Depression Quest

Seit schätzungsweise drei Jahren nehme ich täglich 75mg Venlafaxin zu mir. Davor waren es Mirtazapin, Paroxetin und selten auch Tavor. Ich machte Erfahrungen mit Depressionen, Verhaltenstherapien, Kur-Aufenthalten, psychologischen Gutachten und zahlreichen Symptomen, die meinen Alltag bestimmten. Irrationale Panikzustände, Herzrasen, Schwindel, Zittern, Antriebslosigkeit, Taubheitsgefühle, Atemnot, Brustschmerz, Schweißausbrüche, Schlafstörungen und die ständige Angst davor, den Verstand zu verlieren.

Trotz allem habe ich es in der Regel vermieden, meine Situation nach außen zu tragen. Dafür gab es verschiedene Gründe: Scham, Angst vor Konfrontation, aber auch Abneigung gegen Mitleid. Ich wollte keine Umarmungen und aufmunternden Worte — und ich mochte keine Menschen, die auf Umarmungen und aufmunternde Worte angewiesen waren. Nachdem ich dies einem Psychologen gegenüber äußerte, attestierte er mir unter anderem Narzissmus und eine Persönlichkeitsstörung. Mittendrin gründete ich Superlevel — und inzwischen habe ich kein Problem mehr damit, meine private, psychosomatische Achterbahnfahrt als Einleitung für einen Artikel zu missbrauchen, anstatt auf Hipster Ipsum zurückzugreifen.

Depression Quest spukt seit dem 14. Februar 2013, also Valentinstag, durch die internen Superlevel-Kanäle. Und obwohl wir uns alle einig sind, das Spiel an dieser Stelle nicht verschweigen zu dürfen, traute sich niemand an einen Artikel. Es handelt sich schließlich um eine heikle Thematik und solche muss auch gebührend behandelt werden.

“Depression Quest is an interactive fiction game where you play as someone living with depression. You are given a series of everyday life events and have to attempt to manage your illness, relationships, job, and possible treatment.”

Wer selbst schon Erfahrungen mit Depressionen machen konnte, findet sich womöglich wieder. Oder wer depressive Menschen kennt, findet hier eventuell ein paar Antworten auf offene Fragen. Eigentlich kann man die interaktive Geschichte aber auch vollkommen losgelöst von irgendwelchen Intentionen auf sich wirken lassen.

Depression Quest ist das Resulat einer kreativen Nebenwirkung, die ohne das eigentliche Leid eines Menschen nicht entstanden wäre. Dafür darf man dankbar sein. An schlechten Tagen gibt mir diese Erkenntnis Kraft, weil jede noch so negative Erfahrung ihren Teil zu meinem heutigen Ich beigetragen hat.