Alphalevel: Broforce
Wahrscheinlich lässt sich Broforce am einfachsten anhand seiner erstaunlichen Ähnlichkeit zum Actionfilm The Expendables beschreiben: Zu Parodien ihrer selbst verkommene Actionhelden aus den Achtzigern und Neunzigern stellen ihre Muskeln zur Schau, töten jeden Widersacher, der sich ihnen in den Weg stellt, und retten die Welt, indem sie sie im Licht gigantischer Explosionen erstahlen lassen. Klingt jetzt erst mal stumpf und sinnbefreit, ist es auch. Zum Glück.
Aus einer frühen Version ein fertiges Spiel zu lesen, ist ein gewagtes Unterfangen, weshalb hier bei Superlevel verhältnismäßig selten Alphas vorgestellt werden. Mit ihrem bei Steam Greenlight eingereichten “Brototype” liefern die südafrikanischen Entwickler Free Lives aber schon jetzt eine unwahrscheinlich solide Vorschau ab und beweisen mit Luftküssen in Richtung Contra, Spelunky, Super Crate Box und Metal Slug hervorragenden Geschmack.
Broforce hat Bros. Was nach einer vor Misogynie aus allen Nähten platzenden Kumpel-Kultur klingt, ist in erster Linie eine Hommage an eine Zeit, in der Actionfilme noch nicht durch wackelige Handkameras, schnelle Schnitte und Michael Bay zur Ungenießbarkeit getrieben wurden – eben die Ära, derer banausenhaften Low-Budget-Streifen sich The Expendables bedient. Eine Vielzahl spielbarer Charaktere, jeder davon eine „bro-ifizierte“ Version seines Vorbilds, kämpft sich mit verschiedensten Waffen durch Levels, die erst an ein wundervolles Terraria erinnern – und später an ein bis auf den Grund heruntergebranntes und durchlöchertes Terraria.
Im Kampf gegen Terroristen und Aliens zeigen Helden mit klangvollen Namen wie BA Broracus, Mac Brover, Bro Dredd oder Bro in Black lächerlich hohe Gewaltbereitschaft, die sich bei jeder Spielfigur und ihrer Waffe unterschiedlich manifestiert. Genau wie in Super Crate Box wechselt man die Waffe in kurzen Abständen – und damit zwangsläufig die gesamte Spielweise. Was in Vlambeers Arcade-Hit die aufzusammelnden Kisten sind, sind in Broforce gefesselte Bros (und zu meiner Überraschung keine Damsels in distress), die nach ihrer Befreiung gesteuert werden und gleichzeitig als zusätzliches Leben dienen.
Broforce hat Force: Mit enormer Kraft werden mittels kleiner und großer Kaliber, Flammenwerfer, Dynamit und Sci-Fi-Geschütz Landstriche dem Erdboden und Gegner einer Fleischpastete gleichgemacht. Je nach Charakter und Geschmacksrichtung der Zerstörungswut lässt es sich mit Leichtigkeit durch die pixeligen Level wüten, doch wird die vernichtende Kraft durch starke Gegner, deren Angriffe mit einem Schlag töten, relativiert. Um ans Ziel eines Levels, einen CHOPPAAA Helikopter, zu gelangen, braucht es nicht nur Feuerkraft, sondern auch Taktik. Gegnertypen müssen einstudiert und entsprechend behandelt, die Umgebungen nach explosiven Materialen und Abkürzungen als Kampfvorteil untersucht werden.
Bei aller Liebe zu Oldschool-Action und Anspielungen an großartige Werke fehlt Broforce zum jetzigen Zeitpunkt, in dem es nicht viel mehr als eine Mechanik-Demo darstellt, leider vor allem eine Story, die es von schnell einsetzender Monotonie befreit. Es sieht gerade noch sehr kantig, klobig und roh aus, doch glücklicherweise wird aus dem spaßigen Geballere in naher Zukunft sehr viel mehr: Bis zum Release bekommt es generalüberholte Grafik, neue Charaktere, Arenen, Fahrzeuglevel, einen Level-Editor und einen Online-Bro-Op-Modus für zwei Spieler verpasst.
Man darf sehr gespannt auf das sein, was Free Lives bis zum Release 2013 aus Broforce gemacht haben werden. Ihr Spiel, das im Frühjahr als Ludum-Dare-Einreichung unter dem Namen Rambros zum ersten Mal von sich reden machte, durchläuft einen Prozess, der dem von Spelunky in einigen Punkten ähnelt. Aus einem mit einfachsten Mitteln, hohem Schwierigkeitsgrad und Liebe zum Detail gemachten Titel im typischen Indie-Pixel-Stil wird irgendwann hoffentlich ein noch feiner ausbalanciertes, noch besseres und obendrein noch schöner aussehendes Spiel. Beim Blick auf die Grafik der neuen Version besteht für mich daran jedenfalls kein Zweifel.
Wer Free Live und Broforce etwas Gutes tun will, sollte auf der Greenlight-Seite für die Veröffentlichung auf Valves Plattform stimmen. Und um die Wartezeit bis zur Veröffentlichung zu verkürzen, gehe ich jetzt ein paar Kassetten zurückspulen und gucke Predator, Die Hard, First Blood und Commando in Dauerschleife.