Kann Spuren von Schüssen enthalten.
Sport. Jeder hat schon einmal davon gehört, aber ähnlich wie mit Sex kennen sich nur die wenigsten damit aus. In Zeiten von Netflix und „Jochen Schweizer“-Erlebnisgutscheinen hat kaum einer mehr die Zeit und die Muße, sich der Leibesertüchtigung hinzugeben, wie es einst unsere Urgroßväter taten, nachdem sie 18 Stunden am Stück in einem Bergstollen geschuftet haben. Sport ist auch ein Thema, das auf Superlevel bisher in einem bedenklichen Maße vernachlässigt wurde. Sei es, weil man die Verwässerung des eigenen alternativen Gegenentwurfs zum deutschen Mainstream-Spielejournalismus fürchtete oder auch, weil vor Pokémon Go von uns niemand wusste, dass man auch mehr als 500 Meter am Tag zu Fuß zurücklegen kann. Das sollte aber eigentlich auch niemandem mehr zugemutet werden, deshalb beschäftigt sich die erste jährliche Superlevel-Sportschau auch ausschließlich mit den diesjährigen Highlights der Bildschirmsport-Saison. Den Anfang macht wie immer der Fußball.
Fifa 17 vs. Pro Evolution Soccer 2017
Es gibt Leute, die kaufen sich extra eine Konsole nur für ein einziges Spiel. Fifa ist das Super Mario der nintendofernen Plattformen, während Pro Evolution Soccer eher der späte Sonic ist, der sich in einen Mettigel verwandeln konnte und ein ähnlich spezielles Publikum wie dieser anzog. Hollywood gegen Dogma 95 wäre zwar ein etwas überzogener Vergleich, doch in Sachen Präsentation und Aufmachung liegen hier mittlerweile Welten zwischen den langjährigen Konkurrenten. Während EA mit schnieken Menüs, unzähligen Spielmodi, einem Lizenzoverkill und sogar erstmals mit einem ordentlichen Storymodus zu punkten versucht, schiebt Konami mit seiner diesjährigen Veröffentlichung abermals die Mauertaktik und verbessert nichts von dem, was nicht direkt auf dem Platz passiert. Während man also bei Fifa 17 eine unfassbare Auswahl hat, in welchem Modus und mit welchem Verein man sich dank statischem Gameplay und fast schon gescriptet wirkenden Spielverläufen langweilen will, vergisst man bei PES 2017 das Drumherum ganz schnell und freut sich über dynamische, überraschende und authentische Fußballmomente.
Es ist wie so oft eine Frage des persönlichen Geschmacks, ob man lieber Fifa spielt oder einen guten Geschmack hat. Nur wäre es schön, wenn Konami irgendwann doch noch auf den Trichter käme, dass auch die Dinge abseits des Platzes mit einer ähnlichen Liebe und Sorgfalt behandelt werden dürfen, wie das eigentlichen Gameplay.
Wem beide Spiele zu komplex und zu regelkonform sind, der sollte sich Pixel Cup Soccer 17 anschauen. Das ist wie World Cup auf dem NES und es gibt sogar Frauenteams, die es übrigens auch dieses Mal wieder in Fifa gibt, was aber noch niemand weiß, weil der PR-Effekt vom letzten Jahr längst verpufft ist. Superlevel: Hier habt ihr’s zuerst gelesen!
NBA 2K17 vs. Deus Ex
Lange Zeit gab es ähnlich wie beim Fußball auch bei Basketball-Videospielen einen erbitterten Konkurrenzkampf zwischen den bombastischen Umsetzungen von 2K und EAs Schulsport-in-der-sechsten-Stunde-Simulation NBA Live. Letztgenannte Reihe hat in den vergangenen Jahren so dermaßen abgekackt, dass ich nicht einmal mehr weiß, ob dieses Jahr überhaupt noch ein Ableger erschienen ist. Ich könnte jetzt danach googlen, aber einem Vergleich mit dem König der Sportspiele hielte es ja doch nicht stand. Dieser stagniert in diesem Jahr auf extrem hohem Niveau, hat den Hollywood-Ausflug mit Spike Lee aus dem vergangenen Jahr erfolgreich überwunden und – Gatorade : The World’s #1 Sportsdrink – hat bei seiner Nähe an der Perfektion vermutlich schlichtweg zu wenig Entwicklungspotenzial, um – Nike: Just do it! – noch großartig in die Höhe zu wachsen. Wirklich unangenehm ist jedoch, dass man die Entwicklungspunkte seines Spielers neuerdings wortwörtlich in einen Warenkorb legen muss, um sie zu kaufen. Ingame-Käufe sind bei Sportspielen ja schon seit Jahren beliebt, aber diese Penetranz raubt mir langsam jeglichen Bock auf das Spiel. Und ob man im Namen der Authentizität wirklich jede reale Werbeeinblendung übernehmen muss, möchte ich an dieser Stelle vehement bezweifeln. Am Ende siegt jedoch dennoch immer der – Kia: The Power to surprise!
