Exklusiv für Superlevel - und Windows 10!
Gaming ohne Grenzen ist ein gewagtes Versprechen, wenn man parallel zwei neue Konsolen-Variationen ankündigt und eine basslastige Stimme das Wort “exclusive” zu jedem gezeigten Spieletrailer durch die Boxen brummt. Microsofts E3-Präsentation, die in ihrem paradoxen Wortlaut wie ein 4k-Remaster von Walter Ulbrichts Mauer-Rede wirkte, steht nicht nur stellvertretend für einen selbstverantworteten Schlingerkurs im Kampf um die Konsumentengunst. Sie präsentiert zudem eine neue Einstiegshürde, die man längst überwunden glaubte. Gaming ohne Grenzen, im Sinne von Microsoft ist das nichts weiter als ein größerer Vogelkäfig, der durch die zusätzliche Kompatibilität von Xbox-Titeln mit Windows 10 ermöglicht wird. Ein Käfig, in dem es sich aushalten lässt, der jedoch sowohl nach außen als auch nach innen undurchlässig bleibt. Denn wer spielen will, muss sich entscheiden. Nach dieser E3 mehr denn je.
“No one gets left behind!” (Phil Spencer)
Wer bereits eine Konsole der aktuellen Generation sein Eigen nennt, hat sich sicherlich ganz schön darüber geärgert, dass es nach so kurzer Zeit bereits neue und leistungsstärkere Geräte geben soll. Wer sich selbst zu diesem Personenkreis zählt, darf ab jetzt mal kurz die Luft anhalten, denn ausnahmsweise soll es heute mal nicht um sie, sondern um die freifliegenden Piepmätze außerhalb des Käfigs gehen. Um die Unentschiedenen. Um die, die vielleicht gar nicht wissen, was eine E3 ist. Denn was manche als Gaming ohne Grenzen bezeichnen, muss für Außenstehende so einladend wirken wie eine nordkoreanische Militärparade.
Gemeint sind die Spielerinnen und Spieler, die man auf der E3 oftmals nicht als solche anerkennt. Die Smartphone-Daddler. Die Wii-Sportler. Menschen, die gerne spielen, sich jedoch nicht darüber definieren. Sollten diese sich in nächster Zeit für eine Hardware-Neuanschaffung im Spielebereich interessieren, sehen sie sich plötzlich mit einer Anzahl an rätselhaften Fragen konfrontiert, dass selbst das Lösen aller Riddler-Aufgaben im letzten Batman-Teil vergleichsweise kurzweilig wirkt. Gab es einst nur die Entscheidung zwischen Nintendo und Sega, greift spätestens jetzt das Paradoxon der Wahlmöglichkeiten: Wer zuviel Auswahl hat, kauft am Ende lieber gar nichts.
Die neue Xbox – also eine davon.
Welche Konsole für die eigenen Bedürfnisse die richtige ist, entscheidet nicht mehr nur die Spielauswahl, sondern auch die Qualität, in der man diese erleben und die Art, wie man sie spielen möchte. Brauche ich echtes 4k und gibt es die Teraflops auch in meiner Schuhgröße? Und VR? Was ist eigentlich mit VR? Wie frei ist man tatsächlich, wenn immer mehr Spiele an immer mehr Bedingungen geknüpft sind? Die Simplizität und Sorglosigkeit vergangener Tage sind schon lange über Bord geworfen worden, doch mit dem Schritt hin zu mehreren Konsolenversionen und zusätzlichem, immer kostspieligerem Zubehör, schottet man sich zusehend von einem tatsächlichen Massenmarkt ab. Es wird ein Zaun um den eigenen Anteil am Medium gezogen, den die Simplizität einer Wii und das Smartphone durch seine Allgegenwärtigkeit zuvor eingerissen haben. Die vorschnelle Auffrischung der aktuellen Konsolengeneration seitens aller drei relevanten Hersteller verunsichert Fans sowie potenzielle Neukäufer gleichermaßen und es lenkt den Diskurs vom Wesentlichen ab: Den Spielen.
Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten, aber die Freizügigkeit der Spielerschaft ist sicher das Letzte, was im Kampf um Marktanteile Priorität genießt. Die neue Vielfalt der technischen Voraussetzungen wird am Ende auch die kommenden Spiele in ihrer Präsentation und Form beeinflussen. Exklusive VR-Inhalte, ein höherer Anpassungsdruck an die stetig wachsende Hardwarevielfalt und immer noch mehr Exklusivität. Diese gibt es natürlich nur, wenn man zeitgleich auch etwas ausschließt. Selbst wenn es am Ende das angeblich grenzenlose Gaming ist, das man gerade bewirbt.