5 aus 16: Pascal
Wir alle wissen, dass wir darüber reden müssen: 2016 war ein furchtbares Jahr. Die Liste der noch lebenden, coolen Personen wird rapide kürzer, ich bin überrascht und glücklich, weil Österreich keinen Nazi gewählt hat und Großbritannien möchte nicht mehr mit dem Rest der Welt spielen. Aber sehen wir es doch mal positiv: In der sechsten Staffel Game of Thrones sind einige befriedigende Dinge passiert, Pandas sind nicht mehr vom Aussterben bedroht, Bill Murray hat sich über irgendwas gefreut und es war aus den verschiedensten Blickwinkeln ein wirklich gutes Jahr für Videospiele.
Deshalb war es nicht ganz so schwer, für meine fünf Lieblingsspiele wenigstens drei Titel zu finden, die auch wirklich dieses Jahr erschienen sind. Dass es nicht mehr sind, liegt nicht an den Spielen, sondern an mir: Ich bin nicht nur langsam, sondern auch überaus geizig.
Vergesst nicht, eure persönlichen Favoriten im Forum zu hinterlassen, sonst ist die Datenbank ganz traurig, weil sie nicht wie alle anderen auch über Weihnachten dicker wird.
Dark Souls
Mittlerweile habe ich vermutlich mit jedem schon mal über die Bogenschützen in Anor Londo geredet, aber ich wiederhole mich unsagbar gerne: Anor Londo ist ein Gebiet in Dark Souls und dort gibt es Bogenschützen. Zwei Bogenschützen, die einen beschießen, während man auf einem winzigen Steg über einen Abgrund balanciert. Bogenschützen, die auch ganz passable Nahkämpfer sind, die man auf den gleichen winzigen Stegen getrennt voneinander bekämpfen muss, unter Umständen sogar während der andere Bogenschütze noch auf einen schießt. Dark Souls gilt nicht ganz ohne Grund als schweres Spiel, aber diese Bogenschützen haben mich gebrochen. Anders als alles andere in Dark Souls finde ich die Bogenschützen nicht schwer, ich finde sie unfair und kaputt. Nur wegen dieser Bogenschützen hatte ich Dark Souls nach 25 Spielstunden (davon ungefähr 4 nur wegen den Bogenschützen) monatelang zur Seite gelegt.
Bis es mich Ende letzten Jahres, so ungefähr während meiner letzten Topliste, gepackt hat und ich es diesen dummen Bogenschützen unbedingt zeigen wollte. Der Kampf war nicht weniger bescheuert, aber ich dieses Mal zum allerletzten Mittel bereit: Save Scumming, um wenigstens den Weg vom Rücksetzpunkt zu den Bogenschützen nicht immer zurücklegen zu müssen. Ich hasste mich selbst schon dafür, aber dann kam es ganz anders: Im ersten Anlauf nach der langen Pause waren die Bogenschütze plötzlich Geschichte und ich konnte dieses Jahr dann endlich Dark Souls beenden, ohne jemals wieder so unendlich große Schwierigkeiten zu haben. Und es ist eines der Spiele die wirklich so gut sind, wie immer alle behaupten – abgesehen von den Bogenschützen natürlich.
DOOM
Ich habe keine besonderen Gefühle gegenüber Doom. Es tut mir leid, ich bin dafür einfach ein ganz kleines bisschen zu jung. Der erste, wichtige Shooter meines Lebens war Half-Life, mein liebstes Doom war, und ich entschuldige mich noch einmal, Doom 3. Deswegen hatte ich, offensichtlich im Gegensatz zum Rest der Welt, auch keine besonderen Gefühle gegenüber dem Release von DOOM – das, anders als der Name vermuten lässt, kein gritty Reboot ist. Ich bekam natürlich am Rand mit, dass alle furchtbar wütend wegen der Beta, der Rezensionsmustersituation und dem Cover waren, aber es war mir egal.
Es war mir egal, bis mir ein Podcast erklärte, dass es trotz allem der beste Shooter seit Jahren wäre. Und ich mag Shooter und bin wirklich frustriert davon, wie wenig wirklich gute Shooter erscheinen. Dem habe ich tatsächlich nichts mehr hinzuzufügen: DOOM ist ungelogen der Shooter, den ich jahrelang vermisst habe, in dem ich Dämonen mit Kettensägen zerstückele und schneller laufe als ich in anderen Videospielen Auto fahre, wo aggressives Verhalten belohnt und bedächtiges Vorgehen vom harten Elektro- und Metal-Soundtrack höhnisch verlacht wird. DOOM ist eines dieser Spiele, bei denen ich allen ungefragt erkläre, wie toll es ist.
Undertale
Mit Fug, Recht und ein wenig Stolz kann ich behaupten: Undertale ist eines der Spiele, die ich entdeckt habe, lange nachdem der Hype schon wieder vorbei war. Ein komplettes Fandom kam und ging wieder, ohne dass ich mit einem von beiden etwas zu tun hatte. Sogar eine affige Gegenkultur, Undertale aus Prinzip doof zu finden, entwickelte sich. Im Nachhinein Undertale zu spielen war fast etwas anstrengend. Ich fühlte einen seltsamen Druck, unbedingt eine starke Meinung zu dem Spiel haben zu müssen – die haben schließlich alle und ich bin Kritiker, ein Connaisseur.