Da EA, wie eingangs erwähnt, keine wirkliche Alternative mehr zu NBA2K17 darstellt, ziehe ich eben das Spiel heran, in dem ich mich fast genauso oft an einem 3-Punkte-Wurf versucht habe: Deus Ex. Per se mag das kein reines Sportspiel sein, die Ballphysik ist kacke und man hat keine Gegner, die mitspielen wollen, aber es ist immer noch besser als NBA Live und der Karrieremodus verläuft sogar deutlich abwechslungsreicher als beim Genre-Primus. Wobei ich NBA2K17 noch nicht lang genug gespielt habe, um beurteilen zu können, ob Alien-Raptoren und die Illuminaten im späteren Verlauf nicht doch noch eine tragende Rolle spielen. Beides sehr gute Spiele, jedenfalls.
NHL 17 vs. Super Blood Hockey
Beim Eishockey gibt es Spieler, die werden allein für das Anzetteln von Prügeleien bezahlt. Da dies auch meine Rolle bei Superlevel ist, bin ich seit jeher ein großer Sympathisant dieser kraftvollen Sportart und nicht weniger Sympathie hege ich auch für dessen langjährige Versoftung von Electronic Arts. Mittlerweile geht der aber auch ein wenig die Puste aus. Grafisch sind der Reihe andere erwähnte Titel längst voraus und auch das alljährliche Feintuning am Gameplay kann die insgesamt etwas unterkühlt wirkende Vorstellung nicht ganz überspielen. Mehr als solide sind aber die Menüs. Ich liebe die Menüs! Es sind die besten Menüs, die ich je in einem Sportspiel gesehen habe! Ich hoffe, Konami liest mit.
Kurioserweise sind die Rollen beim Eishockey im Vergleich zum Basketball komplett vertauscht. Viele Jahre bemühte sich 2K vergeblich, mit seiner eigenen Simulationsreihe nicht auszurutschen und wurde dann doch mit einem heftigen Bodycheck über die Bande gedrückt. Auch das ist sicher ein Grund dafür, dass sich EA einen derartigen Stillstand erlauben konnte. Doch da haben sie die Rechnung ohne Super Blood Hockey gemacht! Vor allem, weil bis heute vermutlich niemand von dessen Beta-Version gehört hat. Die kann man kostenlos herunterladen und dann eine simplifizierte, aber durchaus amüsante Version des Stockschlagens spielen. Spielmodi gibt es eigentlich nicht, dafür sind die Grimassen der Athleten ziemlich süß. Ein etwas aufmüpfigerer Kontrahent würde der Weiterentwicklung von EAs NHL-Reihe dennoch gut zu Gesicht stehen. Authentischer Playoff-Bartwuchs war ja in den vergangenen Jahren das einzig nennenswerte Highlight. Bringt halt nicht so viel, wenn da immer noch das alte Essen drin kleben bleibt.
Das war es dann für dieses Jahr. Viele verdiente Sportler haben die große Bühne verlassen: Bastian Schweinsteiger, Kobe Bryant und bestimmt auch ein berühmter Eishockeyspieler. Dass die Karrieren der meisten Sportspielreihen mittlerweile länger andauern als die jener Idole, die sie auf die ihre Cover drucken, lässt vermuten, dass es auch im nächsten Jahr ein neues Fifa geben wird. Und mit ihm eine neue Ausgabe der Superlevel-Sportschau. Für heute ist jedoch Abpfiff. Ich gebe ab an den Kommentarbereich mit den Stimmen zum Spiel.