Deutscher Computerspielpreis 2017: Der geschenkte Gaul

Die Verleihung des Deutschen Computerspielpreises fand dieses Jahr nicht in München, sondern in Berlin statt. Zweifel an der Herkunft ihres Schirmherren gab es trotzdem keine. Brezeln und Obazda lieferten als Begrüßungshäppchen eine kulinarische Erinnerung daran, dass das “Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur” in den Händen der CSU liegt. Besonders Staatssekretärin Dorothee Bär nutzte das Event schon immer geschickt zur Selbstinszenierung. Sie hat erkannt, dass sie mit dem einstigen Feindbild konservativer Politik ein zukunftsträchtiges Feld besetzen kann. Und egal, wie bemüht ihr mit LEDs ausgestattetes Kleid im Goth-Look auch wirken mag, darüber geredet wird trotzdem.

Zwischen der Präsenz von Staatssekretärin Bär und Minister Dobrindt und Meinungsverschiedenheiten der Branchenverbände GAME und BIU liegt das Problem des deutschen Computerspielpreises. Es ist eine Wirtschaftsförderung, die sich gerne als Kulturpreis inszenieren würde. Doch je bemühter man versucht, das Medium gleichzeitig als Unterhaltungsprodukt in der Mitte der Gesellschaft und zukunftssicheren Industriezweig darzustellen, desto weiter scheinen die Spiele selbst in den Hintergrund zu rücken. Diese finden nur in knapp zusammengekürzten Trailern statt, die man verpasst, wenn man während einer Laudatio müde blinzelt.

Die Möglichkeit, auch nur einen einzigen der mit so viel Geld geförderten Titel auf der Veranstaltung über einen Schriftzug hinaus sehen oder gar selbst spielen zu können, gibt es nicht. Stattdessen lässt sich in der Lobby Mario Kart 8 Deluxe testen, während drumherum der Trailer für irgendeinen Overwatch-Klon in der Endlosschleife läuft. Spiele aus deutschen Landen sind beide natürlich nicht. Diese verschwinden wieder von der Bühne, sobald sich die Türen des Saals zur Aftershowparty öffnen.

Auch wenn das am Ende zu einem wünschenswerten Ergebnis führt – nämlich der Förderung größtenteils kleiner, deutscher Entwicklerinnen und Entwickler – hat die Sache trotzdem einen Haken: man muss das Spiel eben mitspielen, um beim DCP eine Chance zu haben. Nahezu alle der ausgezeichneten Teams präsentierten sich auf der Bühne als Firmengründer. Ein solider Businessplan scheint mindestens ebenso wichtig zu sein wie kreative Ideen. Und selbst der vermeintliche Skandal um einen abgelehnten Preis hatte letztendlich nichts mit Protesten gegen die Waffenindustrie oder Kritik an politischer Selbstdarstellung zu tun, sondern war das Ergebnis interner Streitereien und mangelnder Transparenz.

Das alles macht es leicht, den Deutschen Computerspielpreis ganz abzuschreiben. Trotzdem wäre es ein Fehler. Eine halbe Million Euro an Fördergeldern haben eben ihren Preis. Und solange es keine vergleichbaren oder gar besseren Programme gibt, liegt der eben im Ertragen von ein bisschen Fremdscham und dem Runterschlucken politischer Selbstdarstellung. (Zumindest gegen letztere lässt sich aber selbst etwas tun.) So viel Kritik sich an den Rahmenbedingungen auch üben lässt, die Liste der nominierten Spiele bietet sich dafür deutlich weniger an. Natürlich lässt sich hinterfragen, ob ein unfertiges Spiel den Hauptpreis verdient hat, welcher Sinn hinter dem Publikumspreis für ein DLC-Paket steckt oder was genau “Serious Games” eigentlich sein sollen. Ein wirklich Aufreger ist aber nichts davon. Der Deutsche Computerspielpreis ist sicher nicht perfekt, aber er ist eben auch besser als nichts.


Bestes Deutsches Spiel:
Portal Knights

Beste Nachwuchskonzepte:
DYO, Isometric Epilepsy und ViSP – Virtual Space Port

Bestes Kinderspiel:
She Remembered Caterpillars

Bestes Jugendspiel:
Code 7 – Episode 0: Allocation

Beste Innovation:
VR Coaster Rides und Coastiality App

Beste Inszenierung:
Robinson: The Journey

Bestes Serious Game:
Debugger 3.16: Hack’n’Run und Orwell

Bestes Mobiles Spiel:
Glitchskier

Bestes Gamedesign:
Shadow Tactics: Blades of the Shogun

Sonderpreis der Jury:
Computerspielemuseum

Publikumspreis:
The Witcher 3: Blood and Wine

Bestes Internationales Spiel:
The Legend of Zelda: Breath of the Wild

Beste Internationale neue Spielewelt:
Uncharted 4: A Thief’s End

Bestes Internationales Multiplayer-Spiel:
Overwatch