festhalten, so könnte Facebook die Chance sein, das Oculus Rift von einem Entwicklerspielzeug endlich in ein Produkt für den Massenmarkt zu verwandeln.


Facebook Could Give You the Oculus Rift You Always Wanted

“Without Facebook, Oculus’s best case scenario was to bootstrap its way to becoming a real product that gamers could embrace until Sony’s Project Morpheus came along. Still great, but niche. With Facebook, Oculus will go on sale, soon. “

Gizmodo

Eines jedoch scheint sicher. Wenn Facebook ein Unternehmen kauft, das sich so weit von ihrem Kerngeschäft entfernt, dann ist etwas großes am Werk.


Facebook’s Oculus Sale Proves That Videogames Now Write The First Draft of History

“But if we take a step backwards—and remember that Maker Studios, one of the biggest distributors of gaming content on YouTube, was acquired by Disney this week as well—it becomes clear that the outside is beginning to wake to the idea that something is happening within games. They may not be able to identify it, but there’s a palpable change in the air that lingers in fits and whispers.”

Kill Screen

John Carmack, seit August 2013 als CTO bei Oculus VR, bittet um konstruktives Feedback von der Community.

Bleibt abzuwarten, in welche Richtung der Sturm weiterzieht. Zwischenzeitlich wurde bekanntgegeben, dass Valves VR-Frontmann Michael Abrash sich dem Oculus-Team anschloss und ab sofort als Chief Scientist zur Verfügung steht.


The Path to the Metaverse

“Facebook’s acquisition of Oculus means that VR is going to happen in all its glory. The resources and long-term commitment that Facebook brings gives Oculus the runway it needs to solve the hard problems of VR – and some of them are hard indeed. I now fully expect to spend the rest of my career pushing VR as far ahead as I can.”

Oculus VR Blog


Sämtliche Artikel sind übrigens in hübsch aufbereiteter Version zum Nachlesen für eure elektronischen Lesegeräte verfügbar. (Kindle / Epub) Viel Spaß beim Lesen! (Unsere alte Lösung zur Generierung der Ebookformate wurde zunehmend unzuverlässig, darum probieren wir heute eine neue. Falls es damit Probleme gibt, meldet euch einfach in den Kommentaren.)

7 Kommentare zu “w00t zum Sonntag: VR Troopers”

  1. Fury
    1

    Der Teufel hat den Himmel übernommen. Fort ist die Hoffnung.

  2. Kabelbrand Höllenfeuer
    2

    Eine geschäftlich merkwürdige Entscheidung. Mit FB wird es keinen Porn im virtuellen Angebot geben, das sind also 3,5 Milliarden Konsumenten weniger.
    Auch die anarchischen Momente von Occulus werden verschwinden, bisher waren die ja anscheinend sehr freigiebig mit der Vergabe des SDKs und der Möglichkeit, wegweisende Köpfung-Simulationen zu veröffentlichen, das wird Saubermann Zuckerberg wohl unterbinden.
    Anderseits dürften Inhalte aus dem FB-Universum (Reptilienmenschen, Chemtrails, Nazis aus der Hohlerde etc.) jetzt ganz neue Möglichkeiten der Visualisierung erhalten.
    Brrr.

    • Benjamin Filitz
      3

      Natürlich. Andererseits sieht man den Bemühungen von Sony, Valve und Microsoft (die grade VR-Patente gekauft haben) dass VR, sollte es sich überhaupt durchsetzen, keine Monopoltechnologie wird. Facebook hat sicherlich den Spieler übernommen, der aktuell das am weitesten zur Marktreife entwickelte Produkt hat. Aber egal was Facebook damit in Zukunft anstellt (ich würde ja wetten, dass es erstmal so weiter läuft), sie werden nicht die einzigen sein, die den Ton angeben.

      Ganz praktische Probleme die Facebooks Handlungsrahmen einschränken, gibt es ja auch. Ein Peripheriegerät wie das Oculus Rift ist nicht so leicht zu verschließen wie eine Konsole oder ein Mobiltelefon. Bis auf weiteres wird man Grafikkarten benötigen um die Dinger zu betreiben, also die möglichkeit haben standardisierte Anschlüsse, Protokolle und Libraries zu benutzen.

      Diesen ganzen (Alp-)Traum vom 3D-Social irgendwas nehme ich aktuell nicht ernst. Wir hatten Second Life, Telepräsenz-Vorlesungen, Videotelefonie und virtuelle Museen… alles davon ist irgendwie optional und experimentell geblieben.

  3. Fabu
    4

    Mag sein, dass der Deal Oculus neue Möglichkeiten ermöglicht, aber das ändert nichts daran, dass es SCHRECKLICH unsympathisch ist, sich an Facebook zu verkaufen. Hätte man beispielsweise an Valve verkauft, wäre das Geschrei ebenfalls groß gewesen, aber dann wäre zumindest (mehr oder weniger) sichergestellt, dass der Fokus sich nicht verschiebt.

  4. Simon
    5

    Palmer Luckey kommt doch aus der Militärforschung/Simulation oder? Und über diese Gebiet hat er sich -- dann schon als chief of oculus -- bei nem q&a auf ner games messe sehr euphorisch geäussert, vor allem fast nur dazu. Ob das jemals so nerd only war weiss ich gar nicht.

  5. Kabelbrand Höllenfeuer
    6

    Am Ende wird das so enden:
    http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=08S86X_5Crs

    Ich sehe schon die virtuellen Malls von Electronic Arts, wo auf Paletten stapelweise die neuesten Versionen von CallofweltweiterthermonuklearerKrieg liegen, garantiert mit in Echtzeit recordeteten Kriegsgebieten aus den jeweils aktuellen Rohstoffkriegen.
    In der Premium-Version gibt es dann bestimmt auch Pay-To-Kill-Konzepte, wo man dann echtes Kanonenfutter mit Kinect 100 über die Schlachtfelder jagt.

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