Alphalevel: The Other Brothers

The Other Brothers

Im Ernst? Noch ein Spiel mit zwei Klempnern, die auf Gegnern und Plattformen herumhüpfen und Power-Ups einsammeln, um sich den Weg zur Damsel in distress zu bahnen? Ich hab’ die Schnauze voll von diesen Mario-Br… bitte? Keine Klempner, sondern KFZ-Mechaniker? Aber natürlich, sehr gern.

Spätestens ein Blick auf seinen Namen bestätigt, dass wir es bei The Other Brothers mit einer Hommage an unsere liebsten Italiener zu tun haben. Genau wie Mario und Luigi sind seine Protagonisten, Joe und Jim, mit Schnäuzer und Latzhose ausgestattet auf der Suche nach der weiblichen Hauptrolle. Statt eines Pümpels wurde ihnen, und das ist einer der entscheidenden Unterschiede, eine Rohrzange in die Wiege gelegt.

Meine erste Begegnung mit 3D Attacks Geschwisterpaar geschah beim Durchforsten eines Designblogs, in dem es für seine ausgesprochen hübsche Pixel-Grafik gelobt wurde. Ein halbes Jahr – und zwei gescheiterte Crowdfunding-Versuche – später fiel mir heute eine erste spielbare Demo von The Other Brothers in die Hände, und ich frage mich allen Ernstes, wie dieses potentiell großartige Spiel auf so wenig Unterstützung durch die hungrigen Massen bauen konnte.

Weder Kickstarter noch Indiegogo brachten das vierköpfige Entwicklerteam auch nur ansatzweise in die Nähe ihres bei 50.000 Dollar angesetzten Zieles durch Massenzuschüsse. Dabei bemühten sich der technische Leiter Thomas Pasieka und Designer Bjorn Hurri deutlich darum, ihr Können zu unterstreichen. Die Aussichten sind nicht besonders gut, aber Pasieka, der als Technical Artist bereits für Warner Bros. und Disney arbeitete, und Hurri, dessen Portfolio als Concept Artist bei Opus Artz von BioShock bis Dead Space reicht, haben noch Hoffnung. Sie entwickeln ihr Spiel unabhängig zu Ende, deutlich langsamer, befeuert mit Liebe statt mit Geld.

Ich liebe Pixel Art (genug, um mich selbst darin zu üben) in all ihrer Vielfalt und blicke mit Ehrfurcht auf die Charaktere, Animationen und Effekte, denen der Rahmen des Spiels nun endlich Leben einhaucht. Im Gegensatz zum bunten Mushroom Kingdom ist die Welt der Mechaniker düster, urban und unfreundlich, Goombas und Kröten weichen Polizisten und Mafiosi, alles ist dreckiger, weniger verspielt und zeitgemäßer. Eine nach Metall und Motoröl riechende Aufarbeitung eines Genres, das sich über Jahrzehnte bewährt hat und nur all zu gerne mit neuen Mechaniken und Erzählweisen spielt.

The Other Brothers

In seiner jetzigen Form lässt sich aus The Other Brothers nicht viel über das herauslesen, was es in Zukunft sein wird. Die ehemals Kickstarter-exklusive Demo für PC und Mac umfasst ein Level, das ohne Hintergrundgeschichte oder Tutorial auskommt und lediglich einen Überblick über wesentliche Mechaniken gibt. Sie ist unperfekt und unfertig, für einen Vertreter ihres Genres sogar unangenehm schwammig und schwierig, doch glaube ich, viel Gutes in dem zu erkennen, was hier aus dem kantigen Steinklotz gemeißelt wird.

Wesentliche Erinnerungen an meine Grundschulzeit involvieren Cornflakes und Cartoons, die ich früh morgens vor dem heimatlichen Fernseher in meinen Kopf schaufelte. Besonders Ren & Stimpy verdanke ich einen Geschmack für übertriebenen, fast ekelerregend zerwachsenen (und sicher nicht kindgerechten) Zeichentrick-Stil. The Other Brothers fühlt mit seinen überzeichneten Charakteren, schrillen Farben und krummen Formen ganz genau so an. Mal mehr, mal weniger offensichtliche Seitenhiebe werfen bereits ihren Schatten. So laufe ich auf dem Weg zur Zielflagge beispielsweise über ein großes Gerüst aus roten Stahlträgern und male mir aus, welche Donkey-Kong-Anspielung hier später wohl Platz finden wird.

Es mag natürlich sein, dass ich, blind durch Nostalgie, auf eine Entwicklung hoffe, die auf nichts als einen weiteren austauschbaren Plattformer hinauslaufen wird. Einen, dessen reine Fertigstellung zum jetzigen Zeitpunkt noch dazu durch fehlende finanzielle Mittel gefährdet ist. Ob der ursprünglich fürs iPhone geplante Titel jemals auf sämtlichen angekündigten Plattformen – PC, Mac, Linux, iOS und Ouya – landet, bleibt abzuwarten. Ich habe nach dem zehnminütigen Vorgeschmack jedenfalls Lust auf mehr und empfehle es, The Other Brothers im Auge zu behalten.