Zu erwarten, dass Undertale mich gleich rückwärts vom Stuhl schubst, tat dem Spiel leider nicht besonders gut: Es startet langsam, bedächtig, und ich verstand nicht, was das Gerede überhaupt sollte. Und dann wurde es immer besser und besser und hörte gar nicht mehr damit auf, besser zu werden. Undertale ist eine wunderschöne Parabel über Freundschaft. Es ist das einzige Spiel, das ich jemals gespielt habe, in dem das böse Ende wirklich unbeschreiblich böse ist (obwohl ich es auf diese Weise ehrlich gesagt nie durchgespielt habe – der Endgegner ist wirklich schwer). Und es ist sich bewusst darüber, dass es ein Videospiel mit einer langen Geschichte ist, ohne sich in abgenutzten Meta-Witzen zu verlieren. Ich habe ein altes Savegame in der Cloud liegen, weil ich es nicht übers Herz brachte, dieses zu löschen, um von vorne anzufangen. Das sagt eigentlich alles über Undertale.
Ein kurzer Einschub: Diese drei Spiele waren jene, die ohne eine Sekunde nachzudenken auf meiner Liste standen und sind unter dieser Liste ausgerechnet diejenigen, deren Soundtrack ich im Moment auf meinem Mobiltelefon mit mir herumtrage. Ich vermute, dass da in mindestens eine Richtung ein Zusammenhang besteht. Die Musik in Dark Souls, DOOM und Undertale ist hervorragend und ich würde jedem empfehlen, sich diese anzuhören.
Pokémon GO
Ja, ich gehöre dieser winzigen, verrückten Minderheit an, die immer noch Pokémon GO spielen. Trotz aller cleveren Kolumnen darüber, dass es nur so eine Eintagsfliege war und dass ein Abrutschen von Platz 1 auf Platz 3 der Appstore-Charts vielleicht den Untergang von Niantic bedeutet gibt es immer noch uns paar Millionen Enthusiasten, die wir so crazy sind, einen der größten Mobilhits aller Zeiten überhaupt noch eines Blickes zu würdigen. Jedenfalls: In meinen Lieblingsspielen taucht Pokémon GO nicht auf, weil es so ein furchtbar gutes Spiel ist, sondern weil es seit Jahren das erste ist, über das ich monatelang mit meiner Freundin rede. Trotz all der Left 4 Deads und ‘Splosion Mans, den Dotas und Resident Evils, die wir zusammen gespielt haben, hat uns seit den Tagen, als sie mir in Warcraft 3 meinen untoten Hintern versohlte, kein Spiel mehr so intensiv miteinander beschäftigt.
Und eigentlich ist mir dann auch egal, wie viel ich an Pokémon GO kritisieren könnte. Und damit fange ich besser gar nicht erst an, sonst werde ich dieses Jahr nämlich nicht mehr fertig. Natürlich ist es einfach, wenn ich jetzt alleine hier vor meinem Computer sitze und einen Text schreibe, darüber zu jammern, wie furchtbar schlecht das Endgame ist oder mich daran zurückzuerinnern, welche Features uns seit Start weggenommen wurden oder – mittlerweile eine meiner liebsten Beschäftigungen – darüber zu sinnieren, wie ekelhaft es ist, dass es in ländlichen Gebieten schwer spielbar ist, denn Innenstädte waren nie die Phantasie von Pokémon. Ja, hier ist es einfach. Aber negativ über das Spiel zu denken ist schwer, wenn wir unter einer Arena stehen und uns darüber lustig machen, wie bescheuert das aussieht, wenn drei Relaxos gegeneinander kämpfen. Oder wenn sie mit ihrem letzten Hyperball ein Onyx fängt während es mir einfach so weg läuft, obwohl ich total gut darauf vorbereitet war. Es ist mir einfach scheißegal, ob Pokémon GO jetzt ein gutes Spiel ist oder nicht.
The Witness
Ich hasse Rätselspiele, weil ich zu blöd für sie bin. Zumindest behaupte ich das immer, um dann doch wieder irgendein Rätselspiel total gut zu finden. Hätten Rätselspiele einen Facebookaccount, unser Beziehungsstatus wäre “Es ist kompliziert”. Auch wenn ich es anstrengend fand, aus The Witness eine kohärente Erzählung oder auch nur eine Botschaft heraus zu ziehen, trifft es abgesehen davon genau eben jene Nerven, an denen ich empfindlich für Rätselspiele bin: Es ist unbestreitbar wunderschön, die Puzzle werden langsam schwerer und wenn ich an einer Stelle mal nicht weiterkomme löse ich eben woanders Rätsel. Bis das eben nicht mehr geht und das Spiel mich gezwungen hat, eine Reihe von extrem schweren Rätseln linear zu lösen. Und dann legte ich meine vielen Seiten mit Notizen und Skizzen zur Seite und war böse auf Jonathan Blow.
Bis dann ein halbes Jahr nach Release etwas sonderbares passierte. Das Spiel wurde auf einen Schlag viel besser, ohne dass es sich geändert hätte. Ein Video erschien, in dem jemand das Ende von The Witness zeigt und seine Interpretation abliefert. Das tolle an Interpretationen ist, dass sie einem Werk nachträglich Qualität verleihen können, weil sie einen darauf aufmerksam machen, dass man bisher nicht aus einer bestimmten Perspektive darüber nachgedacht hat. Nicht The Witness alleine hat mir gereicht, es in meine fünf Lieblingsspiele des Jahres aufzunehmen, sondern The Witness in Kombination mit diesem Video.